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Online-Kfz-Zulassung in Europa: Deutschland schneidet gut ab

Die Fahrzeugzulassung ist in Europa eines der von Bürgern und Unternehmen meist genutzten Verwaltungsverfahren. Die Ansprüche der Kunden an Qualität und Online-Verfügbarkeit dieser Dienstleistungen steigen. Entsprechend ist der Veränderungsdruck auf Behörden in Deutschland und Europa ungebrochen. Laut einer Studie der Unternehmensberatung BearingPoint schneidet Deutschland im europäischen Vergleich von Internetangeboten für die Kfz-Zulassung sehr gut ab. In der weiteren Digitalisierung liegen aber immer noch große Effizienzpotenziale.

In der Analyse, die für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) durchgeführt wurde, untersuchte BearingPoint  die acht größten europäischen Auto-Nationen, die gemeinsam 80 Prozent des europäischen Fahrzeugbestandes auf sich vereinen. Verglichen wurde dabei der Grad der Online-Verfügbarkeit für die vier Prozesse Neuzulassung, Umschreibung, Abmeldung und Wiederzulassung. In sieben der acht Staaten befinden sich diese Prozesse in der Umsetzungsplanung oder sind bereits online verfügbar.

Deutschland hat die ambitioniertesten Ziele

Laut Studie hat Deutschland im Ländervergleich gemeinsam mit Frankreich die ambitioniertesten Ziele. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Projekts i-Kfz die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um bis zum Jahr 2018 die Online-Zulassung für den gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen zu ermöglichen. Zudem soll eine Großkundenlösung inklusive elektronischer Bevollmächtigung und automatisiertem Verwaltungsakt realisiert werden. Bereits seit dem 1. Januar 2015 ist die internetbasierte Fahrzeugabmeldung in Deutschland möglich.

Beim Status Quo der vier Zulassungsprozesse ist Polen bereits sehr weit digitalisiert – prinzipiell gibt es hier für alle Prozesse internetbasierte Lösungen, allerdings sind diese nicht flächendeckend umgesetzt und damit nicht im ganzen Land verfügbar.

Die Verwaltungen der untersuchten Länder bieten neben der Fahrzeugzulassung online eine beträchtliche Zahl zusätzlicher fahrzeugbezogener Dienstleistungen an. Viele Staaten verfügen über eine internetbasierte Auskunftsmöglichkeit aus dem Fahrzeugregister, die in Deutschland wiederum nicht möglich ist.

Weitere, oftmals über das Internet angebotene Dienste sind die Bestellung von verloren gegangenen Fahrzeugdokumenten oder die Zahlung von Gebühren und Steuern. Insgesamt hat jedoch kein Land die Prozesse soweit digitalisiert, dass Bürger und Unternehmen ihre Kfz-Angelegenheiten vollständig online abwickeln können. Im Gegenteil: Die Verwaltungen der meisten untersuchten Länder bearbeiten Anträge noch manuell, zum Beispiel wenn die notwendigen Nachweise nicht digitalisiert vorliegen.

Großkundenlösungen, beispielsweise für Leasingflotten, sind bisher nur in Ansätzen vorhanden. Viele Dienstleistungen sind darüber hinaus nicht landesweit, sondern nur in einzelnen Kommunen verfügbar. Die Benachrichtigung über das Ergebnis von Verwaltungsverfahren ist ebenfalls nicht immer elektronisch möglich.

„Grundsätzlich zeigt die Studie, dass die Möglichkeiten einer konsequenten, an den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichteten Digitalisierung des Zulassungswesens bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Gerade hier liegt ein sehr großes Entwicklungspotenzial und die europäischen Länder können von ihren gegenseitigen Angeboten lernen. Erfreulich dabei ist, dass in den meisten Ländern der Handlungsbedarf zur Digitalisierung erkannt wurde, auch wenn die Entwicklung in Europa in ungleichem Tempo vorankommt. Deutschland hat hier zurzeit einen Vorsprung im internationalen Vergleich“, sagt Alexander Schmid, Partner bei BearingPoint.

Weitere Digitalisierung braucht langen Atem

Aus den Ergebnissen der Studie leitet BearingPoint drei Handlungsempfehlungen ab:

  1. Digitalisierung und Optimierung sollten immer Hand in Hand gehen. Vor einer weiteren Digitalisierung von Zulassungsprozessen sollte geprüft werden, welche Schritte des Verfahrens durch Prozessoptimierung und die Reduzierung rechtlicher Vorgaben vereinfacht werden können. Anschließend können die entbürokratisierten Verfahren mit geringerem Aufwand digitalisiert und automatisiert werden.
  2. Der europäische Rechtsrahmen für elektronische Verwaltungsprozesse sollte ausgeschöpft werden. Zudem gilt es die Potenziale der eIDAS-Verordnung im Hinblick auf qualifizierte elektronische Signaturen für natürliche Personen und qualifizierte elektronische Siegel für juristische Personen konsequent zu erschließen. So sind beispielsweise vertrauenswürdige elektronische Vollmachtdokumente, Nachweise oder Zulassungsbescheide unter Nutzung von Signaturen und Siegeln denkbar. Damit können umständliche Papierverfahren ersetzt werden.
  3. Die Fahrzeugzulassung sollte langfristig länderübergreifend in der EU möglich sein. Die Vorteile von digitalisierten Verfahren liegen auf der Hand: Sie ermöglichen geringere Transaktionskosten im nationalen und innereuropäischen Fahrzeughandel, schaffen Effizienzgewinne in der Verwaltung und steigern die Qualität von Dienstleistungen aus Bürger- und Unternehmenssicht.

„Die Digitalisierung der Fahrzeugzulassung kann auch als Anregung für andere Verwaltungsbereiche herangezogen werden. Die elektronische Identifizierung, die Online-Bezahlung oder wirtschaftliche Prozesse für Großkunden – all das sind auch Herausforderungen bei anderen Verwaltungsdienstleistungen. Die Fahrzeugzulassung mit ihren hohen Fallzahlen kann hier ein entscheidender Innovationstreiber sein“, so Schmid.

Methodik: Die Studie „Online-Kfz-Zulassung: Vergleich der acht größten europäischen Auto-Nationen“ wurde von Juni bis November 2016 durchgeführt. Die Ergebnisse basieren auf einer Erhebung der bestehenden Online-Verfahren in den acht europäischen Ländern mit dem größten Fahrzeugbestand: Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Polen, die Niederlande und Schweden.

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