Um Entscheidungen zu beschleunigen, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen und mit dem voll vernetzten Kunden Schritt zu halten, müssen Unternehmen beweglicher und anpassungsfähiger werden. Dafür brauchen sie nicht nur neue Technologien, sondern auch eine neue Führungskultur. Doch diese Erkenntnis hat sich in Deutschland längst nicht überall durchgesetzt.
Wie muss sich Führung in der digitalen Arbeitswelt verändern? Was müssen Manager in Zukunft leisten? Und wie beeinflusst der Einsatz moderner IT das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeitern? Um das herauszufinden hat das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest im Auftrag von Microsoft Deutschland mehr als 1.000 Beschäftigte dazu befragt, was sie von ihren direkten Vorgesetzten erwarten.
Die Mehrheit der Befragten hätte gern besseren Zugang zu Informationen (85 %) und regelmäßigeres Feedback (84 %), sie möchte selbständiger Entscheidungen treffen (85 %) und flexibler arbeiten (71 %). Gleichzeitig wünschen sie sich mehr Unterstützung von ihren Chefs (60 %).
„Die Umfrageergebnisse belegen, dass die Führungskultur in deutschen Unternehmen vielfach weder zu den Wünschen der Arbeitnehmer noch zu den Anforderungen der digitalen Wirtschaftswelt passt“, erklärt Markus Köhler, Senior Director Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Deutschland.
Wie Führungskräfte diese Erwartungen im Arbeitsalltag umsetzen können, diskutierten Experten aus Theorie und Praxis bei einem Lunch Talk von Microsoft in Berlin. „Manager müssen sich umstellen und brauchen ein neues Selbstverständnis“, erklärte dabei auch Max Neufeind, Referent für zukunftsgerechte Gestaltung der Arbeitswelt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Der digitale Wandel verändert die Anforderungen an Führung, die erfolgreiche Führungskraft von morgen ist kooperationsfähig, empathisch und versteht es, mit der Vielfalt der Ansprüche der Beschäftigten umzugehen.”
Verantwortung delegieren und Freiraum schaffen
„Damit Unternehmen schneller auf Marktveränderungen reagieren können, müssen Führungskräfte mehr Verantwortung in die Teams abgeben, die nahe am Markt und am Kunden agieren und Mitarbeitern mehr Freiraum für eigene Entscheidungen überlassen. Manager sollten in Zukunft mehr coachen und weniger kontrollieren“, sagt Köhler. Das wünschen sich auch die Mitarbeiter selbst. Laut TNS-Umfrage wollen 85 Prozent selbständiger arbeiten, gleichzeitig erwarten 60 Prozent mehr Unterstützung von ihrem Chef. Allerdings ist nicht einmal jeder zweite Mitarbeiter (41 %) mit seinem Vorgesetzten in seiner Rolle als Coach und Mentor sehr oder gar vollkommen zufrieden.
Mitarbeitern vertrauen und Hierarchien abbauen
Birte Gall, Gründerin und Geschäftsführerin der Berlin School of Digital Business erklärt: „Entscheidungen müssen unter zunehmender Komplexität, Unsicherheit und Geschwindigkeit getroffen werden. Führungskräfte müssen daher lernen, viel mehr in die Fähigkeiten und Lösungskompetenzen ihrer Mitarbeiter zu vertrauen. Sie müssen dazu Kontrolle abgeben.“ Noch radikaler formuliert Marco Luschnat, Geschäftsführer der Hamburger Ministry GmbH seinen Anspruch an Führung 4.0: „Bedingungslose Transparenz und das Loslassen von Allmachtphantasien sind der Schlüssel zum Aufbau von nachhaltig funktionierenden Organisationsstrukturen.“ Im eigenen Unternehmen setzt Luschnat diese Forderung konsequent um, indem er Hierarchien weitgehend abbaut und Verantwortung in die Teams verlagert.
Wissen transparent machen und Vernetzung fördern
Damit Mitarbeiter selbständiger handeln und Entscheidungen treffen können, müssen Unternehmen allerdings auch die richtigen organisatorischen und technischen Voraussetzungen schaffen, betont Köhler. Dazu gehört, dass das Wissen der gesamten Organisation transparent zur Verfügung steht und optimale Bedingungen für Zusammenarbeit und Vernetzung geschaffen werden. Doch auch da, wo aktuelle Technik zur Verfügung steht, wird sie von Führungskräften nicht unbedingt sinnvoll eingesetzt.
So finden laut TNS-Umfrage nur 20 Prozent, dass der Einsatz moderner IT dazu führt, dass sie schneller Feedback bekommen. Und nur 19 Prozent sagen, dass ihnen ihr Vorgesetzter mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit oder Arbeitsort ermöglicht. Köhler: „Neue Technologien helfen uns, Wissen transparenter zu machen, flexibler zu arbeiten und besser zu kommunizieren – aber man muss das alles auch wirklich wollen und es täglich leben. Die Zahlen sprechen dafür, dass der notwendige Wandel in den Köpfen noch nicht stattgefunden hat.“