Der Anteil der 3,71 Millionen Mittelständler in Deutschland, der in den Jahren 2014 bis 2016 erfolgreich Digitalisierungsprojekte abgeschlossen hat, ist überschaubar: Nur jedes vierte kleine und mittlere Unternehmen (26 %) hat laut KfW Research in den Einsatz neuer oder verbesserter digitaler Technologien für Prozesse, Produkte oder Dienstleistungen investiert.
Im Jahr 2016 habe der Mittelstand insgesamt 14 Mrd. Euro für Digitalisierungsvorhaben ausgegeben. Im Vergleich zu 169 Mrd. Euro Neuinvestitionen in Maschinen, Gebäude, Einrichtungen o. ä. sind die mittelständischen Digitalisierungsausgaben damit vergleichsweise niedrig. Im Durchschnitt gibt eine Firma 18.000 Euro für Digitalisierungsvorhaben aus.
Die größte Rolle bei den Digitalisierungsvorhaben des Mittelstands spielt die Erneuerung von IT-Strukturen (54 %), dicht gefolgt von der Digitalisierung des Kontakts zu Kunden und Zulieferern (52 %). Investitionen in den Aufbau von spezifischem Knowhow (38 %), die Reorganisation von Workflows (29 %) oder die Einführung neuer Marketing- und Vertriebskonzepte (29 %) sind weniger häufig. Mit 19 Prozent aller Vorhaben ist die Digitalisierung von Produkten oder Dienstleistungen am seltensten.
Kleine Unternehmen sind besonders zaghaft
Die aktuelle Untersuchung von KfW Research bilde erstmals die Digitalisierungsaktivitäten des gesamten deutschen Mittelstands repräsentativ in seiner ganzen Breite ab. Auf Basis des KfW-Mittelstandspanels wurden Unternehmen aller Größenklassen und Branchen dazu befragt, ob und wie sie ihre Digitalisierung zwischen 2014 und 2016 ausgebaut haben. Anders als in früheren Studien seien auch die kleinen Firmen mit weniger als fünf Mitarbeitern erfasst. Diese Kleinunternehmen stellen das Gros des deutschen Mittelstands: 81 Prozent aller mittelständischen Betriebe fallen in diese Größenklasse.
Zwar bringe diese hohe Anzahl von Kleinunternehmen zusammen mit insgesamt 4,3 Mrd. Euro einen erheblichen Anteil an den gesamten Digitalisierungsausgaben des Mittelstands auf; die Masse von ihnen hat aber in der Digitalisierung bislang noch kein Potential für das eigene Geschäftsmodell erkannt: Nur 24 Prozent haben in den zurückliegenden drei Jahren überhaupt ein entsprechendes Projekt abgeschlossen. Mit zunehmender Unternehmensgröße nehmen die Digitalisierungsanstrengungen zu: Bei den großen Mittelständlern mit mehr als 50 Mitarbeitern können 45 Prozent abgeschlossene Vorhaben vorweisen.
Große Mittelständler digitalisieren jedoch nicht nur häufiger, sondern ihre Projekte sind auch technologisch anspruchsvoller, wie ein Blick auf unterschiedlichen Arten von Digitalvorhaben zeigt: So erneuern die Großen häufiger ihre IT-Strukturen, halten den Aufbau von Digitalisierungskompetenzen im eigenen Betrieb für wichtig oder nehmen sich die Reorganisation von Workflows vor. Kleine Firmen seien hingegen vor allem damit befasst, die Schnittstelle zu Kunden und Zulieferern zu digitalisieren, oder investieren in digitale Marketing- und Vertriebskonzepte. Es sei davon auszugehen, dass die großen Mittelständler diese Digitalisierungsstufen bereits seit längerem hinter sich haben.
Wissensbasierte Dienstleister und FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe sind Vorreiter
Neben der Unternehmensgröße habe auch die Branchenzugehörigkeit einen starken Einfluss auf die Digitalisierungsaktivitäten im Mittelstand: Wenig überraschend sei dabei, dass wissensbasierte Dienstleister wie etwa Medien-, IT-Dienstleister, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatungen (32 %) besonders aktiv sind. Gleiches gilt für Firmen aus dem FuE-intensiven Verarbeitenden Gewerbe (31 %) – hierzu zählen beispielsweise Maschinenbau, Elektrotechnik oder Chemie. Im Baugewerbe spielen Digitalisierungsprojekte kaum eine Rolle (13 %).
„Die Digitalisierung steckt im deutschen Mittelstand noch immer in den Kinderschuhen“, sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. „Vor allem die vielen Kleinunternehmen hierzulande scheinen noch wenig Vorstellungen davon zu haben, welchen Nutzen digitale Technologien für ihr Geschäftsmodell haben können.“ Projekte würden daher selten und sehr zaghaft angegangen.
„Problematisch ist jedoch nicht nur das langsame Tempo, mit dem der Mittelstand die Digitalisierung angeht, sondern auch der enge Blick auf das Thema: Digitalisierungsvorhaben werden häufig nur auf die Möglichkeit von Effizienzgewinnen reduziert.“ Da gerade aber neuen Geschäftsmodellen sowie neuen Service- und Produktangeboten eine hohe Bedeutung für Wachstum, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zukomme, sei hier ein Umsteuern unumgänglich.
Hemmnisse müssen abgebaut werden
„Entscheidend dafür, dass die digitale Revolution im deutschen Mittelstand gelingt, und neue Geschäftsmodelle entstehen können, ist vor allem ein zügiger Abbau bestehender Hemmnisse. Dazu zählen fehlende IT-Kompetenzen der Arbeitnehmer, ungelöste Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes, Probleme bei der Anpassung der Unternehmens- und Arbeitsorganisation sowie eine mangelnde Qualität der Internetverbindung. Die Politik kann hier – abgesehen von der Aufklärungsarbeit über Nutzen und Möglichkeiten der Digitalisierung und der Beschleunigung des Ausbaus des Breitbandnetzes – vor allem die digitale Bildung verbessern. Dazu sind verstärkte Anstrengungen in allen Bereichen des Bildungssystems – also in Schulen und Hochschulen genauso wie in der dualen Ausbildung und der Weiterbildung – notwendig.“