Der Digitalverband Bitkom hat im Vorfeld der Beratungen der Datenschutzbeauftragten Deutschlands und der EU-Länder vor den Folgen gewarnt, sollten Datentransfers in die USA nach dem Safe-Harbor-Urteil des EuGH noch weiter eingeschränkt werden. „Europa darf keine Dateninsel werden. Deutsche Unternehmen sind international tätig und haben Töchter und Geschäftspartner in aller Welt. Wie sollen sie mit Niederlassungen und Kunden zusammenarbeiten, wenn sie kaum noch Daten austauschen dürfen?“, sagt Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Datenschutz und Sicherheit.
„Ein Wegfall weiterer, bislang legaler Wege der Datenübermittlung würde nicht nur die Digitalbranche schwer treffen, sondern die deutsche Wirtschaft insgesamt.“ Schon jetzt sei der personelle und finanzielle Aufwand für die Umstellung von Verträgen auf alternative Rechtsinstrumente wie Standardvertragsklauseln oder Corporate Binding Rules enorm hoch. Fallen auch diese Möglichkeiten weg, wären Datentransfers kaum noch möglich. „Daten ausschließlich in Europa zu verarbeiten, ist technisch in vielen Bereichen kaum umsetzbar“, sagte Dehmel. Zudem wäre eine Rückführung großer Datenbestände nach Europa langwierig und mit immensen Kosten verbunden. Nicht zuletzt wären Unternehmen in der EU von vielen innovativen Diensten abgeschnitten, wenn sie diese aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen nicht mehr nutzen würden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Oktober 2015 die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA auf Grundlage des Safe-Harbor-Abkommens untersagt. Aus Sicht der Richter bot Safe Harbor keinen Schutz gegen Zugriffsrechte von US-Behörden auf die Daten von EU-Bürgern, zum Beispiel im Fall einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Zudem gebe es für Europäer kaum Möglichkeiten, rechtlich gegen Datenzugriffe vorzugehen. Daher wurde Safe Harbor nicht als ausreichend erachtet, um ein nach EU-Recht angemessenes Datenschutzniveau für Datenübermittlungen in die USA herzustellen.
Die Unternehmen sind nach dem Urteil gezwungen, ihre Datentransfers in die USA auf alternative rechtliche Grundlagen zu stellen. Dabei kommen in erster Linie Standardvertragsklauseln der EU-Kommission zum Einsatz, die durch vorgegebene vertragliche Regelungen ein hohes Datenschutzniveau gewährleisten sollen. Eine weitere Alternative sind Corporate Binding Rules, die für den Datenaustausch innerhalb eines Unternehmens genutzt werden. Für die Umstellung auf diese anderen Rechtsinstrumente gilt eine Frist bis zum 31. Januar. Danach müssen Unternehmen bei Verstößen mit Bußgeldern der Datenschutzaufsichtsbehörden rechnen.
„Für die Unternehmen besteht auch nach einer Umstellung von Safe Harbor auf andere Regelungen keine Rechtssicherheit“, betonte Dehmel. Die EU-Datenschutzbehörden prüfen derzeit, welche Auswirkungen das Safe-Harbor-Urteil aus Ihrer Sicht auf Standardvertragsklauseln und Corporate Binding Rules haben. Anfang Februar wollen sie sich zu den generellen Möglichkeiten für Datentransfers in die USA äußern. „Die Datenschutzbehörden müssen das europäische Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten durchsetzen, aber gleichzeitig den Anforderungen einer global vernetzten Wirtschaft gerecht werden“, sagte Dehmel. Aus Sicht des Bitkom sind Standardvertragsklauseln und Corporate Binding Rules eine wirksame Grundlage, um den Datenschutz von EU-Bürgern in den USA zu gewährleisten. Die EU-Datenschutzaufsichtsbehörden dürfen die Verträge prüfen und Verstöße ahnden. Zudem haben die Betroffenen ein Beschwerde- und Klagerecht bei Aufsichtsbehörden und Gerichten in Europa.
Aus Sicht des Bitkom sollten Standardvertragsklauseln und Corporate Binding Rules bis auf weiteres gültig bleiben. Mittelfristig müssten sich die EU und die USA beim Zugriff auf Daten ihrer Bürger im Gastland auf vergleichbare rechtliche Standards verständigen. Entsprechende Vereinbarungen könnten in ein neues Safe-Harbor-Abkommen einfließen, über das derzeit zwischen EU-Kommission und US-Regierung verhandelt wird.
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