70 Prozent der Deutschen sind für einen schnellen Ausbau digitaler Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung für die Bürger. Einwohnermeldevorgänge und eine noch einfachere Kommunikation mit dem Finanzamt sollen aus Sicht der Bevölkerung Priorität haben. 46 Prozent der Bundesbürger wünschen sich beispielsweise, dass sie Reisepass und Personalausweis online beantragen können. 39 Prozent sind für zusätzliche Unterstützung bei der elektronischen Steuererklärung, zum Beispiel das Scannen und digitale Einreichen von Belegen. Ein digitaler Standesbeamter ist dagegen weniger dringlich.
Das ergibt die Studie „European Digital Government Barometer 2017“ von Ipsos im Auftrag von Sopra Steria.
Behördenangelegenheiten, die im Laufe des Lebens immer wieder anstehen, sollen nach Wunsch der Bundesbürger zuerst vereinfacht und dann digitalisiert werden. Ziel ist, möglichst viele Verwaltungsvorgänge von zuhause oder von unterwegs aus abzuwickeln und den Gang in die Behörde zu vermeiden.
Mehr Online-Unterstützung in bestimmten Lebenslagen
Weitere Vereinfachungswünsche der Bundesbürger mit Dringlichkeit beziehen sich auf die Jobsuche, Rentenanträge und die Inanspruchnahme medizinischer Behandlungen sowie beim Antrag auf Weiterbildung oder Umschulung. Auch für Bürgerdienste, die in der Regel eine Beratung erfordern, wünschen sich die Deutschen mehr Online-Unterstützung. Für 36 Prozent sollten zum Beispiel Anträge auf staatliche Leistungen über das Internet mit Priorität vorangetrieben werden.
Wichtig sind zudem gebündelte Angebote, die die Bundesbürger gezielt in bestimmten Lebenslagen unterstützen – beispielsweise bei Eheschließungen, allen Fragen rund um die Kinderbetreuung sowie bei Gesundheitsthemen wie Krankheit, Pflege und den Todesfall. 13 Prozent der Deutschen wünschen sich zum Beispiel Online-Leistungen für Fragen rund um die Geburt, für zwölf Prozent sollten behördenübergreifende digitale Angebote für den Fall chronischer Erkrankungen mit Priorität angeboten werden.
Digitale Verwaltungsleistungen, organisiert nach Lebenslagen, befinden sich im Aufbau, zeigt eine Studie des Nationalen E-Government-Kompetenzzentrums NEGZ. Eine Analyse der Webseiten kreisfreier Städte für die Studie ergibt, dass die Hälfte dieser Städte Leistungen über Lebenslagen anbieten.
Bürgerportal und Bürgerkonto mit zentraler Datenverwaltung
Zu den Maßnahmen für eine digitale öffentliche Verwaltung haben die Deutschen ebenfalls eine klare Meinung, was mit Nachdruck umgesetzt werden soll. Für 44 Prozent der Bundesbürger ist der wichtigste Schritt ein Bürgerportal, über das sie sämtliche Behörden online erreichen und bei dem sie einmal ihre persönlichen Daten hinterlegen sowie selbstständig pflegen können.
Ähnlich viele Menschen (40 %) wünschen sich, dass die Verwaltungen neue Technologien einsetzen, um den Service für die Bürger zu verbessern. Wichtig ist den Deutschen zudem die Einrichtung eines Bürgerkontos, und sie wollen einen Überblick über sämtliche Vorgänge erhalten sowie über den Status ihrer Anträge informiert werden.
Politik und Verwaltung sind auf diesem Gebiet derzeit stark aktiv. Mit Hilfe des beschlossenen Portalverbunds, federführend vorangetrieben vom Bundesministerium des Innern, werden Bürger künftig viele ihrer Anliegen ohne Behördengang erledigen können. Hierfür werden sie ihre Identität gegenüber der Behörde online nachweisen und können über jedes Portal jede gewünschte Leistung zeit- und ortsunabhängig finden sowie Anträge online stellen. Eine starke Suchfunktion lotst die Nutzer zu der gesuchten Leistung und gibt ihnen alle erforderlichen Informationen.
Es muss nicht gleich Volldigitalisierung sein
Die Studienergebnisse zeigen, dass sich die Bürger von der öffentlichen Verwaltung den Service wünschen, die sie vom Einkaufen oder den Bankgeschäften her kennen. Behördenangelegenheiten müssen dabei nicht komplett digital ablaufen.
„Es wird beispielsweise nicht möglich sein, dass Bürger den Service ‚Neuer Reisepass‘ komplett online in Anspruch nehmen können. Dafür ist dieser Vorgang aus Sicherheitsgesichtspunkten viel zu sensibel“, sagt Martina Knierim E-Government-Expertin bei Sopra Steria Consulting. Dennoch werden künftig mehr Teilschritte des gesamten Antragsprozesses elektronisch abgebildet: „Mit den Maßnahmen aus dem Onlinezugangsgesetz wird es möglich sein, den Bürger künftig aktiv vor Ablauf seines Reisepasses per E-Mail zu informieren, inklusive Link zum Online-Antrag. Die nötigen Voraussetzungen, beispielsweise die Vernetzung verschiedener Stellen, werden derzeit geschaffen“, so Knierim.