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Technologie statt Kundennähe: Der Einzelhandel investiert an Kundenbedürfnissen vorbei

TB Excellence in Retail Operations 2016

Bild: A.T.Kearny

Händler geben viel Geld für Technologien aus – und vernachlässigen ihre wichtigsten Werttreiber: die Mitarbeiter in der Filiale, so das Fazit globalen Studie von A.T. Kearney. „Die Einzelhändler sind im Multichannel- und Technologie-Hype“, sagt Dr. Mirko Warschun, Leiter des Beratungsbereichs Konsumgüterindustrie und Handel bei A.T. Kearney. „Zwei Drittel der Handelsunternehmen investieren in Technologie, deren Rentabilität sie nicht kennen. Ihre Hoffnung: die Interaktion mit dem Kunden zu vereinfachen. Das Ergebnis: weniger Kundennähe denn je.“

Die weltweite Untersuchung „Achieving Excellence in Operations“ (AERO) hat zum dritten Mal die Filialperformance führender Handelsunternehmen aus verschiedenen Segmenten, darunter Bekleidung, Elektronik, Lebensmittel und Drogerieartikel, analysiert. Hierzu wurden 100 Top-Manager weltweit agierender Handelsunternehmen in Europa, Amerika und im asiatisch-pazifischen Raum befragt. Erstmals wurden die Ergebnisse mit den Erwartungen von 800 US-amerikanischen Konsumenten gespiegelt.

Alle befragten Händler sagen, sie investierten in neue Technologien, um die Interaktionen mit den Kunden zu vereinfachen: also zum Beispiel in mobile Applikationen oder Checkout-Prozesse. Das sei umso erstaunlicher,  als 90 Prozent des Verkaufs immer noch in der Filiale stattfinde, zugleich aber keine der genannten Investitionen die Filialmitarbeiter in ihrem Kundenkontakt unterstütze: „Die Filialisten setzen auf Technologien, wo es doch auf Menschen ankommt. Und das obwohl die Kunden angeben, einen schwachen Service zu erleben, wenn sie es in der Filiale nicht mit Menschen, sondern mit Technik zu tun hätten.“

Mirko-Warschun

Dr. Mirko Warschun, Leiter des Beratungsbereichs Konsumgüterindustrie und Handel bei A.T. Kearney

Mitabeiter verschwinden aus dem Strategiefokus

Zugleich habe die Mehrheit der befragten Unternehmen keine Transparenz hinsichtlich des Wertbeitrags ihrer Investitionen. 60 Prozent der befragten Unternehmer wüssten nicht genau, wie sie die Rentabilität der Ausgaben für neue Technologien messen könnten.

Die Studie liefert noch weitere Indikatoren, dass der Mitarbeiter in der Filiale aus dem Strategiefokus der Handelsunternehmen zu verschwinden droht: Mehr als 70 Prozent der Top-Manager geht davon aus, dass sich die Leitungsspannen in naher Zukunft weiter ausdehnen werden, dass also der einzelne Filialleiter immer größere Teams führen werde. Zugleich schätzt fast die Hälfte der Befragten ihre Mitarbeitertrainingsprogramme als deutlich verbesserungswürdig ein.

Diskrepanz zwischen Aktionen der Händler und den Kundenerwartungen

Die Konsumentenbefragung im US-amerikanischen Raum ergab darüber hinaus auch eine eklatante Diskrepanz zwischen den Anstrengungen der Handelsunternehmen und den Kundenerwartungen. Während die Anbieter um die kürzesten Lieferzeiten wetteiferten – von Lieferung am nächsten Tag bis zu innerhalb einer Stunde – sagen drei Viertel der befragten Kunden, mit zwei Tagen Lieferzeit durchaus zufrieden zu sein. Ihnen käme es vor allem darauf an, dass die angekündigte Frist zuverlässig eingehalten werde – das sei ihnen wichtiger als die Bestellung sofort zu erhalten.

Auch bei Social Media gehen Kunden- und Händlervorstellungen auseinander: 60 Prozent der Unternehmen setzten laut Umfrage auf Social Media, um Wert zu generieren. Dagegen sagen zwei Drittel der befragten Konsumenten, keinen Kontakt zum Einzelhändler in den sozialen Medien zu suchen, sondern lieber in die Filiale vor Ort zu gehen. Einzige Ausnahme: Rabattaktionen.

„Menschen sind immer noch die beste Investition im Einzelhandel“, resümiert Warschun die Ergebnisse. „Filialmitarbeiter sind die wertvollste Ressource, die Handelsunternehmen haben, doch im Wettrennen um die besten Multikanal-Angebote verlieren die Händler aus dem Blick, was im Handel wirklich werttreibend ist: herausragende Kundenerlebnisse und für die braucht es Menschen, nicht Maschinen. Deswegen empfehlen wir Technologie so einzusetzen, dass sie den Verkäufer stärkt, anstatt ihn zu ersetzen.“

 

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