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Luft nach oben: Automatisierung braucht mehr Mitarbeiterbefähigung

Quelle: Capgemini

In den meisten Unternehmen  hat Automatisierung die Produktivität bisher nicht in dem Maß gesteigert, wie erwartet. Der Schlüssel zur Ausschöpfung des vollen Potenzials liegt in der entsprechenden Befähigung der Mitarbeiter.

Zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie „Upskilling your workforce for the age of the machine“ des Capgemini Research Institute. Die Studienergebnisse legen nahe, dass Unternehmen mit 50.000 oder mehr Mitarbeitern, die ihre Qualifizierungsprogramme bereits vollständig ausgerollt haben, pro Jahr rund 90 Millionen Dollar mehr einsparen können als jene, die ihre Beschäftigten nicht weiterbilden oder dies erst noch tun werden.

Als Hauptmotiv ihrer Automatisierungsinitiativen nannten weltweit 37 Prozent der Befragten eine Produktivitätssteigerung ihrer Mitarbeiter. Dies war die zweithäufigste Angabe; 43 Prozent nannten eine erhoffte Qualitätsverbesserung als Hauptmotiv.

Automatisierung noch nicht auf Zielkurs

Dennoch sagten 58 Prozent der Führungskräfte und 54 Prozent der Mitarbeiter, dass Automatisierung die Produktivität in ihrem Unternehmen noch nicht gesteigert hat.

Auch in Deutschland teilt diese Einschätzung die Mehrheit der Führungskräfte (53 %) und Mitarbeiter (57 %). Besonders verbreitet ist sie in Schweden, den Vereinigten Staaten und China, wo 66, 64 bzw. 61 Prozent der Führungskräfte sagen, dass Automatisierung die Produktivität der Mitarbeiter nicht erhöht hat.

Claudia Crummenerl, Managing Director People and Organization bei Capgemini Invent, fasst zusammen: „Automatisierung bietet großen Unternehmen erhebliche Vorteile – aber nur, wenn die Implementierung der Technologie mit einer Befähigung der Menschen einhergeht. Zu viele große Unternehmen hinken bei der Entwicklung von Qualifizierungsprogrammen hinterher und können dadurch die mögliche Produktivitätssteigerung nicht vollständig abrufen.“

Qualifizierung erhöht Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit

Quelle: Capgemini

Unter den Unternehmen, die Automatisierung mit einem Befähigungsprogramm kombinieren, herrscht zudem mehr Optimismus hinsichtlich der Auswirkungen der Automatisierung: Unter ihnen gab international sowie in Deutschland mit 52 Prozent die Mehrheit der Mitarbeiter und ein hoher Anteil der Führungskräfte (46 %) an, dass Automatisierung die Produktivität verbessert hat – verglichen mit nur 42 Prozent der Mitarbeiter und 35 Prozent der Führungskräfte in den Unternehmen, die noch nicht im großen Maßstab mit der automatisierungsbezogenen Weiterbildung begonnen haben. Darüber hinaus waren die Mitarbeiter in Unternehmen mit laufenden Qualifizierungsprogrammen positiver eingestellt hinsichtlich ihrer Karriereentwicklung (76 vs. 60 %), Arbeitsmoral (48 vs. 33 %) und Übernahme neuer Verantwortlichkeiten (57 bis 46 %).

Mitarbeiterbefähigung: Deutsche Unternehmen über Durchschnitt

Trotz der offensichtlichen Bedeutung von passender Qualifizierung haben bisher nur wenige große Unternehmen ein ausgereiftes Programm für ihre Mitarbeiter: International sind es 10 Prozent, in Deutschland immerhin 16 Prozent.

Auch die übrigen deutschen Großunternehmen sind bereits einen Schritt weiter als der internationale Durchschnitt: Während weltweit 9 Prozent noch nicht damit begonnen haben, einen Lehrplan zu entwerfen, arbeiten alle deutschen Unternehmen zumindest daran; abgeschlossen haben diesen Schritt hierzulande fast 90 Prozent, international nur 70 Prozent. Vor dem Aufbau einer Fortbildungs-Infrastruktur und Partnerschaften stehen weltweit noch 35 Prozent, aber nur 14 Prozent der deutschen Unternehmen. Ein Pilotprojekt dazu haben international erst 25 Prozent gestartet, in Deutschland bereits 37 Prozent der Unternehmen.

Den laufenden Qualifizierungsprogrammen stehen die Mitarbeiter teilweise kritisch gegenüber: Eine klare Mehrheit (61 %) fand, dass diese ihnen nicht bei der Entwicklung von Fähigkeiten geholfen haben, mit denen sie ihre Arbeit effizienter erledigen könnten. Zudem gaben 54 Prozent an, dass die Programme ihnen keine Fähigkeiten vermittelt haben, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert hätten. Allerdings meinten 62 bzw. 54 Prozent der befragten Mitarbeiter, dass die Programme ihnen „geholfen haben, einer Entlassung zu entgehen“ und „repetitive Tätigkeiten loszuwerden“.

Mitarbeiter stehen bei Automatisierung hinten an

Die Autoren der Studie stellen fest, dass viele Unternehmen sich schwer damit tun, die Auswirkungen der Automatisierung auf die Belegschaft zu analysieren – doch diesen Aspekt zu erfassen, ist ein wichtiger erster Schritt. Fast 60 Prozent der Führungskräfte aus HR- und Business bekennen, dass die Auswirkungen der Automatisierung auf die Belegschaft keine wichtige Rolle in ihrer Automatisierungsvision und -strategie spielen. Darüber hinaus kommunizieren Führungskräfte nur selten mit ihren Mitarbeitern über Automatisierungsinitiativen, Weiterbildungspläne und neue Rollen. Weniger als die Hälfte der befragten Führungskräfte (45 %) sprechen mit ihren Mitarbeitern über die Automatisierungsinitiativen ihres Unternehmens, ihre Bedeutung und über potenzielle Auswirkungen auf die Mitarbeiter.

Eberhard Schröder, Direktor HR Services bei dem deutschen Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen, bekräftigt: „Ich glaube, dass Change Management zur Adaption der Mitarbeiter an die Automatisierung mindestens die Hälfte zum Erfolg einer Automatisierungsstrategie beiträgt. Und Kommunikation ist eine tragende Säule des Change Managements. Führungskräfte müssen rausgehen und aus der Perspektive des Unternehmens heraus kommunizieren: Was tun wir, warum tun wir es und in welchem Umfang?“

„Es steht außer Frage, dass die Automatisierung die Belegschaft und Jobprofile verändern wird; entscheidend dabei ist, dass Unternehmen schneller damit vorankommen, sich und ihre Mitarbeiter darauf vorzubereiten“, so Crummenerl.

Methodik: Das Capgemini Research Institute hat 800 Führungskräfte und 1.200 leitende und nicht-leitende Angestellte befragt. Diese Befragten stammten aus über 400 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von jeweils über einer Milliarde US-Dollar. Capgemini führte auch Einzelinterviews mit zahlreichen Führungskräften und Wissenschaftlern.

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