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Connected Life-Lösungen: Wenn wir zu Cyborgs werden

2025 können 40 Prozent der elektronischen Konsumgüter durch Kontakt zum Körper gesteuert werden, ein Viertel davon durch Implantate. Der Megatrend Gesundheit wird das Connected Life bestimmen. Das sind die Ergebnisse der Analyse „Connected Life 2025“, die die Strategieberatung Oliver Wyman im Vorfeld der IFA vorstellt.

Eine intelligente Kontaktlinse, die nicht nur die Sehkraft verbessert, sondern auch Vitalfunktionen wie Blutzuckerspiegel misst und das Ergebnis direkt aufs Smartphone sendet oder per Mikro-LED in der Linse anzeigt? Was heute noch wie Material aus einem Science-Fiction-Film klingt, wird bereits von Unternehmen wie Google und Novartis entwickelt.

Blickt man auf den IFA-Ausstellungsplan, so ist zwar noch keine intelligente Kontaktlinse vertreten. Doch lange wird es nicht mehr dauern. Vernetzung steht im Zentrum der diesjährigen IFA. 138 Aussteller aus dem Segment „Wearables & Smart Fitness“ werden erwartet, 95 aus dem Bereich „Digital Health“. Auch wenn heute Produkte wie Smartwatches im Fokus stehen: Zukünftig werden wir über Implantate und Patches mit anderen Geräten kommunizieren – bewusst oder unbewusst. Der aktuellen Oliver Wyman-Analyse „Connected Life 2025“ zufolge könnten bereits 2025 zehn Prozent der heutigen Konsumgüter über Implantate gesteuert werden.

„Start-ups wie auch etablierte Konsumgüterhersteller arbeiten bereits an Connected Life-Lösungen, häufig im Schulterschluss mit Unternehmen aus dem Gesundheitssektor“, sagt Martin Schulte, Partner und Konsumgüterexperte bei Oliver Wyman. „Der zu entwickelnde Markt ist derart immens, dass Unternehmen wie Nestlé oder Philips bereits öffentlich eine entsprechende strategische Ausrichtung kommuniziert haben.“

5 Entwicklungsschritte des „Connected Life

Die Berater unterscheiden fünf Entwicklungsschritte des „Connected Life“

1.      Geräte sind verbunden mit dem Internet, z.B. der Fernseher mit dem Internet
2.      Geräte kommunizieren miteinander, z.B. die Waschmaschine mit dem Trockner
3.      Der Mensch kommuniziert kontaktlos mit Geräten, z.B. über Sprache, Mimik oder Gestik
4.      Geräte kommunizieren mit Sensoren auf der Haut oder in der Kleidung (Patches)
5.      Geräte kommunizieren mit Sensoren in der Haut (Implantate)

Die Entwicklungsschritte 1 und 2 werden derzeit rasant vorangetrieben. Die Berater schätzen, dass bis 2025 knapp 90 Prozent aller in Europa verfügbaren Hausgeräte internetfähig sein werden und der Großteil davon miteinander oder einem Smart Home-System kommunizieren kann. Auch die nächste Hürde, Schritt 3, werde derzeit durch globale Technologie-Giganten genommen. Amazons Alexa-Technologie oder das neue Google Home-Gerät seien die Vorboten einer neuen Art künstlicher Intelligenz, die über die Sprache gesteuert wird.

Der Analyse zufolge werden auch die Entwicklungsschritte 4 und 5 rasch an Fahrt gewinnen. Die Berater gehen davon aus, dass bis 2025 bereits 40 Prozent der elektronischen Konsumgüter in der Lage sein werden, mit Sensoren auf oder unter der Haut zu kommunizieren. Ein Viertel dieser Produkte werde über Implantate in der Haut steuerbar sein.

Revolution vom Patienten hin zum Konsumenten

„Wir werden zwar 2025 nicht alle wie in einem Science-Fiction-Film herumlaufen“, sagt Schulte. „Aber wir werden sicher kleine Patches oder gar Implantate tragen, die beispielsweise unsere Vitalfunktionen an elektronische Endgeräte melden.“ Weitgehend marktreif sei etwa mit Sensorik ausgestattete Kleidung, die beispielsweise dem Smartphone die Herzfrequenz seines Besitzers meldet. Die Anzahl der Patente im Bereich „Smart Clothing“ habe sich in Europa in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, auf derzeit knapp 8.000.

„Hierbei handelt es sich zunächst um Produkte aus dem Bereich Fitness, Wellness und konsumnahe Gesundheit“, sagt Schulte. „Schnell werden sich aber auch hier ‚use cases‘ in benachbarten Branchen entwickeln.“ Der Elektronikgigant Samsung etwa arbeite derzeit an dem „S-Patch 3“-Prototypen, der Berichten zufolge bereits kurz vor der Marktreife steht. Dieses Patch wird am Körper befestigt und sendet laufend Vitalwerte, beispielsweise an ein Pulsmessgerät, oder eben an relevante Haushaltsgeräte.

„Der Trend zur zunehmenden Vermischung von Konsumgüter- und Gesundheitsbranche zeigt sich besonders deutlich in den USA“, sagt Fritz Heese, Partner im Bereich Health & Life Sciences bei Oliver Wyman. Dort setzen Krankenhauskonzerne wie Caremore bereits heute vernetzte Waagen ein, welche die typische Wasseransammlung bei chronischer Herzinsuffizienz erkennen und frühzeitig veranlassen, dass der Patient ins Krankenhaus eingeliefert wird.

Auch Apps, die auf Basis der Inhalte im Kühlschrank gesunde Rezeptempfehlungen geben, seien stark im Kommen. Zipongo beispielsweise mache Vorschläge für gesunde Rezepte, Kantinenessen und Handelsaktionen. „In den USA findet eine Revolution vom Patienten hin zum Konsumenten statt: Man kümmert sich viel aktiver um seine Gesundheit, nicht erst wenn man krank ist“, sagt Heese. „Auch der deutsche Markt entwickelt sich in diese Richtung.“

 

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