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Die Reise von der Unschuld zur Erfahrung: Microsoft bringt Cloud-Dienste in deutsches Rechenzentrum

Microsoft will ab dem zweiten Halbjahr 2016 nach und nach die Cloud-Services Azure, Office 365 und CRM-Online aus deutschen Rechenzentren heraus bereit stellen. Der Konzern wird in den kommenden Jahren hierfür einen dreistelligen Millionenbetrag investieren. Mit im Boot ist die Deutsche Telekom/T-Systems – unter anderem als Datentreuhänder.

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Von Axel Oppermann, Analyst und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Avispador GmbH

„Frag‘ die Kunden, was sie wollen und sie wollen schnellere Pferde.“ Frag die deutschen Entscheider, was sie in Bezug auf Cloud-Computing wollen und sie wollen deutsche Cloud-Datacenter. Microsoft kommt dem – mehr oder weniger – nach und spielt ein Wunschkonzert für deutsche Unternehmen.

So haben Anwenderunternehmen ab dem zweiten Halbjahr 2016 die Option, die Cloud-Services Office 365, Azure und CRM-Online auch aus Deutschland – aus einem deutschen Rechenzentrum heraus – zu beziehen. Die Standorte Frankfurt und Magdeburg bilden das geografische Rückgrat für die Dienste, die nicht durch Microsoft selbst bereitgestellt werden, sondern durch einen deutschen Dienstleister – die Deutsche Telekom/T-System. Ferner wird auf ein Datentreuhänder-Modell gesetzt. Dieses Treuhänder-Modell soll dafür sorgen, dass die erforderlichen Daten in Deutschland sind und bleiben. Mitarbeiter von Microsoft haben keinen (direkten) Zugriff auf die Systeme. Die technische und physische Kontrolle übernimmt der deutsche Dienstleister – er hat die alleinigen Zugriffsrechte.

Warum geht Microsoft diesen Schritt?

Es geht um die Erschließung von Märkten! So wie nahezu alle anderen großen Cloud-Protagonisten glauben auch die Verantwortlichen bei Microsoft, dass jetzt brandaktuell der Cloudmarkt verteilt wird und sie deshalb schnellstmöglich viele Kunden an das eigene Unternehmen binden müssen.

Deswegen ist es auch für ein Unternehmen wie Microsoft, das seine Schäfchen beizeiten ins Trockene gebracht hat, kein Problem, die übergeordnete Strategie einer weltweiten intelligenten Cloud-Plattform für Teilmärkte anzupassen, Millionen von Euro zu investieren und dies nicht nur für einen Teilmarkt– wie hier den deutschen Markt – zu tun.

Die Strategie von Microsoft ist letztlich bloßes Absatzmarketing; eine Umsetzung von Go-to-Market-Strategien und Produktportfolio-Anpassungen, die auf Denkmustern des letzten Jahrhunderts basieren und exzellent exekutiert werden.

In anderen Worten: Microsoft macht es wie immer – es wird ein Markt erarbeitet. Egal wie gut oder schlecht ein Produkt oder eine Strategie auch ist: Es wird so lange angepasst, so lange entwickelt, so lange gefeilt, bis die Bedarfe einer breiten Masse getroffen werden oder durch geschicktes Produktbundling signifikante Marktanteile gewonnen werden.

Im Anschluss gilt es durch Up- und Cross-Sell sowie entsprechendes Preismanagement die Investitionen zu refinanzieren und dann noch mehr herauszuholen. Ob das in einem Modell funktioniert, welches durch das eigene Design nur bedingt skaliert, sei dahingestellt. Dass Microsoft weitreichendere Strategien verfolgt, die auf eine entsprechende Anpassung bzw. Regulierung von Gesetzen und Verordnungen abzielt, ist mehr als wahrscheinlich; dennoch bleibt die Entwicklung abzuwarten.

Dabei setzt Microsoft auf die vier zentralen Prinzipien der Cloud: Sicherheit, Datenschutz, Transparenz und Compliance. Cloud-Computing ist dabei auch eng mit Vertrauen verknüpft, welches neben der technischen Komponente insbesondere durch hohe Standards bei den Rechten des Einzelnen und dessen Daten erarbeitet wird.

Was haben Anwenderunternehmen davon?

Insbesondere Anwenderunternehmen, die ihren eigenen moralischen Kompass stark eingenordet haben, die mit sensiblen Daten arbeiten oder einfach nur auf der sicheren Seite sein wollen, bekommen durch den Service in weiten Teilen eine neue Sourcing-Quelle. Profitieren können davon beispielsweise Steuerberater und Anwälte, aber auch mittelständische Unternehmen aus – und mit Zentrierung auf – Deutschland.

Entscheiden sich Unternehmen für den Service, müssen sie im Durchschnitt 30 Prozent „Premiumaufschlag“ für die aus Deutschland heraus bereitgestellten Dienste bezahlen. Ein mehr als legitimer Aufschlag. Vor allem dann, wenn die bereitgestellten agilen Services mit Lookalike-Lösungen anderer Hoster oder Anbieter verglichen werden. Aber auch hier gilt: Unternehmen werden nur dann profitieren, wenn sie auch sinn- und mehrwertstiftende Lösungen und Szenarien auf Basis der Technologien anbieten.

Was bleibt

Solange reine Effizienzüberlegungen zur Auswahl von Cloud-Services zugrunde gelegt werden, ist Deutschland unterlegen. Zu hoch sind die Kosten für Energie oder Betrieb der Rechenzentren. Für viele Entscheider in Anwenderunternehmen ist der Datenschutz völlig zu Recht ein höchst relevantes Thema, das zwar in Deutschland gut, aber noch nicht gut genug umgesetzt wird. Auch wenn der Aspekt Datenschutz zu oft nur als Vorwand und nicht als konkreter Einwand vorgebracht wurde, haben hier nahezu alle relevanten Cloud-Anbieter ein Hindernis identifiziert.

Da also alle davon ausgehen, dass das Cloud-Geschäft sehr profitabel sein wird, wird kräftig investiert. Es dauert halt eine gewisse Zeit, bis sich die Kosten durch Größenvorteile für die Betreiber reduzieren und die Margen steigen. Bis dahin gilt es, Marktanteile zu gewinnen und Kunden zu binden. Microsoft wird nach eigenen Angaben in den kommenden Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in dieses Projekt investieren. Kunden bekommen hierdurch eine neue Beschaffungsoption, Microsoft erschließt sich den Markt und ein zentrales Element des Cloud-Computings bleibt auf der Strecke.

Microsoft macht alles richtig, und dennoch das Falsche. Mit der Anpassung der Strategie folgt Microsoft einerseits den Bedürfnissen der Zielgruppe – ggf. auch deren Bedarfen, konterkariert dabei aber die eigene Vision der intelligenten Cloud.

Auf der anderen Seite geht es um die schnelle kurzfristige Erschließung der Märkte, denn der Anschluss an AWS soll geschafft werden.

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