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Digitaltrends in der Automobilproduktion 4.0: Reale Fabrik bekommt virtuellen Zwilling

Die Montage von Fahrzeugen ist noch weitgehend Handarbeit. Komplexe Arbeitsvorgänge haben den Automatisierungsgrad in diesem Fertigungsbereich bisher gering gehalten. Das ändert sich derzeit radikal – verschiedene digitale Helfer ziehen in die Fabrikhallen ein. Im Rahmen der Analyse „Future Production – Automobilproduktion 2020“ hat die Managementberatung Detecon innovative Anwendungen aus Forschung und Praxis untersucht. Die Berater zeigen darin wichtige Digitaltrends in der Montage. Sie nennen gleichzeitig die digitalen Fähigkeiten, die für den Einsatz dieser Technologien nötig sind.

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Die Cobots kommen: Hand in Hand mit dem Roboter

Fortschritte in der künstlichen Intelligenz und die Echtzeitvernetzung der Fabrik machen es möglich: Die Mensch-Roboter-Kooperation (MRK) wird Realität. Kollaborative Roboter –  Cobots – lernen in kurzer Zeit selbstständig neue Arbeitsschritte und die jeweilige Interaktion mit dem humanen Kollegen. Beide arbeiten auf engem Raum zusammen, ohne durch Schutzzäune getrennt zu sein.

Cobots können multifunktional eingesetzt werden – vom Anreichen einzelner Teile, über die Maschinenbeschickung bis hin zur eigenständigen Montage. Das entlastet den Mitarbeiter bei repetitiven Tätigkeiten. Die Roboter werden mobil und navigieren selbstständig durch die Montagestraße. Sie kommen dort zum Einsatz, wo herkömmliche Roboter aufgrund ihrer Größe, Unbeweglichkeit und geringer Schutzmechanismen bisher ausgeschlossen waren. Das eröffne Effizienzpotenziale in der Montage. Hier liege der Automatisierungsgrad bisher bei maximal 20 Prozent, während dieser bei anderen Produktionsschritten bereits bis zu 90 Prozent betrage. „Diese enge Mensch-Roboter-Kollaboration erfordert absolut zuverlässige Sicherheitsmechanismen“, warnt Uwe Weber, Managing Partner und Automobilexperte bei Detecon.

Assistenzsysteme: Das digitale Vier-Augen-Prinzip

Auch mobile digitale Assistenzsysteme gehören bald zum Arbeitsalltag in der Automobilmontage. Neben Tablets werden Datenbrillen und intelligente Sensorhandschuhe stationäre Monitore und Anzeigen ersetzen. Für Arbeitsanweisungen – etwa zur individuellen Konfiguration des Fahrzeugs – müsse der Mitarbeiter den Blick dann nicht mehr vom Werkstück abwenden.

Im Anschluss erhält er Feedback zur Arbeitsausführung: Animierte Balkendiagramme oder Tachometer zeigen dem Montagearbeiter den aktuellen Status und seine Leistung im Produktionsverbund. Das ermögliche einen schnelleren Ablauf der Montage und senke die Fehlerquote.

„Damit die Mitarbeiter digitale Assistenzsysteme nicht als Kontrolle ihrer Arbeitsleistung empfinden, ist eine sinnvolle Auswahl der erzeugten Daten und der sensible Umgang mit personenbezogenen Daten sehr wichtig“, so Weber. „Der Sicherheitsaspekt erstreckt sich nicht nur auf die operative Steuerung der Mensch-Roboter-Kooperation. Er betrifft auch die Sicherheit der zahlreichen Daten, die von Cobots und Smart Devices in der vernetzten Montage erzeugt werden.“

Synced Factory Twin: Die reale Fabrik bekommt einen virtuellen Zwilling

Änderungen in den Abläufen wurden bisher noch am realen Fließband geprobt. Jetzt sollen Montagearbeiter neue Arbeitsschritte oder Modellwechsel vor der Produktionsumstellung in einer virtuellen Umgebung durchspielen. Das steigere die Effizienz – Modellwechsel und Produktionsumstellungen könnten so schneller antizipiert werden.

Die nächste Stufe der Virtualisierung stehe bereits vor der Markteinführung: die synchrone Echtzeit-Abbildung aller Vorgänge in der virtuellen und realen Welt. „Schon bald wird die gesamte Fabrik einen digitalen Zwilling bekommen, mit dem sie sich permanent über den aktuellen Soll-Ist-Zustand austauscht. Beide kalibrieren sich gegenseitig“, so Dr. Steven Vettermann, Geschäftsführer von ProSTEP iViP. Der Verein bündelt die Interessen von Fertigungsindustrie, IT-Anbietern und Forschung und treibt die virtuelle Fabrik im branchenübergreifenden Konsortialprojekt ‚Synced Factory Twin‘ voran.

„Das ermöglicht erstmals den übergreifenden und geschlossenen Informationsaustausch zwischen Entwicklung, Planung und Produktion und sorgt dafür, dass die vorhandenen Informationen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Kapazitätsänderungen, Unterbrechungen und Störungen können dann zum Beispiel schon bei der Planung der Montagearbeiten berücksichtigt werden“, erläutert der Fachmann. „Das senkt die Maschinenanlaufzeiten und ermöglicht schnellere Durchlaufzeiten. Außerdem können die Ressourcen flexibler eingesetzt werden.“

Hoher Nutzenfaktor der Digitalisierung für die Montage

„Roboter und Mensch, unterstützt durch digitale Assistenzsysteme, bilden in der Automobilproduktion 4.0 eine hilfreiche Symbiose“, so Weber. „Gerade in der Montage entfaltet die Digitalisierung dabei einen hohen Mehrwert.“ Gesundheitsbedingte Mitarbeiterausfallzeiten durch Wiederholungstätigkeiten ließen sich reduzieren. Gleichzeitig liefen die Prozesse in der vernetzten Montage schneller und reibungsloser.

„Insgesamt sollten sich digitale Prozessketten in der Automobilfertigung durch Agilität, Skalierbarkeit, Mobilität, Modularität, Re-Kombinierbarkeit und Lernfähigkeit auszeichnen. Dazu sind komplexe digitale Fähigkeiten und ein tiefgreifendes Verständnis für ihr Zusammenwirken nötig“, sagt Weber.

Detecon hat in der Analyse „Future Production – Automobilproduktion 2020“ die digitalen Handlungsfelder für jeden Fertigungsschritt identifiziert. Für die Montage heben die Berater „Cyber-physische Systeme“, „Risiko und Vertrauen“, „Digitales Informationsmanagement“ und „Digitales Prozessmanagement“ als besonders erfolgskritisch hervor.

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