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Digital Natives sind überraschend analog

Bildquelle: Pixabay

Obwohl der aktuelle Jahrgang deutscher Hochschulabsolventen mit digitaler Kommunikation groß geworden ist, steht das Zwischenmenschliche hoch im Kurs. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Beratungsunternehmens Accenture Strategy. Demnach bevorzugt ein Drittel den persönlichen Austausch mit Kollegen von Angesicht zu Angesicht. Digitale Kommunikationskanäle wie Soziale Medien oder E-Mail sind dagegen deutlich weniger beliebt. Die Kommunikationsfähigkeit ist in der Wahrnehmung der Absolventen folglich eine der wichtigsten Kompetenzen, auf die Arbeitgeber Wert legen.

Für die deutsche Ausgabe der Studie „Gen Z Rising“ hat Accenture Strategy mehr als 1.000 Studenten befragt, die in diesem Jahr ihren Abschluss machen, sowie über 1.000 Absolventen, die 2016 beziehungsweise 2015 ihr Studium abgeschlossen haben und mittlerweile im Berufsleben angekommen sind.

Demnach erwarten vom aktuellen Abschlussjahrgang – von denen die meisten mittlerweile der sogenannten Generation Z angehören (der ab 1993 geborenen) – fast zwei Drittel (60 %) positive Auswirkungen von neuen digitalen Technologien wie Künstlicher Intelligenz auf das Arbeitsleben. Wenn es um den direkten Austausch mit Arbeitskollegen geht, setzt eine deutliche Mehrheit von 30 Prozent hingegen auf den persönlichen Kontakt. Digitale Instrumente wie Web-basierte Tools (20 %), Soziale Medien (18 %) oder E-Mail (14 %) sind nicht das erste Mittel der Wahl. Dementsprechend sagen 38 Prozent der Absolventen, dass die Kommunikationsfähigkeit die wichtigste Kompetenz sei, die von Arbeitgebern heute verlangt wird. Auf Platz zwei folgt die Problemlösungskompetenz (36 %).

„Die neue Generation von Absolventen ist in einer Welt aufgewachsen, in der sich der digitale Wandel rasant beschleunigt hat“, sagt Rouven Fuchs, Geschäftsführer im Bereich Talent & Organization bei Accenture Strategy. „Mit digitalen Tools zu arbeiten, fällt den meisten leichter, als sich sogenannte ‚Soft Skills‘ anzueignen wie Kommunikationsfähigkeit, Sozialkompetenz und Führungsqualitäten“

Berufseinstieg verändert Prioritäten

Bei der Wahl des ersten Arbeitgebers bevorzugen 25 Prozent ein Großunternehmen, 23 Prozent eine mittelständische Firma und 15 Prozent können sich vorstellen, bei einem Start-up anzufangen. Das ändert sich nach den ersten Jahren im Job. Von den Befragten der früheren Jahrgänge gab jeder Dritte (33 %) an, lieber in einem Konzern zu arbeiten, 24 Prozent bei einem Mittelständler und nur sieben Prozent bei einem Start-up.

„Mit der Realität konfrontiert ändern sich die Wahrnehmung und die Prioritäten der Absolventen“, sagt Fuchs. „Dinge wie Weiterbildung und Karrierechancen werden wichtiger. Hier sollten große Unternehmen in der Lage sein, mehr zu bieten als Mittelständler oder Start-ups, und diese Vorteile im Kampf um die besten Köpfe stärker in den Vordergrund rücken.“

Jobaussichten bestimmen Studienwahl

Bei der Auswahl ihrer Studienfächer geht die heutige Studentengeneration extrem pragmatisch vor. So gaben 87 Prozent an, dass die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiges Kriterium war. Konkret erhoffen sich die Studierenden von ihrer Fächerwahl neben guten Jobaussichten (45 %) auch gute Karriereperspektiven (44 %) sowie Verdienstmöglichkeiten (38 %).

Um im Berufsleben Fuß zu fassen, zeigt die Mehrheit große Flexibilität. Für ein Jobangebot umzuziehen, ist für 77 Prozent kein Problem und fast die Hälfte (48 %) wäre bereit, auch abends oder am Wochenende zu arbeiten, wenn das erforderlich ist. Umgekehrt wird diese Flexibilität aber auch vom Arbeitgeber gefordert gerade in Bezug auf die richtige Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Hier Kompromisse machen zu müssen, ist für jeden Dritten (29 %) die größte Sorge.

Trotz ihrer pragmatischen Vorgehensweise und großen Flexibilität, läuft der Übergang ins Berufsleben für viele Studierende nicht reibungslos. So berichtet die Hälfte der befragten Berufsanfänger (50 %) von Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden. Jeder Vierte (27 %) gab an, dass er mehr als sechs Monate gesucht hat.

Unterforderung führt zum Stellenwechsel

Junge Talente langfristig an sich zu binden, ist für Unternehmen eine Herausforderung. Einerseits sind die Erwartungen der aktuellen Absolventengeneration hoch. Die große Mehrheit wünscht sich, nach ihren fachlichen Qualifikationen eingesetzt zu werden (96 %) sowie Trainings- und Weiterbildungsmöglichkeiten (84 %) zu erhalten. Jeder Vierte (24 %) erhofft sich außerdem ein innovatives, kreatives Arbeitsumfeld.

Einmal im Job fühlen sich andererseits zwei Drittel (68 %) unterfordert, da sie Aufgaben erledigen müssen, für die nach ihrem Empfinden kein Studium nötig gewesen wäre. Ein deutlicher Anstieg im  Vergleich zum Vorjahr (plus 9 %), der Folgen haben kann: Denn werden Absolventen nach ihren Qualifikationen und Fähigkeiten eingesetzt, ist die Wahrscheinlichkeit fünfmal größer, dass sie fünf oder mehr Jahre bei ihrem ersten Arbeitgeber bleiben.

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