Neun von zehn Führungskräften großer deutscher Unternehmen messen der digitalen Befähigung ihrer Mitarbeiter eine besondere Bedeutung bei. Kein Wunder, denn ebenso viele glauben, dass sie ohne handfeste Digital Skills im Wettbewerb nicht mithalten können. Was vor dem Hintergrund dieser Einsicht allerdings verwundert, ist der auffallend geringe Nutzungsgrad digitaler Tools – hier haben kleinere Firmen eindeutig die Nase vorn.
Am Bewusstsein dafür, dass digitale Fähigkeiten zunehmend an Wettbewerbsrelevanz gewinnen, mangelt es in großen Unternehmen nicht: Laut einer aktuellen Studie von Sopra Steria Consulting zur digitalen Überforderung im Arbeitsleben sind Digital Skills in der Belegschaft für 93 Prozent aller Führungskräfte aus Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten unverzichtbar, um ihre Marktposition zu behaupten. In deutlichem Kontrast zu dieser Aussage steht jedoch der vergleichsweise spärliche Einsatz digitaler Tools in diesem Größensegment: Egal, ob Messenger, Videomeetings, mobile Anwendungen oder Social Media – in nahezu allen Kategorien digitaler Interaktion schneiden Großunternehmen signifikant schlechter ab als mittelständische Firmen, deren Mitarbeiterzahl zwischen 500 und 5.000 rangiert.
Rückstand auch beim Einsatz mobiler Geräte
Einen deutlichen Rückstand zeigt die Studie zum Beispiel beim betrieblichen Einsatz von Laptops, Tablets oder Smartphones: Während die Mobilgeräte bei zwei Dritteln aller Mittelständler mit 500 bis 1.000 Angestellten längst zum Alltag gehören, gilt dies nur für 36 Prozent aller Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl oberhalb der 5.000er Marke. Offenbar ist diese Diskrepanz inzwischen in den Chefetagen großer Unternehmen angekommen. Denn in der Umfrage sagte jede siebte dort tätige Führungskraft, das eigene Unternehmen müsse digital aufholen, um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren.
Einen Rückstand der Großen gegenüber den Kleinen bringt die Studie aber auch beim Aufbau digitaler Kompetenzen ans Licht. Nur jeder zweite Mitarbeiter eines Großunternehmens hat sein digitales Know-how bislang im Rahmen einer betrieblichen Weiterbildung erworben. Bei Firmen mit dreistelligen Beschäftigtenzahlen liegt dieser Anteil bei 64 Prozent. Doch auch hier setze ein Umdenken ein: Mehr als vier Fünftel aller Führungskräfte großer Unternehmen sind der Ansicht, dass digitales Wissen und Können hauptsächlich im Rahmen betrieblicher Fortbildungsmaßnahmen vermittelt werden sollte – was als ein Auftrag an die HR-Abteilung interpretiert werden kann.
Rapid Protoyping hat sich bewährt
Kleineren Firmen fällt die Adaption digitaler Tools und Arbeitsweisen generell leichter, weil sie seltener von bürokratischen Strukturen behindert werden“, berichtet Matthias Frerichs, Senior Manager Digital Banking bei Sopra Steria Consulting, aus seiner Beratungspraxis. Großunternehmen empfiehlt er, die Einführung neuer Technologien flexiblen Pilotteams mit Vertretern aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen anzuvertrauen.
Dabei habe sich insbesondere die Methode des Rapid Prototyping bewährt: „Dank schnell verfügbarer Lösungsprototypen kann authentisches Anwender-Feedback praktisch vom ersten Moment an in die Lösungsentwicklung einfließen. Die aktive Mitgestaltung der späteren Anwender sichert breite Akzeptanz und ist das beste Mittel gegen digitale Überforderung“, so Frerichs.
Über die Studie: Im Juli 2016 ließ Sopra Steria Consulting insgesamt 211 Angestellte und Führungskräfte aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern zu ihrer Haltung gegenüber der digitalen Transformation befragen. Die Erhebung fand über einen Online-Panel statt und bezog Unternehmen unterschiedlicher Branchen ein – darunter Finanzdienstleister, Energieversorger, Industrieunternehmen und Behörden. Explizit ausgeschlossen waren IT-Dienstleister und Beratungsunternehmen.