Die Energiewirtschaft ist ganz besonders von der Digitalisierung betroffen. Stromversorger befinden sich im stärksten Wandel seit Jahren und das nicht nur im Kerngeschäft. Viele Privatkunden streben nach Autarkie, suchen smarte, innovative Lösungen und wünschen sich dabei einen zentralen Ansprechpartner für individuelle Angebote und Produkte.
Sind plattformbasierte energienahe sowie energieferne Dienstleistungen möglicherweise der Rettungsanker für Energieversorger und Stadtwerke? Damit beschäftigt sich eine Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
Smart Meter und innovative Lösungen nehmen stark an Bedeutung zu
Laut Studie „Kundenanforderungen an das Stadtwerk der Zukunft“ ist das Angebot von energienahen Services und Produkten bereits für 64 Prozent der Kunden besonders relevant, wenn es um die Auswahl ihres Stromversorgers geht. Zu energienahen Dienstleistungen zählen beispielsweise Gebäudeenergieeffizienz- und Energieeinsparprodukte, Smart-Home-Applikationen, Smart-Meter-Lösungen oder dezentrale Energieanlagen. Rund zwei Drittel der Befragten können sich entsprechend vorstellen, diese Dienstleistungen bei ihrem Stromversorger zu beziehen – wenngleich erst drei Prozent solche Angebote bereits nutzen.
„Vor allem die jüngeren Altersgruppen sind sehr an innovativen Dienstleistungen interessiert und bevorzugen dabei einen zentralen Ansprechpartner. Hier haben Energieversorger die Möglichkeit, mit individuellen (digitalen) Angeboten neue Umsätze zu generieren und die jüngere Zielgruppe langfristig an sich zu binden. Eine dynamische Produktentwicklung mit schneller Marktreife und optimaler Wertschöpfungstiefe sowie ein schneller Kompetenzaufbau z.B. durch Kooperationen werden dabei zu Erfolgsfaktoren“, so Marion Schulte, Partnerin und Leiterin Utilities Deutschland bei BearingPoint.
Vertrauen in Energieversorger ist da, aber die Konkurrenz schläft nicht
Wie sich in der Studie zeigt, wäre das Vertrauen in die Energieversorger hinsichtlich innovativer Angebote durchaus gegeben: Über 80 Prozent der Befragten trauen sowohl den Stadt- und Regionalwerken als auch den großen Energieversorgern die Bereitstellung von energienahen Dienstleistungen zu. 66 Prozent der Kunden wären auch dazu bereit, ihre persönlichen Daten für individuelle Informationen weiterzugeben.
Diese Möglichkeit gelte es zu nutzen, denn knapp zwei Drittel setzen ihr Vertrauen auch in spezialisierte Start-ups. Deren Vorteil: Sie können sich speziell auf ihr jeweilig neues Geschäftsmodell fokussieren und in kurzer Zeit enormes Fachwissen aufbauen. Um sich diese Kompetenzen ebenfalls schnell anzueignen, wären Kooperationen mit Start-ups für Energieversorger eine vielversprechende Lösung. Obwohl auch Internet- und Technikkonzerne wie Google, Tesla und Apple verstärkt versuchen, mit innovativen Angeboten in den Energiemarkt einzudringen, trauen überraschenderweise nur knapp 25 Prozent der Befragten diesen Anbietern die Erbringung energienaher Dienstleistungen zu.
Internet und Telekommunikation bald aus der Steckdose?
Mehr als zwei Drittel aller Befragten können sich sogar vorstellen, Infrastrukturdienstleistungen wie Internet und Telekommunikation sowie Mobilitätsdienstleistungen bei ihrem Stromversorger zu beziehen. Für 63 Prozent scheitert es aktuell aber noch an der fehlenden Kompetenz der Stromanbieter im Umfeld energieferner Dienstleistungen.
„Insgesamt macht die Studie deutlich, dass das Interesse an innovativen energienahen als auch energiefernen Dienstleistungen groß ist – vor allem bei der jüngeren Generation im Alter von 20 bis 40 Jahren. Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten zukünftig weiter steigen wird. Darauf muss die Energiewirtschaft vorbereitet sein“, sagt Schulte.