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„Oracle Openworld“: Larry Ellison singt das hohe Lied der Cloud

Die Hausmesse des Software-Anbieters Oracle hat etwas von einem Naturereignis. San Francisco ist überschwemmt von Teilnehmern aus der ganzen Welt. Kein Hotel, kein Restaurant, kein Starbucks bleibt verschont. Zumindest in diesen 5 Tagen beherrscht Oracle die IT-Agenda in der Bay Area und setzt sich als integrierter Cloud-Anbieter mit besten Zukunftsaussichten in Szene.

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Oracle CEO Mark Hurd brachte das Selbstbewusstsein in seiner Keynote auf den Punkt: „Wir sind die einzige IT-Company, die in der Lage ist, gleichzeitig in der Cloud und On-Premises zu co-existieren.“ Die hybride Cloud, die dem Kunden die Wahl lässt, welche Workloads er in der Cloud und welche er im eigenen Rechenzentrum bearbeiten will, wird von Oracle als die hohe Schule des Cloud Computings propagiert. Das Unternehmen erlaube es seinen Kunden sogar, Workloads während der Laufzeit zu verschieben. Voraussetzung ist allerdings, dass die Lösung auch im Rechenzentrum des Kunden in einer private Cloud residiert.

Das Thema Hybrid Cloud hilft Oracle aus der Defensive zu kommen, in der das Unternehmen – genauso wie andere Hersteller mit einer großen installierten Basis klassischer Systeme – bis vor nicht allzu langer Zeit gefangen war.

Oracle will in allen Cloud-Kategorien mitspielen

Auch Larry Ellison, Gründer und inzwischen CTO von Oracle stellte in seiner Keynote am Sonntag Oracles Cloud-Fähigkeiten in den Vordergrund. Sein Unternehmen offeriere in allen wesentlichen Computing-Bereichen Cloud-Lösungen: Im Applikation-Sektor mit SaaS-Lösungen, im Middleware-Bereich Datenbanken und Fusion Middleware sowie natürlich Java, im Infrastrukturbereich Computing- und Storage-Kapazitäten. Aufgrund dieser durchaus beeindruckenden Produkt- und Lösungspalette zeigte sich Ellison gewohnt selbstbewusst.

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In der Cloud verfolge Oracle vor allem folgende 6 Designziele:

  • Niedrige Kosten – beim Kauf und im Betrieb soll die Aufwände möglichst klein sein
  • Hohe Verlässlicheit – Das Unternehmen schreibt sich Fehlertoleranz auf die Fahnen
  • Schnelligkeit/Performance – Nicht in einem, sondern bei Middleware, Analytics, Datenbanken und den anderen Produktbereichen will Oracle das jeweils attraktivste Angebot machen.
  • Standards: SQL, Hadoop, NoSQL, Rub, Node, Java, Linux Docker- Oracle halte sich zum Wohle seiner Kunden an Standards.
  • Kompatibilität – Workloads sollen einfach zwischen Cloud und on-Premises verschoben werden können.
  • Security – eine kontinuierlich verfügbare Verteidiung gegen Cyber-Attacken.

Sicherheit ohne Abschaltknopf

In Sachen Sicherheit postulierte Ellison, dass sie auf einer möglichst tiefen Computing-Schicht angesiedelt sein sollte, um das meiste zu bewirken. „Wenn Sie Sicherheit in der Middleware einbauen, sind ihre Applikationen sicher, wenn Sie Security auf der Hardware-Ebene ansiedeln, ist ihre Software sicher. Deshalb werden wir uns darum bemühen, Security auf die tiefste mögliche Ebene zu bringen – desto höher ist der erreichbare Grad an Sicherheit.“Er sprach sich dafür aus, Sicherheitsfeatures hoch automatisiert und als nicht abschaltbare Komponenten anzubieten. „Wir verkaufen viele Sicherheitsprodukte an unsere Kunden, aber sie aktivieren sie leider oft nicht“, klagte er. Deshalb dürfe „Sicherheit keinen Abschaltknopf“ haben.

So billig oder billiger als Amazon

Auch im Pricing gab sich der Oracle CTO durchaus aggressiv. „ Wir werden im Bereich Web Services die gleichen Preise machen wie AWS oder sogar noch preiswerter sein.“ Doch zu den Kosten gehöre nicht nur der Anschaffungspreis. Auch die Betriebskosten sollen durch einen hohen Automatisierungsgrad und einfaches Handling der Produkte gesenkt werden.

Ellison: „SAP und IBM finden in der Cloud nicht statt“

Bevor Ellison eine lange Reihe von Ankündigungen inklusive eigenhändiger Demos zelebrierte, die erfahrenen Openworld-Beobachtern zufolge immer den Kern seiner Keynotes darstellen, holte er noch in bekannter Manier gegen die Konkurrenz aus:

In den letzten 10 Jahren seien IBM und SAP die Konkurrenten, die Oracle am intensivsten beobachtet hat. Das habe sich geändert, heute müsse sein Unternehmen ganz andere Wettbewerber im Blick behalten – Unternehmen wie Salesforce und Workday. „SAP und IBM finden in der Cloud nicht stammt“, erklärte er einem feixenden Publikum. In seiner Lesart ist Oracle natürlich auch besser als Konkurrenten wie Salesforce oder Workday. Zum einen adressierten diese nur einen winzigen Ausschnitt und zum anderen biete Salesforce im Gegensatz zu Oracle eine porprietäre Plattform, und Workday „hat nicht mal eine Plattform“.

Mehr Applikationen als jeder andere Cloud-Provider

Obwohl Oracle erst relativ spät ins Cloud-Rennen eingestiegen ist, was natürlich weder Larry Ellison noch später Mark Hurd erwähnten, hält der Oracle-Gründer sein Unternehmen für das schnellst wachsende im Cloud-Sektor. Er verweist auf 1300 ERP-Cloud-Kunden, 5000 CRM- und 5000 HR-Kunden.  Und natürlich biete man sehr viel mehr Lösungen an als andere: „Wir bieten mehr Applikationen an als jeder andere Cloud-Service-Provider.

19 Ankündigungen aus allen Cloud-Bereichen

Auch als Beweis für die seiner Ansicht nach hervorragende Positionierung seines Unternehmens im Cloud-Geschäft feuerte Ellison im Anschluss ein wahres Feuerwerk von Ankündigungen ab. Hier die Liste der 19 Ankündigungen:

Für den SaaS-Sektor:

  • Supply Chain Management Cloud
  • Enterprise Resource Planning Cloud
  • Ecommerce in the CX (customer experience) Cloud
  • Mobile, Consumer-Like Cloud UI
  • Integrated Just-in-Time Learning System

Für den PaaS-Sektor:

  • Database Cloud Exadata Service
  • Big Data Preparation Cloud Service
  • Big Data Discovery Cloud Service
  • Data Visualization Cloud Service
  • Application Builder Cloud Service
  • Multitenant Database Cloud Scalability
  • Real Application Clusters RAC in the Cloud
  • Database In-Memory Acceleration 12.2
  • Database In-Memory on Active Data Guard
  • Exadata In-Memory & In-Flash Database
  • Multitenant Java Server
  • Fault-Tolerant Java Server

Für den Systems-Bereich:

  • Solaris 11.3
  • SPARC M7

Oracle sieht sich als der dominante Suite-Anbieter in der Cloud

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So sieht sich Oracle selbst

Mark Hurd stieß ins gleiche Horn wie sein Boss. „Wir haben in den letzten 10 Jahren unsere Applikationen für die Cloud neu geschrieben. Das gibt uns jetzt eine hervorragende Ausgangsposition.“ Er prognostizierte, dass Oracle im Jahr 2025 einer von 2 Suite-Anbietern sein wird, die 80 Prozent des Marktes unter sich aufteilen. „Wir sind der eine, wer der andere sein wird, lässt sich heute noch nicht sagen.“ Damit spielte er auf die SAP an, die sich seiner Ansicht nach in den letzten Jahren zu sehr mit Hana und zu wenig mit der Cloud beschäftigt hat. „Wir haben unsere Applikationen fit gemacht für die Cloud. SAP hat das nicht getan. Wir haben dafür 10 Jahre gebraucht. Wenn die SAP-Leute wirklich schlauer sind als unsere, schaffen sie es vielleicht in 8 Jahren. Aber werden ihre Kunden solange warten?“

Alles in die Cloud?

Hurd wartete mit weiteren vier Prognosen für das Jahr 2025 auf:

  • 80 Prozent aller Applikationen werden aus der Cloud kommen – Die Tatsache, dass schon heute 85 Prozent aller neu entwickelten Applikationen für das Deployment als Software as a Service geschrieben werden, spricht für eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Voraussage
  • 100% aller Entwicklungs- und Testarbeiten werden in der Cloud stattfinden – Auch das ist keine riskante Prognose, schon die heutigen Nutzungsdaten besonders in Bezug auf das Testing gehen in diese Richtung. Es lohnt sich laut Hurd diese Aufgaben in die Cloud zu verlagern. 30 bis 40 Prozent aller IT-Ausgaben gehen in diesen Bereich, erklärte er. Durch Verlagerung dieser Arbeiten in die Cloud, könnten Unternehmen eine Menge sparen.
  • Praktisch alle Unternehmensdaten werden in Clouds gespeichert sein – Laut Hurd sind bereits heute mehr Daten in der Cloud gespeichert als in traditionellen Speichersystemen. In den nächsten Jahren kommen durch die Milliarden Smart Devices und Sensoren des Internet of Things massive Datenmengen hinzu, die praktisch ausnahmslos in der Cloud gespeichert werden. Das ist absolut nachvollziehbar und diese Datenmengen, die das Internet of Things produziert, lässt das Datenvolumen aus den heutigen Enterprise-Systemen im Vergleich winzig erscheinen. Doch viele Unternehmen haben sehr viel Geld und Aufwand in ihre Datensammlungen investiert. Wenn die Verantwortlichen nicht sicher sein können, dass ihre Daten weder von Geheimdiensten noch von Kriminellen ausspioniert werden, bleibt ihre Zurückhaltung in Bezug auf Datenspeicherung zumindest in Public Clouds erhalten.
  • Enterprise Clouds werden die sichersten IT-Umgebungen sein – Wenn es um die Abwehr von Cyber-Attacken geht, stimmt das aller Wahrscheinlichkeit. Die Cloud-Anbieter müssen sehr viel mehr für Security tun, als das ein ganz normal IT nutzendes Unternehmen tun könnte. Aber auch hier bleibt die für Anwender undurchsichtige Politik auch vieler westlicher Staaten. Wenn ein Cloud-Anbieter nicht garantieren kann, dass er seine Clouds im Zweifelsfall nicht den Geheimdiensten seines Landes öffnen muss, werden Unternehmen die Daten auch in der Oracle-Cloud nicht als „sicher“ bezeichnen.

Die Angst vor Veränderung nehmen

Die Keynotes und die Atmosphäre hier auf der Openworld legen nahe, dass Oracle nicht nur Marketinggetöse veranstaltet. Die Verantwortlichen des Herstellers und auch viele Partner sehen sich nach hartem Kampf tatsächlich in einer guten Ausgangsposition, um im Cloud-Markt kräftig mitzumischen. Ob das die Anwender in Deutschland – vor allem im Applikationsmarkt – auch so sehen, ist allerdings noch nicht so sicher. In jedem Fall spielt Oracle das Thema Hybrid Cloud sehr geschickt. Sie versichern ihren Kunden, dass sie selbst die Geschwindigkeit bestimmen können, mit der sie ihre IT in die Cloud verlagern. Damit nehmen sie ihnen die Angst vor Veränderung. Das ist schlau.

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About Christoph Witte

Christoph Witte arbeitet als IT-Publizist und Kommunikationsberater in München. Seit langem ist er fester Bestandteil der IT-, TK und Online-Community in Deutschland.

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