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Hohe CEO-Fluktuation: Technologische Disruption begünstigt „Outsider“

Trotz der noch immer prosperierenden Wirtschaft mussten im vergangenen Jahr mit einer Fluktuationsquote von 16,7 Prozent deutlich mehr Vorstandsvorsitzende der 300 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihren Hut nehmen als im Vorjahr (10,3 %). Knapp ein Drittel dieser CEO-Demissionen wurden vor Ablauf der vertraglich fixierten Amtszeit initiiert, beispielsweise wegen mangelnder wirtschaftlicher Performance. Bei der Neubesetzung schlägt insbesondere in Industrien, deren Geschäftsmodelle derzeit von einer technologischen oder strukturellen Disruption in Frage gestellt werden, die Stunde der externen Kandidaten (Outsider-CEOs).

Outsider

Als besonders volatil erwies sich 2015 die Finanzwirtschaft: So wurde mit einer Wechselquote von 21,1% mehr als jeder fünfte der in die Studie einbezogenen Vorstandsvorsitzenden aus dem Banken-, Finanz- und Versicherungswesen ausgetauschte. Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen „2015 CEO Success“-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Die Studie untersucht die Veränderungen hinsichtlich der Besetzung der Toppositionen der 2.500 größten börsennotierten Unternehmen weltweit.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die deutschsprachigen Konzerne ihre ambitionierten Zielvorgaben in Bezug auf den Frauenanteil im Bereich der Senior-Management-Positionen im vergangenen Jahr drastisch verfehlt haben dürften: Die Quote der mit weiblichen Kandidatinnen nachbesetzten CEO-Posten sank bei diesen Konzernen von 10,3 Prozent in 2014 auf die homöopathische Dosis von 2,2 Prozent.

Neue CEOs in D/A/CH sind jung und international

Dafür waren die neuen CEOs bei Amtsantritt erst 49 Jahre alt und damit im Vergleich zum internationalen Median von 53 Jahren mit Abstand die jüngsten. Und die internationalsten: Denn jeder dritte neue CEO der untersuchten deutschsprachigen Blue Chips hat eine andere Nationalität als das Unternehmen, das er leitet. Weltweit liegt dieser Wert bei lediglich 17 %, in den USA und Kanada bei 15 Prozent. In Japan und China stammen sogar nur 3 Prozent bzw. 6 Prozent der neuen CEOs aus einem anderen Land. Zudem haben 44 Prozent der neuen CEOs deutschsprachiger Unternehmen vor dem Sprung an die Spitze langjährige Auslandserfahrung in operativen Funktionen gesammelt. Im globalen Schnitt können das nur 28% von sich behaupten.

Auch erhöhte sich 2015 in Deutschland, Österreich und der Schweiz die durchschnittliche Verweildauer der Vorstandsvorsitzenden leicht, sie blieben dort im Durchschnitt 6,3 Jahre (2014: 6,0 Jahre) im Amt. In Westeuropa liegt dieser Wert bei 5,5 Jahren und weltweit bei 7,5 Jahren.

Die Studie bestätigt zudem den aktuellen Trend, dass sich Aufsichtsräte bei der Besetzung der Spitzenjobs zunehmend für externe Kandidaten („Outsider“) entscheiden. So wurden im deutschsprachigen Raum 2015 immerhin 33 Prozent externe Kandidaten berufen. „Insbesondere in Industrien, deren Geschäftsmodelle derzeit von einer technologischen oder strukturellen Disruption in Frage gestellt werden, schlägt aktuell die Stunde der externen Kandidaten“, so Dr. Peter Gassmann, Sprecher der Geschäftsführung von Strategy&.

„Weltweit setzen derzeit vor allem Telekommunikations- und Healthcareunternehmen sowie Energieversorger auf neue, externe CEOs, um den anstehenden strategischen Herausforderungen von der Digitalisierung bis zu staatlichen Regulierungen besser und vor allem kompromissloser begegnen zu können. Zudem fordern aktivistische Investoren konsequent die Einbindung in strategische Entscheidungen ein und forcieren über aktiv gemanagte Aufsichtsratsmandate den Trend zu externen CEOs, um eingefahrene Strukturen aufzubrechen.“ Daneben überzeugt aber auch die wirtschaftliche Leistung der „Outsider“: Bereits das dritte Jahr in Folge lassen Unternehmen, die von einem externen CEO geführt werden, Unternehmen mit intern besetzter CEO-Position im weltweiten Vergleich in Bezug auf die Unternehmenswert- und Dividendenentwicklung deutlich hinter sich. Andererseits haben neu installierte CEOs heute signifikant weniger Zeit, um entscheidende und messbare Ergebnisse zu erzielen. So verkürzte sich die durchschnittliche Amtszeit von CEOs in Deutschland, Österreich und der Schweiz binnen zehn Jahren von 8,3 auf lediglich 6,3 Jahre in 2015.

Diversity als Lippenbekenntnis: Weibliche CEOs bleiben international eine Ausnahmeerscheinung

Der Anteil weiblicher Vorstandsvorsitzender, die 2015 auf eine Topposition berufen wurden, war jedoch nicht nur in der deutschsprachigen Region, sondern auch weltweit mit 2,8% äußerst überschaubar. In den USA und Kanada erreichte die Quote weiblicher CEOs sogar das dritte Jahr in Folge einen neuen Tiefpunkt. Unter den 87 in dieser Region neu ins Amt berufenen CEOs war 2015 lediglich eine Frau. „Während die deutschen Konzerne bei der Besetzung der Aufsichtsräte die gesetzlich geforderte Frauenquote teilweise bereits heute übererfüllen, bleiben sie auf Vorstands- und CEO-Ebene offensichtlich deutlich hinter ihren Möglichkeiten“, so das Fazit von Gassmann. „Mit dieser äußerst defensiven Diversity-Strategie auf Vorstands- und CEO-Ebene provozieren die Konzerne geradezu eine staatliche Regulierung und verschenken vor allem das enorme strategische Potenzial von gemischten Führungsteams.“

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