Kaspersky Lab hat ein technisch ausgereiftes Cyberspionage-Framework entdeckt, das seit mindestens 2013 aktiv ist und mit keinem bekannten Bedrohungsakteur in Verbindung zu stehen scheint. Die Spionageplattform „TajMahal“ umfasst rund 80 schädliche Module und enthält Funktionen, die bisher noch nie bei einer Advanced Persistend Threat (APT) gesehen worden seien. So könnten unter anderem Informationen aus der Drucker-Warteschlange gestohlen und zuvor gesehene Dateien auf einem USB-Gerät bei der nächsten Verwendung desselben abgerufen werden. Bislang wurde nur ein Opfer identifiziert: eine zentralasiatische Botschaft mit Sitz im Ausland. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Opfer existieren, sei allerdings hoch.
Ende des Jahres 2018 entdeckten die Experten von Kaspersky Lab mit TajMahal ein ausgereiftes APT-Framework, das für umfangreiche Cyberspionage entwickelt wurde. Die Malware-Analysen zeigen, dass die Plattform über mindestens fünf Jahre lang entwickelt und verwendet wurde: das früheste Sample ist datiert April 2013, das neueste August 2018. Der Name TajMahal leitet sich aus der Benennung der Datei ab, mit der die Daten herausgefiltert wurden.
Das TajMahal-Framework umfasse wohl zwei Hauptpakete: „Tokyo“und „Yokohama“. Tokyo sei das kleinere der beiden mit drei Modulen. Es enthalte die Haupt-Backdoor-Funktion und stelle in regelmäßigen Abständen eine Verbindung mit den Command-and-Control-(C&C)-Servern her. Tokyo nutze PowerShell und verbleibe auch nach dem Eindringen im Netzwerk, während Stufe Zwei des Angriffs – Yokohama – ausgeführt wird.
Das Yokohama-Paket sei ein vollausgestattetes Spionage-Framework, das ein Virtual File System (VFS) mit allen Plug-ins, Open Source- und proprietären Drittanbieter-Bibliotheken sowie Konfigurationsdateien enthalte. Insgesamt soll es sich um fast 80 Module handeln, darunter Loader, Orchestratoren, C&C-Kommunikatoren, Audio-Recorder, Keylogger, Bildschirm- und Webcam-Grabber sowie Spionagesoftware für Dokumente- und Kryptoschlüssel.
TajMahal sei in der Lage, Browser-Cookies, die Back-up-Liste für mobile Apple-Geräte, Daten von einer von einem Opfer gebrannten CD sowie Dokumente in einer Drucker-Warteschlange zu stehlen. Darüber hinaus könne die Spionageplattform den Diebstahl einer bestimmten Datei von einem zuvor gesehenen USB-Stick anfordern; die Datei werde dann bei der nächsten Verbindung des USB-Sticks mit dem Computer gestohlen.
Ein „faszinierender Fund“
Die von Kaspersky Lab gefundenen Zielsysteme wurden sowohl mit Tokyo als auch mit Yokohama infiziert. Dies lege nahe, dass Tokyo zur Erstinfektion verwendet und das vollfunktionsfähige Yokohama-Paket für interessante Opfer eingesetzt wurde; ersteres wurde dann zu Back-up-Zwecken zurückgelassen.
Bisher wurde nur ein Opfer identifiziert, eine im Ausland ansässige, zentralasiatische diplomatische Einheit, die 2014 infiziert war. Die Verbreitungs- und Infektionsvektoren für TajMahal seien derzeit nicht bekannt.
„Das TajMahal-Framework ist ein sehr interessanter und faszinierender Fund“, erklärt Alexey Shulmin, leitender Malware-Analyst bei Kaspersky Lab. „Die technische Raffinesse steht außer Zweifel und es bietet Funktionen, die wir bei fortgeschrittenen Bedrohungsakteuren bisher nicht gesehen haben. Es bleiben noch einige Fragen offen. Es ist beispielsweise höchst unwahrscheinlich, dass eine so große Investition nur für ein einziges Opfer getätigt wurde. Dies deutet darauf hin, dass es entweder noch weitere, bisher unbekannte Opfer oder weitere Versionen dieser Malware gibt – oder möglicherweise beides. Die Verbreitungs- und Infektionsvektoren für die Bedrohung sind ebenfalls unbekannt. Irgendwie bleib sie über fünf Jahre unter dem Radar. Ob dies auf eine relative Inaktivität oder etwas anderes zurückzuführen ist, bleibt offen. Es gibt keine Hinweise zur Attribution oder Verbindungen zu bekannten Bedrohungsakteuren.“