Vertrauen wird immer wichtiger beim Fahrzeugkauf und hat bei autonom fahrenden Fahrzeugen und Connected Car Services das Potenzial zu einem entscheidenden Kaufkriterium. Laut der Deloitte-Studie „Automotive Data Treasure“ haben europäische OEMs hier einen deutlichen Wettbewerbsvorteil, da fast die Hälfte der Befragten sie als vertrauenswürdig einstuft, wenn es um den Umgang mit ihren persönlichen Daten geht. Amerikanische OEMs bringen es nur auf knapp über 30 Prozent – genau wie amerikanische IT-Anbieter.
Für Automobilhersteller gelte es, diesen Startvorteil im stark wachsenden Markt für Connected Car Services (CCS) zu nutzen, denn der europäische Markt soll bis 2021 um mehr als das Elffache wachsen – von 62 Millionen 2016 auf schätzungsweise 715 Millionen Euro. CCS umfassen alle technischen Funktionen im Fahrzeug, für deren Nutzung eine Internetverbindung bzw. die Kommunikationsfähigkeit des Fahrzeugs mit der Umwelt erforderlich ist. Im Zuge dessen wird auch die Masse der Daten, die vom Fahrzeug aus übertragen werden, weiter sprunghaft ansteigen. Dabei stellt sich die Frage nach der Datensicherheit. Sie ist für zwei Drittel ein entscheidendes Kaufkriterium. Wie die Deloitte-Studie zeige, befürchten Käufer vor allem, dass Informationen an Dritte weitergegeben werden könnten. Entsprechende Maßnahmen zur Vorbeugung sind Sache der Autohersteller und der Politik, so die Mehrheitsmeinung.
„Jeder europäische Bürger hat das Recht auf den Schutz seiner personenbezogenen Daten, so wollen es Artikel 8 der europäischen Grundrechte-Charta sowie die EU-Datenschutzgrundverordnung, die Anfang 2018 in Kraft tritt. Das gilt natürlich auch für das vernetzte Auto. In Anbetracht des enormen Marktwachstumspotenzials und der rasanten technischen Entwicklung wird der Datenschutz zur anspruchsvollen Aufgabe“, erklärt Andreas Herzig, Partner und Leiter Operational Risk bei Deloitte.
Europas CCS-Markt ist weltweit der größte
Der Markt für CCS soll europaweit in nur wenigen Jahren gegenüber dem Stand 2016 um das mehr als Elffache zulegen und 2021 rund 715 Millionen Euro an Umsätzen umfassen. Damit übertrifft Europa sowohl die USA als auch China. Insgesamt werde die Vernetzung bzw. ihr Grad zunehmend zum wichtigen Kaufkriterium. Bereits heute nutze über die Hälfte der Befragten – die aus insgesamt fünf EU-Ländern stammen – vernetzte Fahrzeugdienste oder plant, sie in jedem Fall beim nächsten Auto in Anspruch zu nehmen.
Die Sicherheit zählt am stärksten
Rund 80 Prozent schätzen an CCS vor allem ein Plus an Sicherheit, gefolgt von einem niedrigeren Spritverbrauch und – mit einigem Abstand – den Entertainmentfunktionen. Doch ist für 64 Prozent ausschlaggebend, ob ein zuverlässiger Datenschutz gegeben ist: Sie machen eine mögliche Kaufentscheidung davon abhängig. Mit 80 Prozent will die überwiegende Mehrheit die volle Kontrolle über ihre Daten, nur 4 Prozent finden das weniger oder gar nicht wichtig. Dabei zeigt sich, dass europäische Autohersteller und IT-Provider in dieser Hinsicht das höchste Vertrauen genießen – das wird von 50 bzw. 34 Prozent bestätigt.
Hersteller sollen für Datenschutz sorgen
Zuständig für den Datenschutz sind nach Mehrheitsmeinung die Autohersteller (51 %) sowie die Politik (31 %). Nur 18 Prozent sehen sich selbst vorrangig in der Pflicht. Dabei hätten sie auch wenige Möglichkeiten, sicherzustellen, dass keine Daten an Dritte weitergegeben werden – die Befürchtung von immerhin 63 Prozent. Mehr als die Hälfte sieht die Gefahr, der Wagen könne, wie bereits in einigen Fällen geschehen, gehackt und „fremdgesteuert“ werden. Die Belästigung durch unerwünschte Werbung spielt dagegen eine geringere Rolle.
Vertrauen durch Verbindlichkeit und Transparenz
Sicherheit braucht Vertrauen – und das kann nach mehrheitlicher Auffassung vor allem durch eine klare und verbindliche Zusicherung von Anbietern (63 %) sowie eine transparente Kommunikation (48 %) geschehen. Eine Selbstverpflichtung der Hersteller würde hingegen nur einem guten Drittel genügen. Zudem haben für 83 Prozent die europäischen Datenschutz-Standards eine entscheidende Funktion – wobei nur ein Viertel die konkreten Inhalte der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung genau kennt. Die Jüngeren zeigen sich hierbei grundsätzlich besser informiert als die Altersgruppe ab 60.
Zahlungsbereitschaft: 50 Euro im Monat sind genug
Am Informationsstand hängt nicht zuletzt auch die Zahlungsbereitschaft: je informierter, desto williger. In der Gruppe, die bis zu 99 Euro im Monat für CCS auszugeben bereit ist, befinden sich die Gutinformierten klar in der Überzahl. Im Schnitt liegt die Zahl der disponiblen Summe aber niedriger. Von den insgesamt 70 Prozent generell Zahlungsbereiter kann sich nur ein Viertel vorstellen, mehr als 50 Euro im Monat zu investieren.
„Wissen überwindet Widerstände: Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Studie. Aber auch im Kontext gesetzlicher Bestimmungen müssen die Anbieter Datenschutz und Cybersicherheit sichtbar groß schreiben – was sie offenbar bereits tun, denn viele Verbraucher erkennen die Bemühungen der Industrie durchaus an. Dennoch gilt es, den Vertrauensvorschuss der europäischen OEMs für weitere Maßnahmen auf einem immer höheren Niveau zu nutzen und entsprechende Ansätze schon in der frühen Konzeptionsphase von CCS-Lösungen zu implementieren. Wichtig ist darüber hinaus aber vor allem, offen mit den Kunden zu kommunizieren“, resümiert Herzig.