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Deutsche Autoindustrie: Strategische Neuausrichtung ist überlebenswichtig

Bild von falco auf Pixabay

Die deutsche Autoindustrie steht vor dem größten Umbau ihrer Geschichte. Die Automobilhersteller sind gezwungen, ihre strategische Ausrichtung grundlegend neu zu konzipieren. Von einem erfolgreichen Wandel hängt die Überlebensfähigkeit Deutschlands wichtigster Branche ab. Ein Patentrezept hierbei, das auf alle Marktteilnehmer gleichermaßen passt, sieht der Thinktank „Vom Automobilhersteller zum multimodalen Mobilitätsanbieter – Neue Rollen, neue Chancen“ des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) allerdings nicht.

Beispielsweise könne nicht jeder Automobilhersteller aus eigener Kraft ein global agierender Mobilitätsanbieter werden. Als beachtenswerte Alternativen bewerten die Unternehmensberater des BDU-Thinktanks unter anderem Allianzen, Kooperationen oder Konsortien, zum Beispiel als Partner für regionale öffentliche Mobilitätsprojekte. In diese könnten die individuellen Erfahrungen und Stärken einfließen.

Verkehrsmittel als Teil eines digitalen Verkehrssystems

Da die Entwicklungen in Mobilitätsfragen – aktuell und auch weiter absehbar – komplex und schnell verlaufen, empfiehlt der Thinktank empirische Feldversuche mit klar definierten Zielen und überschaubaren Risiken. Mit kleinen schnellen Projektschritten sei es für die Automobilhersteller möglich, neue Geschäftsmodelle aufzusetzen und deren Ertragspotenziale zu testen. Für den aktuellen Thinktank haben die drei BDU-Mitgliedsfirmen Akka Consulting, d-fine und HPP Strategie- und Marketingberatung mit Schwerpunkt in der Automobilindustrie ihr Know-how gebündelt. Entstanden ist ein Themendossier, das mögliche Rollen in der multimodalen digitalen Mobilitätswelt sowie Lösungen für denkbare Geschäftsmodelle der Mobilitätsanbieter skizziert.

Für die Thinktank-Autoren ist im Hinblick auf die notwendigen Veränderungen ein zentrales Grundverständnis von besonderer Bedeutung: Verkehrsmittel wie das Auto sind künftig Teil eines digitalen Verkehrssystems, das sich neben der physischen Hardware wesentlich durch digitale Komponenten, beispielsweise Routenführung, Buchung und Bezahlung, auszeichnet.

Vor allem junge Kunden kaufen Mobilität als Dienstleistung und nicht als Produkt. Erfolgreiche, multimodale Mobilitätsanbieter schaffen es, den physischen Transport – zum Beispiel mit Autos, ÖPNV und E-Scootern – mit digitalen Elementen – zum Beispiel per Apps – nutzwertig für den Kunden miteinander zu verknüpfen. Eine schlüssige Gesamtstrategie, so der BDU-Thinktank, stellt dabei sicher, dass die Wertschöpfungspotenziale der einzelnen Initiativen in den Unternehmen genutzt und wenig ertragreiche Insellösungen vermieden werden.

Im Fokus: Antworten auf sechs Fragen

Sechs Dimensionen und damit verbundene Fragestellungen müssen künftige Mobilitätsanbieter aus Sicht der Autoren des Themendossiers im strategischen Lösungsraum im Fokus haben:

1.Hardware-Angebot

Welche Verkehrsträger sollen neben dem Kerngeschäft Automobil mittelfristig hergestellt bzw. in das Mobilitätsangebot (zum Beispiel E-Scooter, Zweiräder, Busse, Bahnen oder langfristig Flugtaxis) aufgenommen werden?

2.Geschäfts- und Betreibermodell

Welche neuen internetbasierten Betreibermodelle wie Sharing, Hailing (Mobilitätsnutzung per App), Shuttle Services sollen entwickelt werden? Wird ein eigener Auftritt, Franchising oder die Kooperation mit lokalen Partnern bevorzugt? Welche Angebots-Kombinationen sind sinnvoll, z.B. Leihwagen plus E-Scooter?

3.Gestaltung der Digitalplattform

Wie sollen alle digitalen Teilleistungen zu einer Mobilitätsplattform gebündelt und wie gestaltet sein? Welche Partner kommen in Frage?

4.Räumliche Reichweite

Soll das Mobilitätsprodukt weltweit eingeführt und skalierbar gemacht werden? Oder steht die lokale Nutzung im Mittelpunkt?

5.Wertschöpfung

Welche erweiterten Kundenservices sind denkbar? Kann die existierende Werkstatt-Struktur zusätzlich genutzt werden, beispielsweise für das Laden von E-Fahrzeugen?

6.Make or buy?

Was soll selbst erstellt, was fremdbezogen werden? Wie muss die Zuliefererkette strukturiert sein? Mit welchen Partnern soll kooperiert werden und zu welchen Bedingungen?

Autohersteller: Monopolstellung oder Kooperation?

Täglich entstehen neue Mobilitätsplattformen, Pilotprojekte, Konsortien und Initiativen. Abhängig von der festgelegten Grundstrategie besitzen die Automobilhersteller hierbei vielfältige Möglichkeiten, erfolgreiche Geschäftsmodelle und Services zu entwickeln und zu etablieren, so lautet das Fazit des BDU-Thinktanks. Ob eine Monopolstellung oder eher eine Kooperation in der Mobilität ins Auge gefasst werde, müssten die Marktteilnehmer schnellstmöglich klären. Wichtig sei, die notwendigen Veränderungen in den Automobilunternehmen jetzt mit Nachdruck zu verfolgen, denn die Wettbewerbssituation in der Plattformökonomie würde sich auch für die bisherigen automobilen Schwergewichte praktisch von Tag zu Tag verschärfen.

Über das Thinktank-Projekt: Der aktuelle Thinktank des BDU mit seinem abschließenden Themendossier „Vom Automobilhersteller zum multimodalen Mobilitätsanbieter – Neue Rollen, neue Chancen“ will einen Beitrag leisten, Lösungsszenarien für die deutsche Automobilbranche bei der Neugestaltung eines umfassenden Mobilitätsangebotes aufzuzeigen. Hierfür bringen die Consultingfirmen AKKA Consulting, d-fine sowie HPP Strategie- und Marketingberatung ihr jeweiliges Spezialwissen ein.

In BDU-Thinktanks arbeiten Experten aus Mitgliedsfirmen themen-, projekt- und zeitbezogen zusammen, um den Blick für Wirkungszusammenhänge und Lösungsvorschläge zu derzeitigen Herausforderungen für Unternehmen und Organisationen am Wirtschaftsstandort Deutschland zu schärfen.

 

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