Personalabteilungen beteiligen sich an der digitalen Transformation ihres Unternehmen häufig nicht besonders intensiv – ein Grund dafür könnten falsche Einschätzungen seitens der Personaler sein, welchen Beitrag sie für ihr Unternehmen hierbei leisten sollten.
„Die Personaler lassen sich abhängen – und werden abgehängt, weil sie im digitalen Veränderungsprozess nicht als relevanter Partner des Managements wahrgenommen werden. Das ist ein großes Problem, denn die digitale Transformation in den Unternehmen kann nur mit den Menschen gelingen. Digitale Technik ohne Anwender bleibt ungenutztes Potenzial – hier ist HR gefordert“, sagt Walter Jochmann, Geschäftsführer des Forschungsinstituts der Personal- und Managementberatung Kienbaum und der Wirtschaftshochschule International School of Management (ISM).
Tatsächlich sehen in der Studie „Digitalisierung@HR“ des Kienbaum Institut@ISM für Leadership & Transformation 77 Prozent der Befragten den Vorstand und 28 Prozent die IT als Treiber für die digitale Transformation. Die eigene Abteilung hingegen sehen nur 14 Prozent in der Verantwortung. Das liege vermutlich auch daran, dass nur die wenigsten HR-Abteilungen eine digitale Teilstrategie erarbeitet haben, die konkrete Ziele und Projekte festhält und misst.
Personaler schätzen falsch ein, welchen Beitrag sie leisten müssen
Was Personalabteilungen zum Gelingen der digitalen Transformation ihres Unternehmens beitragen können, schätzen die Personaler selbst völlig anders ein als unabhängige Experten: Personalentscheider in den befragten Unternehmen halten Arbeitgeberattraktivität, kontinuierliches Lernen und Qualifizierung sowie optimierte Rekrutierungsprozesse für die drei Personalthemen, deren Bedeutung durch die Digitalisierung am meisten zunehmen werden.
„Wir haben eine multiple Regressionsanalyse durchgeführt, die zeigt, dass die Personalfunktion im Rahmen der Digitalisierung nur drei Beiträge leisten kann, die auch einen messbaren Effekt auf die Unternehmensleistung haben – diese decken sich allerdings nicht mit der Einschätzung der befragten Personalabteilungen“, sagt der Akademische Leiter des Instituts Prof. Dr. Stefan Diestel.
Drei Personalinstrumente, auf die es ankommt
Die drei Personalinstrumente, auf die es demnach in der digitalen Unternehmenstransformation wirklich ankommt, sind:
1. Change Management, inklusive interne Kommunikation und Agenda Setting
2. Begleiten des Kulturwandels
3. Einführung von Kollaborationsplattformen für virtuelle Führung
„Die Gegenüberstellung der Expertenmeinung und der Umfrage-Ergebnisse zeigt: HR sieht die Digitalisierung bisher nur als Möglichkeit zur Selbstoptimierung von Prozessen. Nur die wenigsten erkennen die Chance, an der strategischen Entwicklung des Unternehmens mitzuwirken“, erklärt Diestel die Ergebnisse der Studie.
Diese Technologien werden Unternehmen und Personalarbeit verändern
Die Sozialen Medien sind nach Meinung der Personaler diejenige digitale Neuerung, die die größte Auswirkung auf ihren Bereich haben wird: 84 Prozent der befragten Personaler sind dieser Meinung. Die unabhängigen Experten, die das Institut zusätzlich befragt hat, sind hingegen überzeugt, dass sogenannte People und Predictive Analytics, die digitale Analyse von Personaldaten und Vorhersage von Mustern, die Personalarbeit zukünftig am stärksten prägen werden. Sowohl die befragten Personaler als auch die Experten sind sich allerdings einig, dass mobile Applikationen sowohl für die Unternehmen insgesamt als auch für den Personalbereich immer wichtiger werden.
„Die digitale Revolution bietet sowohl der Personalfunktion als auch den Unternehmen insgesamt so vielfältige Möglichkeiten, dass es unerlässlich ist zu priorisieren, auf welche Technologien man zukünftig setzt. Die Studie zeigt, dass viele Personaler hier noch nicht die richtigen Prioritäten setzen, um die wirklich relevanten Innovationen voranzutreiben“, sagt Walter Jochmann.
Hybride HR-Funktionen leisten größten Wertschöpfungsbeitrag
Diejenigen HR-Bereiche steuern am meisten zum unternehmerischen Erfolg bei, die sowohl einen hohen Digitalisierungsgrad ihrer eigenen Produkte und Prozesse aufweisen als auch in der Gesamtorganisation nah am Tagesgeschäft positioniert sind: Diese sogenannten „Hybrids“ sind eine von vier Gruppen von HR-Funktionen, die die Studienautoren mittels einer Clusteranalyse identifiziert haben. Daneben lassen sich die untersuchten Personalbereiche in die Cluster „Conservatives“ (halten an alten Strukturen und Prozessen fest), „Technophiles“ (investieren aktuell stark in Digitalisierung, verpassen es jedoch, sich entlang des Tagesgeschäfts auszurichten) und „Entrepreneurs“, die eine besonders intensive unternehmerische Ausrichtung haben, aber die technologische Dimension noch zu wenig im Blick haben.