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IBM macht Quantencomputer über die Cloud für jedermann zugänglich

26707398921_7f40a0de24_zIBM Research macht erstmals einen Quantencomputer öffentlich zugänglich. Ab sofort kann jeder Interessierte mittels Desktop-Computer oder Mobilgerät über die IBM Cloud auf einen Quantenprozessor bestehend aus fünf Quantenbits (Qubits) zugreifen und Experimente durchführen. Der freie Zugang soll Innovationen hin zum praktischen Einsatz von Quantencomputern beschleunigen.

Die IBM Quantum Experience Plattform bietet Nutzern verschiedene Möglichkeiten, Quantencomputing auszuprobieren und zu entdecken: Sie können verschiedene Algorithmen testen und Experimente auf dem Quantenprozessor durchführen, mit den individuellen Qubits arbeiten sowie in Online-Seminaren und Simulationen mehr darüber erfahren, was Quantencomputer alles möglich machen könnten.

Der von IBM zur Verfügung gestellte Quantenprozessor befindet sich am IBM T.J. Watson Research Center, dem Hauptsitz der IBM Forschung in Yorktown Heights, New York. Er besteht aus fünf supraleitenden Qubits auf einem Siliziumchip. Die Qubits wurden mittels eines Standardverfahrens der Siliziumtechnologie hergestellt. Die hierbei verwendete Architektur von IBM Research erlaube die Skalierung auf größere Quantensysteme und sei der führende Ansatz zum Bau eines universellen Quantencomputers. Ein universeller Quantencomputer kann für die Berechnung jeder Aufgabe programmiert werden und für einige wichtige Anwendungen in Wissenschaft und Industrie exponentiell schneller sein als klassische Computer.

Heute gibt es noch keine derartigen Computer, aber IBM erwartet, dass mittelgroße Systeme mit 50-100 Qubits im nächsten Jahrzehnt realisiert werden können. Ein Quantencomputer mit gerade einmal 50 Qubits könnte durch keinen Superrechner der gegenwärtigen Top-500-Liste emuliert werden. Dies zeige  das enorme Potential der Technologie. Wissenschaftler arbeiten daher mit Hochdruck daran, diese Rechenleistung nutzbar zu machen. Anwendungen bei Optimierungsproblemen und der chemischen Forschung sollen voraussichtlich die ersten sein, die durch Quantencomputer massiv beschleunigt werden könnten.

„Quantencomputer unterscheiden sich erheblich von heutigen Computern – nicht nur in ihren Bestandteilen, sondern besonders in dem, was sie können. Die Quantentechnologie wird gerade zur Realität und mit ihr werden die Möglichkeiten von computergestützten Berechnungen weit über das heute Vorstellbare hinaus erweitert“, sagt Arvind Krishna, Senior Vice President und Direktor von IBM Research. „Dies ist die Geburtsstunde des Cloud-basierten Quantencomputings. Indem wir der Öffentlichkeit Zugang zu IBMs experimentellen Quantensystem geben, wird es für Forscher und die wissenschaftliche Gemeinschaft einfacher, Innovationen im Bereich der Quantentechnologie voranzutreiben und neue Anwendungsfelder zu entdecken.“

Quantenprozessoren sind in einem „Tiefsttemperatur-Kühlschrank“

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Arbeiten am „Kühlschrank“. Quelle: IBM

Quanteninformationen seien sehr empfindlich, da Qubits bei der Wechselwirkung mit Materie und elektromagnetischer Strahlung ihre Information verlieren. Um dies zu vermeiden, befinden sich Quantenprozessoren in einem „Tiefsttemperatur-Kühlschrank“. Den IBM-Wissenschaftlern gelangen erst im letzten Jahr einige wichtige Entwicklungsfortschritte sowohl in der Herstellung der Qubits als auch bei deren elektronischen Ansteuerung, um so den Nutzern der IBM Quantum Experience Plattform erstmals einen Prozessor mit fünf Qubits zur Verfügung zu stellen.

Die Forscher entwickelten ein dynamisches Benutzerinterface, das es Nutzern erlaube, über die Cloud auf den Quantencomputer zuzugreifen. Für das Team sei dies nur der Beginn einer neuen Anwendergemeinschaft, die sich mit Quantencomputern und ihren Fähigkeiten befasst. Zukünftig sollen die Nutzer die Möglichkeit erhalten, mit ihren Ergebnissen zu dieser Community auf der IBM Quantum Experience Plattform beizutragen. Die IBM Wissenschaftler wollen zukünftig ihre neuesten Forschungsfortschritte dort ebenfalls veröffentlichen.

Nach und nach sollen weitere Qubits und neue Prozessor-Generationen zu IBM Quantum Experience hinzugefügt werden.

Erklärung: Was ist Quantencomputing?

Ein Quantenbit kann ebenfalls „1“ oder „0“, aber auch beide Zustände gleichzeitig annehmen. Dies wird als Superposition oder beispielsweise als „0+1“ bezeichnet. Das Vorzeichen dieser Superposition ist wichtig, da beide Zustände „0“ und „1“ eine Phasenbeziehung miteinander haben. Diese Superpositionseigenschaft ermöglicht dem Quantencomputer, die richtige Lösung unter Millionen von Möglichkeiten viel schneller als konventionelle Computer herauszusuchen. Da Quanteninformationen so empfindlich sind, ist die Korrektur von Quantenfehlern eine wesentliche Voraussetzung für den Bau eines universellen Quantencomputers.

Letztes Jahr präsentierten IBM Wissenschaftler erstmals einen Schaltkreis aus vier, in einem quadratischen Gitter angeordneten Quantenbits. Dieser entspricht der kleinsten vollständigen Einheit eines skalierbaren Quantencomputers mit Quantenfehlerkorrektur. Denn mit dieser Anordnung können die zwei Arten von Quantenfehlern (sogenannte Bit-flip- und Phase-flip-Fehler), die in jedem Quantencomputer auftreten können, entdeckt und gemessen werden.

Nun gelang den Wissenschaftlern durch die Kombination von fünf Qubits in der Gitterstruktur ein weiterer wichtiger Schritt hin zum Universalquantencomputer. Die Anordnung mit insgesamt fünf Qubits erlaubt eine Messung der Parität (binäre Quersumme) von vier benachbarten Qubits. Dies ist eine der wichtigsten logischen Operationen in Quantencomputern und die Basis von vielen Protokollen zur Quantenfehlerkorrektur.

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