Der Glasfaserausbau heizt den Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt an: Kommunen, Versorger und Tochterunternehmen der Gemeinden bauen die Infrastruktur und bieten parallel eigene Internet-, Telefon- und TV-Leistungen für Endkunden an. Die etablierten Telekommunikationsunternehmen bekommen damit neue Konkurrenz. Die Zahl der Wettbewerber könnte massiv steigen.
Eine aktuelle Markteinschätzung von Sopra Steria Consulting zeigt, dass immer mehr Landkreise, Gemeinden, Stadtwerke sowie kommunale privatwirtschaftliche Kooperationen den Glasfaserausbau selbst in die Hand nehmen, da langfristig nur diese Technologie die Infrastruktur der Zukunft ist. Ein Beispiel ist M-Net, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke München. Im Rhein-Neckar-Gebiet wollen der Internetanbieter BBV Deutschland, der Netzausrüster ZTE und die Managementgesellschaft Bouwfonds den Glasfaserausbau mit Blick auf den unterversorgten ländlichen Raum voranbringen. Weiter nördlich bieten die Vereinigten Stadtwerke neben Energie auch Breitbandinternet aus einer Hand an.
Diese kommunalen Unternehmen und privaten Regionalpartnerschaften sollen künftig den Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt befeuern. Sie liefern nicht nur die Netzinfrastruktur in die Haushalte und bieten dann nach dem Open-Access-Prinzip anderen Unternehmen die Chance, diese zu nutzen. Stattdessen sind ihre Internetseiten gefüllt mit eigenen digitalen Produkten für Privat- und Geschäftskunden in der Region, beispielsweise das Angebot eins@home des sächsischen Stadtwerks Eins Energie.
Echte Alternative zu Glasfaser
Die Nähe der kommunalen Versorger zu den Haushalten, ihre Endkundenexpertise aus dem Energiegeschäft sowie Bündelprodukte bringen die großen Telekommunikationsanbieter in Bedrängnis. „Die Trennung von Netzinfrastruktur- und Serviceanbieter könnte aufgehoben werden. Damit würden die großen Telekommunikationsdienstleister ihren direkten Kundenkontakt und ihre Vormachtstellung bei den Netzen verlieren“, sagt Karl-Heinz Kohne, Berater der Telekommunikationsbranche von Sopra Steria Consulting.
Dazu komme, dass Kabelnetzbetreiber mit ihren Koax-Netzen eine echte Alternative zur Glasfaser anbieten. Der Übertragungsstandard Docsis 3.1 bietet ähnlich schnelles Internet wie die Glasfasertechnik, wobei auch hier hohe Investitionen in die Infrastruktur notwendig sind. „Es muss nicht unbedingt Glasfaser sein, die Kunden interessiert allein die Bandbreite und der Preis“, so Kohne.
Für die traditionellen Telekommunikationsanbieter bedeute diese Entwicklung, künftig noch bessere Leistungen anzubieten und ihr Geschäft auf mehr Standbeine zu verteilen. Die Anbieter reagieren unter anderem mit Kooperationen mit großen kommunalen Netzbetreibern in Großstädten sowie mit Zukäufen. Das zeigt in Österreich die aktuell geplante Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPS Austria durch die Telekomtochter T-Mobile Austria.
Regionale Marken liegen im Trend
„Wichtig ist, Angebote stärker zu personalisieren und in alternative Geschäftsmodelle wie Unterhaltung zu investieren. Gleichzeitig kommt es darauf an, Service und Effizienz zu verbessern, um im klassischen Telefon- und Internettarifgeschäft neuen Wettbewerber preislich voraus zu sein“, sagt Kohne. v
Noch seien die Marken der großen Telekommunikationsunternehmen stark genug, sich im Wettbewerb zu behaupten. Die großen Stadtwerke und Regionalversorger gewinnen allerdings an Markenbekanntheit. Zudem liegen regionale Marken bei Verbrauchern im Trend, was kommunalen Internetprovidern neue Kunden bescheren könnte. Die Gemeinde Nümbrecht sei mit Abschlussquoten zwischen 80 und 92 Prozent bei den Hausanschlüssen ein Beleg für einen möglichen bundesweiten Trend: 2017 bevorzugten rund 35 Millionen Deutsche beim Einkauf regionale Produkte, so eine Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse.