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Studie: Das Marketing kennt seine Kunden nicht

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Quelle: IBM

Eine neue Studie offenbart eine große Lücke zwischen der unternehmensinternen Wahrnehmung des Marketings und der tatsächlichen Erfahrung von Verbrauchern. Demnach betrachten nahezu 90 % der befragten Marketingexperten die individuell zugeschnittene Customer Experience als entscheidend für den Erfolg – allerdings geben 80 % der Verbraucher an, dass Markenunternehmen sie nicht als Individuum wahrnehmen. Ein Problem dabei: Die technischen Werkzeuge fehlen.

Die Beziehung zwischen Verbrauchern und Marken ist mittlerweile ein Geben und Nehmen: Kunden konsumieren nicht nur, sie geben auch sehr persönliche Informationen an Unternehmen ihres Vertrauens weiter. Dafür erwarten sie jedoch auch einzigartige Einkauferlebnisse – und hier sind die Unternehmen gefragt.

Um beide Seiten näher zu beleuchten, hat Econsultancy im Auftrag von IBM in den USA daher zwei Studien durchgeführt. Die erste konzentrierte sich auf Marketingexperten aus 276 Konsumgüterunternehmen, von denen die meisten einen Umsatz von über eine Milliarde US-Dollar pro Jahr erzielen.

Die zweite Studie enthält die direkten Antworten von 1.135 Verbrauchern, also genau den Menschen, die gerade den Übergang vom digitalen Jahrzehnt zum Jahrzehnt der Customer Experience einläuten.

Verbraucher fühlen sich unverstanden

Die Umfragen haben ergeben, dass 80 Prozent der Marketingexperten fest daran glauben, bei allen Interaktionen und in allen Kommunikationskanälen stets die einzelnen Kunden und Marktsegmente umfassend im Blick zu haben. Außerdem sind sie überzeugt von ihrer Fähigkeit, herausragende Einkauferlebnisse zu bieten, und zwar sowohl offline (75 Prozent), online am PC (69 Prozent) als auch über Mobilgeräte (57 Prozent).

Trotz dieser großen Übereinstimmung geben nur 47 Prozent der Marketingfachleute an, für relevante Kommunikation sorgen zu können. Tatsächlich ist diese Zahl möglicherweise sogar noch zu hoch gegriffen: Als die Verbraucher gefragt wurden, ob Unternehmen das Einkaufserlebnis ihrer Meinung nach individuell gestalten (Produkte, Sonderangebote und andere Informationen), kam als Antwort ein klares Nein, selbst bei den Marken ihres Vertrauens.

Hier einige der Ergebnisse:

  • Nur 37 Prozent der Befragten finden, dass ihr bevorzugter Händler sie als Individuum wahrnimmt
  • Nur 22 Prozent der Befragten glauben, dass der durchschnittliche Händler sie als Individuum wahrnimmt
  • Nur 21 Prozent der Verbraucher meinen, dass erhaltene Mitteilungen im Durchschnitt „meistens relevant” sind
  • Nur 35 Prozent der Verbraucher sind der Meinung, dass Mitteilungen von ihren bevorzugten Händlern „meistens relevant“ sind

Dieser Mangel an Verständnis und Relevanz könnte erklären, weshalb viele Kunden den Kaufvorgang auf Webshops von Unternehmen vorzeitig beenden. Laut dem „IBM Digital Analytics Benchmark“ brechen immer mehr Kunden ihre Online-Einkäufe vorzeitig ab – im Februar 2015 waren es 72,9 Prozent.

Markenunternehmen können kein medienübergreifendes Kauferlebnis generieren

Eine Erklärung für diese Diskrepanz in der Wahrnehmung könnte sein, dass Unternehmen sich noch nicht auf unseren aktuellen, von zahlreichen Kommunikationskanälen geprägten Lebensstil eingestellt haben. So gaben in der Studie nur 34 Prozent der Marketingexperten an, das Einkaufserlebnis online und offline erfolgreich zu verknüpfen.

Zwar besteht für die Verbraucher bereits eine gewisse Verknüpfung, denn sie recherchieren zu Produkten überwiegend online, aber sie geben das meiste Geld dann offline aus. Um hier jedoch Fortschritte zu machen, muss das Marketing diese Lücke schließen.

Ein Problem ist dabei die technische Umsetzung. Nur 37 Prozent der Marketingfachleute gaben an, über die Werkzeuge zu verfügen, um eine außergewöhnliche Customer Experience zu schaffen.

Kundentreue lässt zu wünschen übrig

Wer solche Erlebnisse nicht bietet, muss mit Einbußen rechnen. Um dies zu belegen, wurden Kunden gefragt, ob sie in den vergangenen 12 Monaten ihren Diensleistungsanbieter gewechselt hatten. Dabei ging es um Bereiche mit bekanntermaßen geringer Fluktuation wie Bankwesen, Internetprovider und Satelliten-/Kabelnetzanbieter:

  • 49 Prozent der Kunden gaben an, in den vergangenen 12 Monaten den Anbieter gewechselt zu haben, wobei das Kundenerlebnis eine bedeutende Rolle spielte.
  • 30 Prozent wechselten wegen Versagen des Anbieters, wobei 51 Prozent das Kundenerlebnis als entscheidenden Faktor nannten.
  • 59 Prozent wechselten, weil der neue Anbieter ein besseres Angebot hatte, wobei 42 Prozent Produkte als wichtigsten Faktor nannten, gefolgt vom Erlebnis mit 29 Prozent.

Erkenntnisgewinn durch Kundenvertrauen

In der Studie wurden Verbraucher auch gefragt, inwieweit sie ihre wertvollsten persönlichen Daten an ein Markenunternehmen weitergeben würden. Das Ergebnis: 38 Prozent würden einem durchschnittlichen Unternehmen ihre geographischen Daten übermitteln, 37 Prozent auch personenbezogene Angaben. Bei den Markenunternehmen ihres Vertrauens stiegen diese Zahlen dramatisch an. Ein Beispiel:

  • 72 Prozent würden geographische Daten an eine Marke ihres Vertrauens weitergeben. Dies markiert einen Anstieg um 89 Prozent.
  • 61 Prozent würden personenbezogene Angaben an eine Marke ihres Vertrauens weitergeben – ein Anstieg um 65 Prozent.

„Das Denkmuster hinter dem digitalen Marketing hat sich verlagert. Das Ziel, die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Person zu senden, ist nur noch Teil eines größeren Puzzles. Die wahre Herausforderung ist heute, das richtige Erlebnis für die richtige Person im genau richtigen Moment zu bieten, “ meint Stefan Tornquist, Vice President Research Nord- und Südamerika bei Econsultancy. „Dreh- und Angelpunkt ist die Verbindung von Marketing und Technologie sowie konsequente Innovation, orientiert an den individuellen Kundenbedürfnissen.“

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