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Deutsche Aufsichtsräte unterschätzen Cyber-Risiken

Aufsichtsräte der EMEA-Region blicken wieder etwas optimistischer in die Zukunft. Sie priorisieren technologische Themen und Innovationen, Kosteneinsparungen treten in den Hintergrund. Bislang unterschätzten viele das Thema Cyber-Sicherheit, inzwischen sieht aber knapp die Hälfte (48 %) IT-Sicherheit als entscheidend an. Dies zeigt der aktuelle „EMEA 360° Boardroom Survey: Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte“ von Deloitte.

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Die Sensibilität für das Thema Cyber-Sicherheit ist unter den 271 europäischen Teilnehmern laut der Untersuchung in Deutschland, Großbritannien, Irland und Italien am größten. Beim Risikomanagement zählen Aufsichtsräte die Reputationsrisiken noch nicht zu ihren Kernaufgaben.

„Die Studie zeigt, dass Aufsichtsräte hierzulande verstärkt ihre Fachkenntnisse einbringen und den Vorstand bei Strategie- und Innovationsfragen unterstützen wollen. Die inhaltlichen Anforderungen werden durch laufende regulatorische Änderungen weiter steigen und wahrscheinlich die Bedeutung des Risikomanagements für den Aufsichtsrat erhöhen“, erklärt Dr. Claus Buhleier, Partner Wirtschaftsprüfung und Leiter Center für Corporate Governance bei Deloitte.

Nachholbedarf bei IT-Sicherheit

Eines der wichtigen Themen ist die Digitalisierung. Innovationen aus diesem Bereich messen 48 Prozent der Teilnehmer eine hohe Bedeutung zu. Der Sicherheitslevel im Cyber-Bereich ist allerdings noch nicht überall ausreichend. Nach Ländern betrachtet zeige sich, dass die Sensibilität der Aufsichtsräte in Großbritannien, Irland und Italien – aber auch Deutschland – wesentlich höher ist als etwa in Österreich und Belgien. Wenig überraschend herrscht dabei in Branchen wie Life Sciences und weiteren Hightech-Bereichen ein erheblich höheres Bewusstsein als in der Fertigungsindustrie.

Deutsche Aufsichtsräte mit gesundem Verhältnis zum Risiko

Die Strategie ist genauso erfolgskritisch wie ein adäquates Risikomanagement. Die Zusammenfassung beider Elemente in einen integrierten Entscheidungsprozess wird vor allem von französischen, italienischen und skandinavischen Aufsichtsräten praktiziert, während sich die Deutschen etwas zurückhaltender äußern. Sie zeigen ein ausgewogenes Verhältnis zum Risiko, weder „Spieler“ noch „Bedenkenträger“ haben die Oberhand. Die Aufsichtsräte halten damit offenbar die Balance zwischen Beratung und Überwachung der Unternehmensleitung.

Innovation im Fokus des Aufsichtsrates

Deutsche Firmen gelten als innovationsfreudig – und deutsche Aufsichtsräte setzen das Thema nahezu ausnahmslos auf ihre Agenda. Auch in Irland und Italien ist Innovation integraler Bestandteil der Unternehmensführung und tief in der Firmenkultur verankert. Dennoch schätzen Befragte unter anderem aus Belgien, Italien, Norwegen und der Türkei die Unterstützung von Innovationsinitiativen in ihren Unternehmen teils als noch wichtiger bzw. höher ein als ihre deutschen Pendants. Deutlich geringer wird Innovation laut Studie hingegen von österreichischen und rumänischen Aufsichtsräten vorangetrieben. In der Region EMEA zeigt sich, dass auf Innovation insbesondere bei Unternehmen aus der Life-Science- und TMT-Branche im Fokus ist, deutlich weniger jedoch beispielsweise für Bauunternehmen und Energieversorgern.

Immer mehr Themen auf der Agenda

Die Themen, mit denen sich Aufsichtsräte beschäftigen (müssen), werden immer zahlreicher und komplexer. Neben Risikomanagement, Innovation und IT-Sicherheit gehören auch die Vergütung der Unternehmensführung, das Talent Management sowie die Anwendung von Evaluationsmechanismen für die eigene Performance dazu. In erster Linie aber definieren die Teilnehmer grenzübergreifend die Sicherung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit als ihre Kernaufgabe. Deutschland bewegt sich mehr oder weniger im EMEA-Durschnitt, legt aber einen besonderen Akzent auf die Digitalisierung und Innovation. Bemerkenswert: Einen nicht unerheblichen Teil der Aufsichtsräte deutscher Unternehmen beschäftigt zunehmend die politische Entwicklung, was in den vergangenen Jahren kaum ein Thema war.

„Eine Aufsichtsratstätigkeit beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die Teilnahme an den regelmäßigen Sitzungen. In Deutschland fühlen sich die befragten Aufsichtsräte bei Ihren Überwachungs- und Beratungsaufgaben auch für Fragen zu Unternehmensstrategie, Digitalisierung und Innovation zuständig und sehen hier technologische Fortschritte als elementar an. Eine Besonderheit in Aufsichtsräten deutscher Unternehmen ist die Frauenquote, die zukünftig zu einer Diversifizierung der Gremien führen wird“, ergänzt Dr. Buhleier.

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