Additive Manufacturing (metallischer 3D-Druck) ist für viele Unternehmen nach wie vor eine Nischentechnologie: Das teure Verfahren kommt vor allem beim Erstellen von Prototypen, speziellen Komponenten in der Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik zum Einsatz. Neue Verfahren versprechen nun deutlich niedrigere Kosten und damit das Vordringen in die Massenproduktion. In der Studie „Advancements in Metal 3D-Printing“ erläutern die Fertigungsexperten von Roland Berger das Innovationspotenzial im Bereich des metallischen 3D-Drucks.
„Additive Manufacturing ist derzeit im Vergleich zu konventionellen Fertigungsmethoden in der Massenproduktion immer noch nicht konkurrenzfähig“, erklärt Bernhard Langefeld, Partner von Roland Berger. „Von den etablierten 3D-Drucktechnologien können wir keine großen Fortschritte erwarten: Der Markt wartet auf den nächsten, großen Innovationssprung.“
Das derzeit meist verbreitete Verfahren sei „Powder Bed Fusion by Laser“ (PBF-L). Dafür werde ein 3D-Teil schichtweise mit einem feinen Pulver als Druckmedium erzeugt. Anwendung finde PBF-L beispielsweise bei komplexen Teilen in der Luftfahrtindustrie oder Prototypen. Die Preise für diese Technologie seien in den vergangenen Jahren gefallen und bis 2020 werden weitere Effizienzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich erwartet. Dennoch liegen die Kosten im Vergleich zum klassischen Bau identischer Teile immer noch 15- bis 60-Mal so hoch.
Viele neue Technologien stehen in den Startlöchern
In ihrer Studie fokussieren sich die Experten von Roland Berger vor allem auf neue, additive Fertigungsmethoden wie „Direct Energy Deposition“ (DED), „Material Jetting“, „Material Extrusion“ oder „Binder Jetting“. Bei DED werden dreidimensionale Bauteile durch Auftragsschweißen per Draht oder Pulver erzeugt. DED sei beispielsweise ein gängiges Verfahren bei Reparaturen.
„Material Jetting“ erzeuge metallische Objekte ähnlich einem Tintenstrahldrucker durch das Aufragen von flüssigen Metalltropfen. Beim „Material Extrusion“-Verfahren werde Metallpulver in Bindermaterial eingebunden, so dass ein Stab oder eine Art Draht entsteht. Dieser werde in einer Düse erhitzt und dann Schicht für Schicht abgeschieden. Beim „Binder Jetting“ werde Bindemittel jeweils in die oberste Schicht des Pulverbettes gegeben, sodass über den Schichtaufbau ein Bauteil entsteht. In den letzten beiden Verfahren entstehe jeweils ein sogenannter „Grünling“, der weiter bearbeitet werden muss.
Viele dieser neuen Verfahren seien noch in der Entwicklungsphase, sollen aber in den kommenden Jahren Schritt für Schritt relevanter und für Marktwachstum bei additiven Fertigungslösungen sorgen, da sie unter anderem Produktionen mit größeren Stückzahlen ermöglichen. Die daraus resultierenden Kostenvorteile gegenüber dem PBF-L können je nach Verfahren bei einem Faktor von zehn liegen.
„Derzeit komplementieren solche innovativen Verfahren die etablierten 3D-Druck-Techniken, aber langfristig können sie diese auch ersetzen“, prognostiziert Langefeld. „Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass sich eine Technologie komplett durchsetzen und alle anderen Lösungen verdrängen wird. Wie wir in der Studie beschreiben, gehört die Zukunft einem Mix aus unterschiedlichen Verfahren, die jeweils spezifische Anforderungsprofile hinsichtlich Materialeigenschaften, Produktionsvolumen und Kosten adressieren.“
Die richtigen Strategien für die passenden Technologien
Die große Vielfalt an innovativen Lösungen verschaffe produzierenden Unternehmen neue Optionen, stelle sie gleichzeitig aber auch vor Herausforderungen. Um das volle Spektrum an Möglichkeiten zu analysieren und im Anschluss gezielt zu nutzen, habe sich folgender Projektansatz bewährt:
1. Verständnis für Lösungen entwickeln. Angesichts des komplexen Umfelds sollten Firmen zunächst ein detailliertes Verständnis für die Technologielandschaft aufbauen.
2. Identifizieren von Anwendungsfeldern. Mit diesem Wissen können Unternehmen ihr eigenes Produktportfolio analysieren und prüfen, ob sie von 3D-Druck-Verfahren profitieren können.
3. Gruppieren einzelner Einsatzfelder. Um eine systematische Übersicht zu erhalten, lassen sich die einzelnen Anwendungen verschiedenen Gruppen zuordnen. Für jeden dieser Cluster sollten Firmen im Anschluss spezifische Szenarien entwickelten.
4. Institutionalisieren des Prozesses. Die geschilderte Analyse darf keine einmalige Übung sein, sondern ist als Kreislauf konzipiert. Nur so ist es möglich, technische Verbesserungen und Neuerungen einzubeziehen.
„Der mediale Hype um das Thema 3D-Druck scheint etwas verflogen, Forschung und Entwicklung gehen aber rapide voran. Gerade die neuen Technologien fachen den Innovationswettbewerb unter den verschiedenen Verfahren weiter an. Daher sollten die Maschinen- und Anlagenhersteller Additive Manufacturing ganz oben auf ihre Agenda setzen“, fasst Langefeld zusammen.