Es war eine der Schlagzeilen dieses Sommers: Erstmals hat es einen schweren Unfall mit einem selbstfahrenden Elektroauto gegeben. Ein Fahrzeug kollidierte bei eingeschalteter Autopilotfunktion mit einem Lkw. Laut Hersteller konnten die Frontkameras den Sattelzug nicht richtig erkennen. Zudem hatte eine falsche Radarmessung die Vollbremsung verhindert. Fraunhofer-Forscher arbeiten nun an einer Weiterentwicklung der LiDAR-Technologie (Light Detection and Ranging). Sie soll wesentlich mehr Sicherheit beim automatisierten Fahren bieten.
„Die Genauigkeit der Kamera ist von der jeweiligen Lichtsituation abhängig. In diesem Fall hat sie versagt. Das Radarsystem hat das Hindernis zwar erkannt, konnte es aber nicht genau lokalisieren und verwechselte den Lkw mit einem Wegweiserschild“, sagt Werner Brockherde, Geschäftsfeldleiter „CMOS Image Sensors“ am Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg.
Die LiDAR-Technologie (Light Detection and Ranging) schaffe in Kombination mit anderen Komponenten die Voraussetzung für das selbstständige Lenken, Bremsen und Beschleunigen. „LiDAR hätte die Unfälle wahrscheinlich verhindern können“, so Brockherde. Beim automatisierten Fahren könnte das System die bisher genutzte Kamera- und Radartechnik ergänzen, um eine komplette Aufnahme des Fahrzeugumfelds zu erhalten und so Hindernisse im Verkehr zu erkennen.
LiDAR-Systeme senden gepulste Laserstrahlen, die an der Oberfläche von Objekten reflektiert werden. Mit sogenannten Time-of-Flight-Kameras empfängt das LiDAR-Gerät die zurückgestreuten Signale: Anhand der Laufzeit, die das Licht zu den Objekten und zurück benötigt, werden Abstand, Position und Geschwindigkeit von Fahrzeugen, Radfahrern, Passanten oder Baustellen errechnet. Mit diesen Daten lassen sich Kollisionen vermeiden.
Lichtblitz erfasst komplette Szenerie
Beim traditionellen LiDAR wird ein einziger Laserstrahl auf einen rotierenden Spiegel gelenkt, der so die Umgebung im 360-Grad-Winkel erfasst. Beispielsweise verwendet Google die Technologie für seine „Driverless Cars“. Allerdings sind diese Spiegelvarianten sehr klobig und mechanisch fehleranfällig, daher entscheiden sich viele Automobilhersteller gegen das System und verbauen es nicht in Fahrzeugen.
Brockherde und seine Kollegen am IMS verwenden daher sehr empfindliche Sensoren, die ohne rotierenden Spiegel auskommen. Diese erfassen mit einem einzigen Laserblitz die gesamte Szenerie beziehungsweise Umgebung des Fahrzeugs. „Flash-LiDAR“ bezeichnen die Forscher ihre neue Generation von Sensoren, die aus mehreren speziellen am IMS entwickelten Photodioden – sogenannten Single-Photon Avalanche-Dioden (SPADs) – bestehen. „In unserem Fall wird nicht nur ein Punkt beleuchtet wie beim klassischen LiDAR, sondern ein rechteckiges Messfeld“, erläutert Brockherde.
Die SPADs seien hundert Mal empfindlicher als beispielsweise in Smartphones integrierte Photodioden. Der Vorteil gegenüber dem klassischen LiDAR-System: Sowohl Sensor als auch Auswertelektronik sind auf nur einem Chip verbaut. Dadurch fällt die Entwicklung besonders klein und flach aus. Automobilhersteller könnten sie daher problemlos etwa hinter der Windschutzscheibe oder dem Scheinwerfer verbauen. Ziel der IMS-Forscher ist es, mit Flash-LiDAR eine Entfernung von bis zu 100 Metern abzudecken.
„Die ersten Systeme mit unseren Sensoren werden bereits 2018 in Serie gehen“, sagt der Forscher. Auch für andere Anwendungsfelder wie Medizin, Analytik oder Mikroskopie sind die empfindlichen Sensoren interessant, da sie auch bei schwachen Lichtintensitäten funktionieren.