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Automobilindustrie muss zu Software-Herstellern werden – dann warten Milliarden-Umsätze

Die vernetzte Mobilität entwickelt sich zum zentralen Wachstumstreiber der Automobilindustrie. Bereits im kommenden Jahr wird das Connected-Car-Segment ein Umsatzvolumen von 40 Mrd. Euro umfassen, um sich bis 2021 auf 123 Mrd. Euro zu verdreifachen. Connected-Car-Anwendungen machen dann im Schnitt bereits 10% aller Neuwagenumsätze im Premiumsegment aus.

strategyAutos werden zunehmend als Gesamtpaket von Dienstleistungen statt Einzelteilen verstanden. Bereits 2025 liegen die Digitalumsätze im Premiumsegment weltweit bei 3300 Euro pro Haushalt und Jahr. Dieses Umsatzvolumen beinhaltet die Entgelte für vernetzte Mobilität, digitale Anwendungen sowie die Internetnutzung, die bei einer durchschnittlichen Fahrtdauer von einer Stunde pro Tag in einem autonomen Fahrzeug konsumiert werden.

Um diese Potenziale auszuschöpfen, müssen sich Automobilunternehmen konsequent digital ausrichten und sich von Produkt- zu Softwareunternehmen wandeln. Dies stellt eine große Herausforderung dar und erfordert neben einem neuen Produktverständnis auch neue Innovationsansätze und -prozesse sowie eine andere Unternehmenskultur.

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Alex Koster, Partner von Strategy&

„Automobilunternehmen müssen sich schnell auf das digitale Zeitalter einstellen, damit Autos weiterhin eine wichtige Rolle im digitalen Konsumentenleben einnehmen. Sonst könnte ihnen ein ähnliches Schicksal wie der PC-Industrie drohen. Dort verlagern sich intelligente Dienstleistungen zunehmend in die Cloud, Endanwendungen werden immer öfter am Smartphone statt am PC genutzt“, so Alex Koster, Partner und Digitalexperte von Strategy& sowie Co-Autor der aktuellen Studie „Connected C@r 2015“ von Strategy&, dem globalen Strategieberatungsteam von PwC, in Zusammenarbeit mit dem Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Die Untersuchung befasst sich mit der Gegenwart und Zukunft der vernetzten Mobilität im PKW-Segment.

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Dr. Richard Viereckl, Senior Partner bei Strategy&

Das enorme Marktpotenzial und die zahlreichen Schnittstellen mit mobilen Endgeräten, Software- und Internetanwendungen locken verstärkt branchenfremde Digitalplayer wie Apple, Google oder Uber in das Automobilsegment. „Um diese neuen Wettbewerber auf Abstand halten zu können, wird die deutsche Automobilindustrie in den kommenden Jahren knapp 11 Mrd. Euro pro Jahr in die Digitalisierung ihrer Produkte und Dienstleistungen investieren müssen. Die ungewöhnliche Allianz von Audi, BMW und Daimler, um für 2,8 Mrd. Euro Nokias digitalen Kartenanbieter Here gemeinsam zu übernehmen, war da vermutlich nur der Anfang“, kommentiert Dr. Richard Viereckl, Senior Partner und Automobilexperte bei Strategy&.

Sicherheitsanwendungen sind Hauptwachstumstreiber

Den Löwenanteil des Umsatzpotenzials generieren weiterhin Sicherheitsanwendungen. So erwirtschaften sie im kommenden Jahr über alle Hersteller hinweg über 15 Mrd. Euro und damit 37,3 % aller automobilen Digitalumsätze. Dieser Anteil steige bis 2021 auf 40,2 % bei einem Umsatzvolumen von knapp 50 Mrd. Euro. Die technologischen Vorstufen des autonomen Fahrens haben schon 2016 ein Marktvolumen von 9,45 Mrd. Euro. Bis 2021 wird sich dieses auf 39,62 Mrd. Euro mehr als vervierfachen. Bereits 2025 werden 20 % der Neuwagen über die betreffenden technischen Fähigkeiten verfügen.

Auch die weiteren Connected-Car-Segmente sollen zwischen 2016 und 2021 erheblich an Umsatz zulegen: Entertainment steige von 5,95 auf 13,42 Mrd. Euro, Mobilitätsmanagement von 4,39 auf 5,61 Mrd. Euro, Fahrzeugmanagement von 3,56 auf 7,10 Mrd. Euro und Well-Being von 1,95 auf 7,60 Mrd. Euro.

Deutsche OEMs und Zulieferer führen Innovationsrankings an

strategy_1Derzeit sind die deutschen Automobilhersteller und -zulieferer mit einem enormen Innovationspotenzial sehr gut im Markt aufgestellt: So führen VW und Daimler die Innovationsrankings sowohl bei sicherheitsrelevanten Fahrassistenzsystemen als auch im Bereich Infotainmentsysteme an. Auf Platz drei folgt in beiden Rankings der US-Konzern Ford, der BMW auf den vierten Platz verweist.

Auch bei der Connected-Car-Innovationsstärke der Zulieferer belegen mit Bosch und Continental zwei deutsche Konzerne im internationalen Vergleich die ersten beiden Plätze, gefolgt vom US-Wettbewerber Visteon. „Die deutsche Automobilindustrie zeichnet sich im Branchenvergleich durch eine hohe Innovationskraft aus und schneidet bei Innovationsrankings in fast allen Bereichen sehr gut ab. Allerdings stehen Automobilmargen durch steigende Investitionen in Forschung und Entwicklung besonders im digitalen Bereich zunehmend unter Druck“, erläutert Prof. Dr. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management, Co-Autor der Studie, das Innovationsranking.

Die Branche stehe vor einem strukturellen Umbruch, weil sich neben den Fahrzeugplattformen auch das Mobilitätsverhalten der Konsumenten rasant verändere. Angreifer wie Tesla oder Uber erhöhen den Innovationsdruck mit reichweitenstarken alternativen Antriebskonzepten und neuen Softwareplattformen. „Über die Zukunftsfähigkeit der etablierten Anbieter entscheidet künftig die Frage, ob es ihnen gelingt, Mobilität komplett neu zu denken und in marktfähige Angebote und Produkte zu übersetzen“, so das Fazit von Koster.

IT-Sicherheit und Datenschutz als gemeinsame Aufgaben

Über Erfolg am Markt werden aber vor allem das IT-Risiko und IT-Sicherheitsgesichtspunkte entscheiden. Je höher die Ansprüche an die Autonomie des Fahrens, umso höher wird die Anzahl der beteiligten IT-Systeme – und damit das Risiko von Fehlern oder Manipulationen.

„Mit den vernetzten Fahrzeugen und den dadurch entstehenden neuen Daten- und Informationsströmen gewinnen die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz für die gesamte Automobilbranche enorm an Bedeutung. Allerdings muss es gelingen, gemeinsame Datenschutzstandards zu setzen. Hier sind neben den Herstellern auch die Verbände gefragt, sich auf international gültige Konzepte und Prinzipien zu verständigen“, so Prof. Dr. Stefan Bratzel.

 

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