Die IT-Branche in Deutschland blickt auf zwei hervorragende Jahre zurück. Der Softwaremarkt wuchs – dank SaaS – um mehr als 5 Prozent, das Wachstum im IT-Services-Geschäft näherte sich der 5-Prozentmarke, die IT-Ausgaben nahmen im letzten Jahr um knapp 4 Prozent zu.
Basierend auf der aktuellen Wirtschaftssituation und aktuellen Gesprächen mit zahlreichen Anbietern und Anwendern hat das Marktanalyse- und Beratungsunternehmen teknowlogy sein Wachstumsszenario für den deutschen Software- und IT-Services-Markt 2019 entwickelt. Die teknowlogy-Analysten erwarten weiterhin stetiges Wachstum, das mit knapp 5 Prozent für Software und 4 Prozent für IT-Services nur leicht (0,5 %) unter dem Vorjahresniveau liegt.
SaaS sowie (Public) IaaS/PaaS beflügeln weiterhin den Software- bzw. den IT-Services-Markt. Jedoch wird das Projektgeschäft mit gut 4 Prozent Wachstum ganze 2 Prozent unter Vorjahresniveau landen. In der Industrie sinkt das Wachstum von knapp 7 Prozent auf nur noch 3 Prozent, im Transportwesen von 6.5 Prozent auf 3.5 Prozent. Dagegen erwartet teknowlogy im öffentlichen Sektor eine leichte Belebung.
„Eine leichte Verbesserung der Wachstumsprognosen für den deutschen Software- und IT-Services-Markt ist im Laufe des Jahres nicht auszuschließen, eine deutliche Verschlechterung ist jedoch leider wahrscheinlicher. Ob es einen regelrechten Einbruch geben wird, bleibt abzuwarten. Wir werden also genau beobachten, wie sich das Umfeld unter anderem bezüglich Brexit und Handelskriege entwickelt und die Unternehmen ihre IT-Investitionen entsprechend anpassen“, so Christophe Châlons, Head of Research & Chief Analyst bei teknowlogy.
Starkes Wachstum im Projektgeschäft
Ein Aspekt, der das von teknowlogy entwickelte Szenario besonders beeinflusst hat, ist das Wachstum im stark konjunkturabhängigen Projektgeschäft (Consulting & Systems Integration), das zwei Jahre hintereinander bei über 6 Prozent lag. Dagegen blieb das Wachstum in den Outsourcing-Märkten (Application Management und Infrastructure Outsourcing) sehr begrenzt; Automatisierung, offshore und vor allem „Cloudisierung“ wirkten sich besonders negativ auf das Bestandsgeschäft aus; nur die Hyperscaler und ihre Services-Partner konnten substanziell wachsen. Der in Deutschland besonders ausgeprägte Industriesektor (auf den über 35 % des Projektgeschäfts entfallen) wuchs dabei überproportional (7 bis 8 %!) und generierte fast die Hälfte des Volumenwachstums. Innerhalb der Industrie wiederum war die Automobilbranche der Wachstumsmotor.
Zur Erinnerung: Die 6-Prozentmarke im Projektgeschäft wurde zuletzt in den Jahren 2007 und 2008 übertroffen, auf die 2009 mit der Lehman-Krise ein dramatischer Abschwung folgte. Der deutsche Markt für Projektgeschäft brach um mehr als 8 Prozent ein, der gesamte Markt für Software und IT-Services schrumpfte um mehr als 4 Prozent!
Trübe Aussichten – was nun?
Wie wird der IT-Markt in Deutschland auf die aus teknowlogys Sicht eher trüben Konjunkturaussichten reagieren? Die Antwort sei alles andere als trivial. In der Tat berge die Abhängigkeit der stark exportorientierten Industrie heute aufgrund der Unsicherheit rund um den Brexit und der offenen Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und der EU große Risiken für die deutsche Wirtschaft. Die Automobilindustrie geriet bereits im Sommer 2018 in größere Schwierigkeiten, zunächst aufgrund der WLTP-Umstellung und der Abkühlung des chinesischen Marktes.
Weitere Industriezweige, wie die Chemiebranche, begannen ebenfalls unter den Handelsstreitigkeiten zu leiden. Nicht zuletzt wurde – wie immer – auch die Transport- und Logistikbranche in Mitleidenschaft gezogen. Budgets 2019 in diesen Subbranchen seien unter deutlich schlechteren Bedingungen festgelegt und teilweise bereits angepasst worden. Parallel entwickelte sich die lokale Nachfrage bisher weiterhin positiv, Bauwesen und Dienstleistungen wuchsen weiterhin sehr gut, ebenso wie die Ausgaben der öffentlichen Hand; jedoch werde in allen Bereichen eine Verschlechterung der Lage erwartet.
Andererseits sieht teknowlogy selbst in diesem schwierigeren Umfeld weiterhin substanzielles Wachstumspotenzial, weil in allen Wirtschaftszweigen neue Wettbewerber zunehmend die „Old Economy“ bedrohen und neue Technologien wie E-Mobility, Car Sharing oder autonomes Fahren in der Automobilindustrie alternativlos eingesetzt werden müssen. Andernfalls könnten jene „alten“ Unternehmen nicht überleben. Zwar sei der direkte Einfluss der „New Economy“ auf den IT-Markt nur gering, doch zwinge sie alle Unternehmen zu reagieren und in die Digitalisierung oder digitale Transformation zu investieren.
Ressourcenmangel wirkt sich weiter positiv aus
Letztendlich wirken sich die fehlenden Ressourcenweiterhin positiv auf den IT-Services-Markt aus: Die meisten Unternehmen, und vor allem die Behörden, schaffen es nicht, eigene Ressourcen für ihre Transformationsvorhaben einzustellen und seien darauf angewiesen, stärker mit IT-Services-Anbietern zusammenzuarbeiten, sowohl durch die Vergabe von Projekten, Managed-Services- und Outsourcing-Verträgen als auch durch klassisches Body Shopping. Die Tagessätze stiegen in den letzten 12 Monaten weiter substanziell, Offshore und Nearshore werden zunehmend dafür eingesetzt, die Ressourcenknappheit zu beheben – und nicht mehr nur um die Preise zu drücken.
Die zunehmend unsichere Lage bleibe jedoch nicht ohne Folgen für den IT-Markt: Zunächst einmal werden viele Projekte auf den Prüfstand gestellt und anhand der aktuellen Lage neu bewertet. Offensichtlich werden Projekte, die auf Effizienzsteigerung und/oder Kosteneinsparung abzielen, nicht oder kaum angetastet. Dazu zählen unternehmensübergreifende Cloud-Transformationsprojekte, die in den meisten Branchen stattfinden, insbesondere Industrie und Transport, aber auch Finanzwesen, Energieversorgung und Handel. Die wichtigsten Technologiepartner seien AWS, Microsoft und Google im IaaS/PaaS-Umfeld sowie Salesforce, SAP und Microsoft im SaaS-Umfeld. Auch werde die Migrationswelle hin zu S/4HANA im Umfeld der Konsolidierung und der Standardisierung der IT-Landschaft fortgesetzt.
Die Investitionsschwerpunkte
Effizienzsteigerung wird in jeder Branche anders definiert. Investitionen, die eine höhere Auslastung beispielsweise von Maschinen, Fahrzeugen oder Netzen ermöglichen, werden fortgesetzt und sogar intensiviert, mit Ansätzen wie Predictive Maintenance, intelligenten Netzen und vernetzten Systemen. Investitionen in Cyber Security können ebenso aufgrund der zunehmend sichtbaren und einfallsreichen Angriffe nur intensiviert werden.
Schließlich können Investitionen in neue bahnbrechende Technologien, die ganze Branchen und sogar Ökosysteme auf den Kopf stellen, wie E-Mobilität oder autonomes Fahren in der Automobilindustrie, nicht aufgeschoben werden. In all diesen Bereichen spielen Automatisierung, Robotic Process Automation und künstliche Intelligenz eine immer bedeutendere Rolle.
Zu den weiteren wichtigen Technologien und Enablers zählen Agile/DevOps, APIs, Containers und Microservices sowie Blockchain, Edge Computing und Open Source. teknowlogy beobachtet auch eine Neubelebung von Custom Software Development, ermöglicht durch die Verbreitung von PaaS-Plattformen.
Dagegen werden neue Investitionen in neue Funktionalitäten oder sogar neue Systeme, die auf eine hypothetische Umsatzsteigerung abzielen oder neue Geschäftsmodelle ermöglichen sollen, deren Wirtschaftlichkeit noch zu beweisen ist, in Frage gestellt und gegebenenfalls vertagt. Des Weiteren versuchen Kunden die allgemeine Wirtschaftslage für Preisnachverhandlungen zu nutzen – allerdings bisher ohne Erfolg, weil die Ressourcen weiterhin zu knapp sind. Kurzfristig sei hier keine Entspannung zu erwarten.