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Deutschlands Energieversorger werden digital – aber zu langsam

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Quelle: PwC

Die Wucht der Digitalisierung hat die EVUs erfasst. Sie ist Bedrohung und Chance zugleich – und deshalb neben der Energiewende das Top-Thema der deutschen Energiewirtschaft. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat knapp 120 deutsche EVUs zu ihrem Grad der Digitalisierung und zu ihren Schwerpunkten befragt. Die Studie „Deutschlands Energieversorger werden digital“ zeigt den aktuellen Digitalisierungsstand der Branche.

„Die deutsche Energiewirtschaft hat die Bedeutung des Themas erkannt“, sagt Norbert Schwieters, Leiter Energiewirtschaft bei PwC. „Aber in vielen Bereichen besteht noch akuter Handlungsbedarf.“ 80 Prozent der befragten EVUs erwarten, dass die Digitalisierung bis Ende 2017 das gesamte Unternehmen erfasst haben wird und daher neue Geschäftsmodelle von Nöten sind.

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Quelle: PwC

Ein Treiber dieser Entwicklung sind digital orientierte Start-ups, aber auch Internetkonzerne, die mit aller Macht in den Energiemarkt drängen. Wegen der neuen Wettbewerber sehen 58 Prozent der befragten Unternehmen die Zukunft konventioneller EVUs bedroht. Dass deshalb die Anzahl der Energieversorger in Deutschland sinken wird, befürchtet ebenfalls mehr als die Hälfte der Befragten. 32 Prozent glauben, dass bis 2025 jeder vierte deutsche Energieversorger vom Markt verschwindet. Einige Befragte erwarten sogar einen noch stärkeren Rückgang.

Business Analytics und personalisierte Angebote im Fokus

Die Digitalisierung zwingt EVUs, schneller, flexibler und innovativer zu agieren, bietet ihnen aber auch die Chance, interne Prozesse zu optimieren und so die Kosten zu senken. „Dennoch fehlt den meisten Unternehmen eine Strategie, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen“, sagt Felix Hasse, der bei PwC den Bereich Digitalisierung der Energiewirtschaft in Deutschland leitet. „Bislang haben nur 17 Prozent der EVUs eine Digitalisierungsstrategie erarbeitet.“ Entsprechend werden drei Viertel der Befragten ihre Aktivitäten erhöhen müssen.

Immerhin 72 Prozent der befragten EVUs wollen in den kommenden zwei Jahren ihr Budget für die Digitalisierung erhöhen. 62 Prozent nennen Investitionen in Business Analytics als oberste Priorität. Fast ebenso viele Unternehmen gehen davon aus, dass Datenauswertungen ein zentraler Bestandteil ihres Geschäftsmodells werden können. So wollen 83 Prozent der EVUs ihren Kunden bald personalisierte Angebote machen. Neue digitale Geschäftsmodelle – eine weitere Chance der Digitalisierung – sind noch kein vorrangiges Thema.

Was jetzt zu tun ist

„Deutsche EVUs gehen die ersten Schritte – und forcieren die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Kundenschnittstellen. Doch es bleibt noch ein weiter Weg bis zur vollständigen Digitalisierung der EVUs “, so Norbert Schwieters. „Unser Eindruck ist auch, dass die Unternehmen größtenteils eher technisch und toolorientiert agieren und dabei wichtige Themen zu wenig beachten.“

PwC empfiehlt EVUs in Form einer „Digitalen Agenda“ konkrete Handlungsschritte:

  • So sollten sie Digitalisierungsansätze unternehmensweit identifizieren, priorisieren und die konkrete Umsetzung planen.
  • Zudem ist eine „digitale Unternehmenskultur“ erfolgsentscheidend, in der die Mitarbeiter „Unternehmenssilos“ auflösen, starre Prozessabläufe flexibilisieren und – das Management – digitale Kompetenzen fördert.
  • Die Unternehmen sollten auch Kundendaten umfassender analysieren (Big Data) und ihre Erkenntnisse daraus zur individuellen Kundenansprache nutzen.
  • Außerdem müssen EVUs digitale Produkte und Dienstleistungen entwickeln, Partnerschaften ausbauen, durch digitalisierte Prozesse ihre Kosten senken, ihre Effizienz steigern sowie die veränderten Bedürfnisse der – aus anderen Branchen längst digital verwöhnten – Kunden in den Mittelpunkt stellen.

„Die konkreten Wege zum Ziel können verschieden sein“, konstatiert Hasse. „Wichtig ist, dass sich EVUs auf den Weg machen.“ Ansonsten könnten sie infolge der Digitalisierung vom Markt verschwinden, wie es die Branche selbst befürchtet.

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