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Deutsche Familienunternehmen: Nur eine Minderheit nutzt bereits aktiv Digitaltechnologien

55 Prozent der deutschen Familienunternehmen fühlen sich auf die Herausforderungen der digitalen Transformation vorbereitet. Aber nur eine Minderheit nutzt faktisch bereits Technologien wie Cloud Computing, Big Data oder Anwendungen für Künstliche Intelligenz.

Quelle: Andersch AG/(c) WHU

Das hat die Studie  „Digitale Transformation im Mittelstand und in Familienunternehmen“ der WHU Otto Beisheim School of Management ergeben, die untersucht hat, welche digitalen und IT-Technologien deutsche Familienunternehmen heute in der Realität einsetzen. Die Studie wurde gefördert von der Beratungsgesellschaft Andersch.

Einige Ergebnisse

– Weniger als ein Drittel nutzen Business-Intelligence- (31 %) und Big Data- (19 %) Anwendungen.
– Industrie 4.0-Technologien kommen nur bei 13 Prozent zum Einsatz.
– Künstliche Intelligenz und Blockchain werden nur vereinzelt wirklich bereits genutzt.

Die Studie teilt die Technologien in vier verschiedene Kategorien ein: Basis-IT, fortgeschrittene IT, moderne IT und Zukunftstechnologie. „Erschreckend ist, dass selbst in der Anwendung der Basis-IT nur knappe Mehrheiten diese Anwendungen überhaupt im Einsatz haben“, sagt Professorin Nadine Kammerlander, Leiterin des Lehrstuhls Familienunternehmen an der WHU, die diese Studie inhaltlich begleitet hat. So nutzen 66 Prozent der Unternehmen ein ERP-System zur Steuerung von Geschäftsprozessen und Lieferanten, 55 Prozent versenden Rechnungen elektronisch, 52 Prozent nutzen soziale Netzwerke und die Hälfte (50 %) haben ein digitales System für das Management von Kundenbeziehungen eingeführt.

In der von der WHU als ‚Fortgeschrittene IT‘ kategorisierte Anwendungen kommen die Folgenden zum Einsatz: 47 Prozent setzen Web Analytics zur Analyse der Nutzer ihrer Websites ein, 39 Prozent nutzen digitale Weiterbildung, 38 Prozent Cloud Computing und 31 Prozent Business-Intelligence-Anwendungen.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

„50 Prozent der Unternehmen haben uns mitgeteilt, dass sie über die Anwendungsmöglichkeiten und das Leistungspotenzial moderner Informationstechnologie schon Bescheid wissen“, sagt Kammerlander. „Als große Hürde wurde aber genannt, dass insbesondere das Fehlen technologischer Schnittstellen zwischen existierenden Anwendungen und neuen Technologien in der Praxis die Einsatzmöglichkeit limitieren würde. Ebenso wurden als Schwierigkeiten Anschaffungs- und Einführungskosten und fehlendes Spezial-Wissen beschrieben.“

Schaue man sich moderne IT-Anwendungen und Zukunftstechnologien an, verringere sich die Zahl der Unternehmen, die diese auch anwenden noch einmal deutlich. Weniger als ein Drittel (31 %) haben ein digitales Wissensmanagement eingeführt, Big Data 19 Prozent, eine vorausschauende Instandhaltung haben 18 Prozent im Einsatz, und Anwendungen, die man im Allgemeinen mit der Industrie 4.0 in Zusammenhang bringt, haben gerade einmal 13 Prozent im aktiven Gebrauch. Tools, die virtuelle Realität einsetzen, nutzen neun Prozent, fünf Prozent Künstliche Intelligenz und die Zukunftstechnologie Blockchain kommt faktisch nur bei drei Prozent der befragten Unternehmen zum Einsatz.

Strategische Partnerschaften und Kollaborationen können helfen

Kammerlander sagt: „Zusammenfassend kann man sagen: All das, was heute im öffentlichen Diskurs nahezu omnipräsent erscheint, haben deutsche Familienunternehmen nur in einer – teils prozentual einstelligen – Minderheit im Einsatz. Wegweisende Technologien wie Blockchain oder KI sind sogar Einzelfälle. Viele Familienunternehmen agieren hier ganz nach ihrer DNA: Erst wenn sie vom Einsatz einer Technologie vollends überzeugt sind und glauben, dass sich diese auch rechnet, investieren sie. Das ist eine durchaus legitime Strategie. Allerdings führt das gleichzeitig dazu, dass sie keine Erfahrungen mit den neuen Trends und Technologien abseits von Vorträgen und der Presselektüre sammeln können. Die Minderheit, die heute bereits neue Technologien nutzt und ausprobiert, wird in der Zukunft eher dazu fähig sein, notwendige Veränderungen schneller, gezielter und effizienter herbeizuführen. Die Mehrheit der Familienunternehmen könnte im schlimmsten Fall die möglichen Wettbewerbsvorteile der Zukunft schon heute aufgeben.“

Mike Zöller, Partner der auf Restrukturierung spezialisierten Beratungsgesellschaft Andersch bringt durchaus Verständnis für die Probleme der Familienunternehmen auf. „Unternehmen, mit denen wir arbeiten, fehlt es oft an der notwendigen Expertise und Innovationsoffenheit, um sich – teils auch spielerisch und explorativ – mit neuen Technologien zu beschäftige“, sagt Zöller. „Nicht jede neue Technologie wird unmittelbar Umsatz oder Gewinn steigern. Es geht vielmehr darum, heute zu investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wer die Expertise nicht komplett selbst aufbauen kann oder will, sollte sich nach strategischen Partnern und Kollaborationen umschauen. Diese ermöglichen es, auch bei limitierten Ressourcen neue digitale Anwendungen zu auszuprobieren, zu analysieren und sie auf ihre Einsatzfähigkeit zu überprüfen. Gleichzeitig kann eine solche Öffnung der Schritt zu einer neuen Innovationskultur sein.“

 

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