Home / Themen / Analysen / „Digital Leadership 2017“: Deutsche Unternehmen kochen im eigenen Saft

„Digital Leadership 2017“: Deutsche Unternehmen kochen im eigenen Saft

Bildquelle: Pixabay

Was passiert außerhalb meines Betriebs? Diese Frage bleibt oft unbeantwortet – denn mindestens vier von zehn deutschen Unternehmen betreiben nach wie vor kein strukturiertes Innovations-Scouting. Was in den USA oder Asien passiert, haben noch weniger Firmen auf dem Radar – ein Alarmsignal. Auch in puncto Digitalisierung setzen Führungskräfte zu selten auf externe Impulse: Sie verlassen sich überwiegend auf den Austausch mit anderen Spitzenkräften aus ihrem Unternehmen oder reden nur mit direkt von ihnen geführten Mitarbeitern darüber.

Das sind Ergebnisse der Studie „Digital Leadership 2017“, für die im Auftrag der Personalberatung Rochus Mummert mehr als 100 Top Manager aus deutschen Unternehmen befragt wurden.

Auf der am 24. April beginnenden Hannover Messe informieren sich die Unternehmen nicht nur über Innovationen rund um die Industrie 4.0. Aussteller und Messebesucher treffen dort auch ihre Kunden. Und so ist die weltgrößte Industriemesse eine Gelegenheit, mit den eigenen Abnehmern über das Thema Digitalisierung zu sprechen.

Digitalisierung: Es dominiert der Blick nach innen

Im unternehmerischen Alltag kommt genau das viel zu kurz – es dominiert der Blick nach innen: Top Manager und Führungskräfte tauschen sich vor allem auf der gleichen Hierarchiestufe ihres Unternehmens (74 %) zum Thema Digitalisierung aus, reden mit von ihnen geführten Mitarbeitern (71 %) oder mit internen Experten, beispielsweise aus der IT-Abteilung (62 %). Nur etwa ein Drittel der Befragten diskutiert zu aktuellen Trends und Technologien mit externen Wissenschaftlern, Geschäftspartnern oder Verbandsvertretern.

„Die starke Orientierung auf die Innensicht hat nicht nur Folgen für die einzelne Führungskraft, sondern für das gesamte Unternehmen“, erläutert Dr. Carlo Mackrodt, Partner bei Rochus Mummert. „Wer auf die disruptiven Veränderungen von Märkten und Kundenbedürfnissen reagieren möchte, muss regelmäßig über den Tellerrand schauen. Das Ergebnis unserer Studie, dass nur knapp jedes zweite Unternehmen im EU-Raum ein Innovations-Scouting betreibt und noch viel weniger Unternehmen ihr Innovations-Radar auch auf die USA geschweige denn Asien richten, ist hier ein echtes Alarmsignal.“

Die Ergebnisse im Detail:

  • 45 Prozent der Unternehmen verzichten auf ein strukturiertes Innovations-Scouting.
  • Immerhin 49 Prozent beobachten, was sich innerhalb der Europäischen Union tut.
  • Aber nur 27 beziehungsweise 22 Prozent der Betriebe sichten Neuerungen in den USA und Asien.

Das Vernachlässigen des Blickes nach außen hat Folgen: Veränderungen werden überwiegend aus den bestehenden Strukturen heraus getrieben. Und so kochen viele Firmen sprichwörtlich im eigenen Saft.

Trügerische Selbsteinschätzung

Es passe ins Bild, dass sich 63 Prozent der befragten Top Manager selbst ein sehr gutes digitales Zeugnis ausstellen und 64 Prozent der Spitzenkräfte ihre digitalen Kompetenzen im Vergleich zu denen ihrer Kollegen für überdurchschnittlich halten.

„Hier besteht immer die Gefahr einer trügerischen Selbsteinschätzung, wenn diese auf einer zu starken Innensicht beruht, wie das laut unserer Studie offenbar immer noch in vielen Unternehmen der Fall ist“, warnt Mackrodt. „Regelmäßig die Außenperspektive einzuholen, gehört zur digitalen Reise jedes Unternehmens dazu, auf der Hannover Messe können die Betriebe damit gleich beginnen.“

Hintergrundinformationen: Für die Rochus-Mummert-Studie „Digital Leadership 2017“ wurden im Februar und März dieses Jahres 114 Eigentümer und Top Manager deutscher Unternehmen befragt. 48 Prozent der Teilnehmer sind Vorstände oder Geschäftsführer, weitere 20 Prozent fungieren als Geschäftsbereichsleiter. Die meisten Teilnehmer arbeiten im Apparate-, Maschinen- und Anlagenbau, dem Sektor Chemie/Pharma, der Automobilindustrie sowie in der ITK-Branche.

Share