Während die Menschheit wächst, gehen die Agrarflächen pro Kopf weltweit zurück. Landwirte müssen deshalb mehr Ertrag erwirtschaften, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Damit diese Gleichung aufgeht, braucht es in der Landwirtschaft umweltschonenden Pflanzenschutz und technische Innovationen. Dafür haben sich Bosch und Bayer jetzt zusammengeschlossen. Die Unternehmen wollen in einer dreijährigen Forschungskooperation die Smart-Spraying-Technologie entwickeln, die den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln effizienter macht.
Auf dem Feld konkurrieren Nutzpflanzen wie Mais oder Weizen mit Unkräutern um den Platz an der Sonne, um Wasser und Nährstoffe. Um unerwünschte Pflanzen effizient zu bekämpfen, hilft derzeit meist nur der großflächige Einsatz von Herbiziden, obwohl Unkräuter nicht immer gleich verteilt auf dem Feld wachsen. So werden auch Nutzpflanzen und Ackerböden mit Pflanzenschutzmitteln besprüht – und belaste die Umwelt.
Smart Spraying bringt mehr Intelligenz auf den Acker
„Wir wollen gemeinsam mit Bosch neue Wege gehen und unterschiedliche Technologien zusammenbringen, damit Herbizide nur dort ausgebracht werden, wo sie wirklich notwendig sind“, sagt Tobias Menne, Leiter des Bereichs Digital Farming bei Bayer. Besonders im frühen Wachstumsstadium seien Unkräuter schwer zu bestimmen. Die neue Smart-Spraying-Technologie könne mithilfe von Kamerasensoren Nutzpflanze von Unkraut unterscheiden und durch eine spezielle Applikationstechnik Pflanzenschutzmittel zielgerichtet auf Unkräuter sprühen und somit die Umwelt schonen.
„Mit Smart Spraying bringen wir mehr Intelligenz auf den Acker“, sagt Dr. Johannes-Jörg Rüger, Vorsitzender des Bereichs Commercial Vehicles and Off-Road bei Bosch. Der Unterschied zu bisherigen Systemen auf dem Markt: Diese bieten lediglich eine „Grünerkennung“, können aber nicht zwischen Kulturpflanze und Unkraut unterschieden.
„Ein Quantensprung in der Unkrautbekämpfung“
Und so funktioniert es: Bevor der Landwirt auf das Feld fährt, helfe ein digitaler „Feldmanager“ dabei, die Situation auf dem Feld einzuschätzen, und empfehlet den optimalen Zeitpunkt für eine Unkrautbehandlung. Das exakte Erkennen der Unkräuter und das Sprühen mit Pflanzenschutzmitteln erfolge während der Überfahrt in einem Arbeitsgang. Dabei nehmen mehrere Kameras über die gesamte Arbeitsbreite der Feldspritze verteilt lückenlos Bilder auf. Die unterschiedlichen Unkräuter sollen erkannt und die optimale Behandlungsmaßnahme festgelegt werdeb. Noch während der gleichen Überfahrt werde das Herbizid in der notwendigen Aufwandmenge und Mischung mit den passenden Applikationsparametern zielgerichtet auf entsprechende Unkräuter gesprüht – unkrautfreie Bereiche bleiben unberührt. Das funktioniere innerhalb von Millisekunden.
„Smart Spraying ist ein Quantensprung in der Unkrautbekämpfung“, sagt Björn Kiepe, Leiter Agronomy innerhalb von Digital Farming bei Bayer. „Wir verknüpfen moderne Technologie zur Unkrauterkennung mit der Möglichkeit, verschiedene Wirkstoffe situativ und sehr präzise mit einer räumlichen Auflösung von deutlich unter einem Meter anzuwenden. Das wird es Landwirten noch leichter machen, nachhaltigen Pflanzenschutz zu praktizieren.“ Vorbehandlungen, Wirkstoffwechsel und Fokus auf einen bestmöglichen Wirkungsgrad der eingesetzten Herbizide sollen in das System einfließen, um Resistenzen bei Unkräutern zu vermeiden.
Schwerpunkte der Bosch-Forschung sind Sensorik, Analyseverfahren und das selektive Sprühsystem. In die Partnerschaft mit Bosch bringt Bayer seine Erfahrung auf den Gebieten Geographische Informationssysteme (GIS) einschließlich der Entwicklung von Algorithmen als Basis für agronomische Entscheidungen, integrierter Pflanzenschutz, Formulierungstechnik und Applikationstechnik ein.
Das Forschungskonzept wird auf der diesjährigen Agritechnica in Hannover vorgestellt.