Deutschland mangelt es an digitalen Talenten für den digitalen Wandel. Mehr als die Hälfte der Nachwuchsführungskräfte der deutschen Wirtschaft finden nicht genügend digitale Fachkräfte. Dabei vernachlässigen sie häufig den internen Talentpool ihrer Unternehmen: Der Großteil der Unternehmen rekrutiert digitale Talente über externe Kanäle – nur die Hälfte zusätzlich auch intern.
Das belegt eine Analyse von The Boston Consulting Group (BCG) und WirtschaftsWoche auf Basis einer Befragung von 167 Nachwuchsführungskräften in Deutschland. Die Analyse ist Teil des Projekts „Vordenker“ von BCG und WirtschaftsWoche, bei dem es um die Ansichten und Erfahrungen der kommenden Führungsgeneration zu Fragen der Zeit geht.
„Wer glaubt, die Digitalisierung nur mit externen Talenten meistern zu können, der irrt“, sagt Rainer Strack, Senior Partner bei BCG und Experte für Personalmanagement und -entwicklung. „Es erfordert strategische Personalplanung, Lücken frühzeitig zu erkennen und Mitarbeiter entsprechend langfristig weiterzuentwickeln. Dieses Qualifizierungsthema wird eine Mammutaufgabe für Unternehmen und die Politik.“
Unternehmen rekrutieren digitale Talente vor allem extern
Mehr als die Hälfte (56 %) der befragten Nachwuchsführungskräfte geben an, dass sie nicht genügend digitale Talente für ihre Teams finden. Während der Ausbau des digitalen Talentpools zum Großteil (86 %) über externe Kanäle erfolgt, nutzen deutlich weniger interne Kanäle (52 %) gleichberechtigt mit den externen.
„Natürlich braucht es Impulse von außen. Doch kann es sich heute niemand mehr leisten, mit seinem Kompetenzprofil stehenzubleiben“, sagt Strack. „Mit Trends wie E-Learning, Gamification und Coding-Bootcamps hat das nächste Zeitalter der Weiterbildung längst begonnen.“
Vertrauen in die eigene digitale Kompetenz gering
Das Vertrauen der Nachwuchsführungskräfte in die digitalen Fähigkeiten des eigenen Unternehmens ist gering – und nimmt weiter ab. Als wesentliche Hürden sehen sie mangelnde Qualifikation des Personals (77 %), fehlendes Verständnis für die Digitalisierung (77 %) und unzureichende Infrastruktur (59 %).
Als wesentliche Fähigkeiten, die ein „Digital Leader“ braucht, um den digitalen Wandel voranzutreiben, betrachten die Nachwuchsführungskräfte „Soft Skills“: Vier von fünf (82 %) halten Offenheit gegenüber dem digitalen Wandel für besonders entscheidend. Ähnlich wichtig schätzen sie kulturelle Rahmenbedingungen (74 %) und Vertrauen zum Delegieren (66 %) ein.
Als deutlich unbedeutender sehen die Vordenker „Hard Skills“ wie technisches Know-how (30 %) an. „Ein Digital Leader überzeugt durch seine agilen Führungsqualitäten, nicht nur durch technische Skills“, sagt Rainer Strack. „Das technische Fachwissen sollten vor allem die Mitarbeiter mitbringen.“
Methodik: Die Befragten kommen sowohl aus großen Konzernen in Deutschland als auch aus mittleren und kleinen Unternehmen sowie Start-ups unterschiedlicher Branchen. Außerdem sind selbständige Unternehmer, Politiker, Sportler und Kunstschaffende Mitglieder der „Vordenker“. Die Befragten sind im Durchschnitt 39 Jahre alt; 24 Prozent sind Frauen. Sie sind aufgrund der Auswahl von WirtschaftsWoche, BCG und der „Vordenker“-Jury in die Gruppe aufgenommen worden.
Die Jury besteht aus Miriam Meckel, Chefredakteurin der WirtschaftsWoche, Carsten Kratz, BCG-Deutschland-Chef, Jürgen Heraeus, Aufsichtsratschef der Heraeus Holding, Helene von Roeder, Deutschland-Chefin der Credit Suisse, sowie Annette Winkler, Chefin von smart.
Weitere Informationen zur Vordenker-Initiative gibt es auf www.vordenker.com.