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Wie wird Europa zu einem führenden Player bei Software und IT-Services?

Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wird maßgeblich von der Digitalisierung abhängen – diese wird in den nächsten Jahren auf globaler Ebene zu vielen neuen Produkten und Märkten mit rasant wachsenden Produktivitätsraten führen. Gerade deshalb ist es für die digitale Wirtschaft in Europa wichtig, auf eine leistungsfähige Software- und IT-Industrie aufbauen zu können. Doch wie steht es aktuell um diese Industrie und wie sollte sie sich in Zukunft vor allem gegenüber der US-amerikanischen und asiatischen Konkurrenz positionieren?

Mit diesen Fragen befasst sich die neue Studie „The Economic and Social Impact of Software and Services on Competitiveness and Innovation“, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI zusammen mit PAC und Le CXP im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt hat. Dazu wurden zunächst verschiedene Marktsegmente auf ihr derzeitiges und zukünftiges Markt- und Wachstumspotenzial hin analysiert und daraus Empfehlungen abgeleitet, welche die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Software- und IT-Industrie maßgeblich stärken sollen.

Europäischer Software- und IT-Markt wird bis 2020 kräftig wachsen

Eine erstes zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die europäische Software- und IT-Service-Industrie direkt von der Digitalisierung profitiert: So wuchs der gesamte EU-Markt im Zeitraum von 2009 bis 2015 jährlich um 1,5 Prozent. Bis zum Jahr 2020 dürfte dieser noch einmal deutlich an Dynamik hinzugewinnen, die Studie prognostiziert hier ein jährliches Wachstum von bis zu 2,9 Prozent. Besonders stark zulegen dürfte der Bereich Cloud Computing, während andere Sektoren wie Spielesoftware, applikationsbasierte IT-Services oder Infrastruktur-Software und -Plattformen sich relativ konstant weiterentwickeln werden. Etwas rückläufig dürfte der Markt bis 2020 hingegen im Bereich Infrastrukturbezogene IT-Services sein.

5 zentrale Empfehlungen

Aus den gewonnenen Erkenntnissen hat das Projektteam des Fraunhofer ISI fünf zentrale Empfehlungen für die EU Kommission abgeleitet:

  • Erstens sollte eine Online-Plattform zur Vermittlung von E-Skills geschaffen werden, auf der IT-Experten ihre Leistungen auch ortsunabhängig anbieten und so zum Beispiel den Fachkräftemangel in Europa abfedern können.
  • Zweitens gilt es, die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Wirtschaftsbereichen voranzutreiben und einen Markt zu schaffen, der sich auf die intelligente Verknüpfung heterogener Daten von Objekten, Prozessen und Personen spezialisiert.
  • Zudem sollten sowohl die Wirtschaft als auch die öffentlichen Verwaltungen in Europa künftig Open Source-Software einsetzen und hier ihre Wissensbasis erweitern.
  • Auch sollte ein Fokus auf der Entwicklung vertrauenswürdiger Cloud Computing-Lösungen und IT-Infrastrukturen liegen, welche die Privatsphäre von Nutzern respektieren und ein hohes Maß an IT-Sicherheit aufweisen.
  • Eine fünfte Empfehlung lautet, dass die Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien erhöht werden sollten, um so die Voraussetzungen für eine auch in Zukunft wettbewerbsfähige Software- und IT-Industrie zu schaffen.

Management komplexer Systeme und „digitale Zwillinge“

Dazu Dr. Bernd Beckert, der die Forschungsarbeit des Fraunhofer ISI im Projekt koordinierte: „Im Vergleich zur USA und zu Asien, deren Stärken jeweils in der Entwicklung von Software beziehungsweise Hardware liegen, ist die europäische Software- und IT-Industrie vor allem beim Thema Management komplexer Systeme sehr gut aufgestellt. Damit ist natürlich das Thema Industrie 4.0 angesprochen. Aber hier müssen wir in Europa noch weiter denken und digitale Technologien für alle Arten von Objekten und Systemen entwickeln, wobei wir von ‚digitaler Repräsentation‘ sprechen. Dies schließt physische Objekte genauso ein wie Produktionsprozesse oder persönliche Mobilitätsmuster“.

Immer mehr Prozesse in Wirtschaft und Industrie laufen datenbezogen ab und erzeugen laut Beckert „digitale Zwillinge“, also virtuelle Abbilder physischer Prozesse. Verknüpft man deren Daten auf intelligente Weise,– um etwa Online-Shopping persönlicher oder Produktionsprozesse in Fabriken effizienter zu gestalten, entstehe daraus ein riesiger Markt mit einem enormen – wenngleich nicht unumstrittenen – Zukunftspotenzial.

Eine Spezialisierung auf diese digitalen Zwillinge, die auch Aspekte wie Schutz der Privatsphäre und IT-Sicherheit im Blick behält, könnte für die europäische Digitalwirtschaft in Zukunft immer wichtiger werden und sollte deshalb von der europäischen Politik verstärkt unterstützt werden.

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