Die Zentralbanken werden angesichts der sich rasch verändernden Finanzlandschaft – getrieben durch neue Technologien, disruptive Geschäftsmodelle und stetig ansteigender öffentlicher Erwartungen – vor neue Herausforderungen gestellt. Die Personalabteilung spielt dabei eine Schlüsselrolle bei der Vorbereitung auf neue Realitäten. Denn der zukünftige Erfolg der Zentralbanken wird stark von den Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter, einer unterstützenden Organisationsstruktur und der Stärke ihrer Netzwerke abhängen.
Als Folge auf die Finanzkrise sehen sich Finanzinstitute einer stärkeren staatlichen Regulierung, zunehmender Komplexität und verstärkter Interdependenzen ausgesetzt. Der rasante technologische Wandel hat weitreichende Folgen für den Finanzdienstleistungssektor und seine Akteure. Das sich schnell verändernde Umfeld hat entsprechende Auswirkungen auf das Geschäft der Zentralbanken. Sie versuchen proaktiv zu handeln und sich vorzustellen, wie die Welt von morgen aussehen könnte. Vor dem Hintergrund der sich schnell ändernden Anforderungen, Rollen und Governance, haben sich die Qualitäten und Fähigkeiten, die benötigt werden, weiterentwickelt und es stellt sich die Frage, was zukünftig von Zentralbanken erwartet wird.
Eine Analyse von Roland Berger will zeigen, dass es mehrere kritische Erfolgsfaktoren gibt. Wichtig sei demnach, dass Zentralbanken unverzüglich die Bedingungen schaffen, um die Gegenwart zu bewältigen und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft stellen.
Wie Adrian Weber, Senior Partner von Roland Berger in Zürich, feststellt: „Das Umfeld, in dem sich die heutigen Finanzmarktteilnehmer bewegen, ändert sich rasant, und auch die Zentralbanken sind gegen diese Veränderungen nicht immun. Die Erwartungen an die Zentralbanken sind hoch – sowohl von den Märkten als auch von der Politik. Um die technologischen Veränderungen und Entwicklungen in ihrem Umfeld bewältigen zu können, sind Zentralbanken auf eine unterstützende Organisationsstruktur und die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter angewiesen. Die Personalabteilung, als Rückgrat einer jeden Organisation, muss die Transformation als strategischer Partner unterstützen und die Agilität der Organisation aktiv fördern“.
Traditionelle Hierarchien durchbrechen
Als öffentliche Institutionen sind Zentralbanken dazu verpflichtet, ihre Ressourcen auf effiziente und effektive Weise einzusetzen. Um Ressourcen effizienter einsetzen zu können und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen, müssten Zentralbanken bestehende Silos aufbrechen, Prozesse digitalisieren und eine End-zu-End Prozessperspektive fördern. Dadurch könne die Agilität und Anpassungsfähigkeit der Zentralbanken erhöht werden.
Laut Roland Berger ist es essentiell, dass Zentralbanken ihre langfristigen Ziele klar definieren und festlegen, wie sie zukünftig innovativer werden wollen. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass die Zinssätze in mehreren Volkswirtschaften unter Null liegen würden? Innovation bedeutee nicht, auf aktuelle Krisen zu reagieren, sondern die Weichen für die Zukunft zu stellen. Zentralbanken müssten daher innovativer und flexibler werden; sie müssten eine unternehmerische Denkweise innerhalb ihrer traditionellen Strukturen fördern und dafür sorgen, dass der Status quo ständig in Frage gestellt werde.
„Damit Veränderungen erfolgreich umgesetzt werden, muss die Personalabteilung Veränderungen aktiv unterstützen. Sie muss die Grundlage schaffen, damit Veränderungen vorangetrieben werden können und Innovationen gefördert werden. Konkret bedeutet dies, dass zum Beispiel bestehende Anreizsysteme und Personalentwicklungspläne entsprechend überarbeitet werden müssen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich Zentralbanken bewusst werden, dass Unternehmergeist keine Position ist, die dem Gründer des Unternehmens vorbehalten ist, sondern vielmehr ein Geisteszustand. Um im heutigen und zukünftigen Marktumfeld erfolgreich sein zu können, muss die Personalabteilung eine Kultur der Innovation schaffen. Ein wichtiger Start ist dabei die erfolgreiche Entwicklung und Kultivierung von Führungskräften sowie die Rekrutierung von Mitarbeiten mit der richtigen Einstellung“, ergänzt Weber.
Die grenzenlose Organisation fördern
Die moderne Zentralbank müsse sich weg von einer Ansammlung von „Silos“, hin zu einer agilen und kooperativen Organisation entwickeln. Die Zentralbank der Zukunft sei eine offene Plattform, die die Besten der Branche rund um die Themen neue Technologien und Fähigkeiten zusammenbringe. Der Aufbau eines Netzwerks von Experten ermögliche es den Zentralbanken, ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und gleichzeitig On-Demand Zugang zu externen Ressourcen zu erhalten. Sie müssten für sich herausfinden, welche Arten der Kooperation sie bevorzugen und inwieweit sie ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse anpassen oder verbessern müssen, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.
„In einer Zeit, des Fachkräftemangels, ist es für Zentralbanken unabdingbar, nicht nur den internen Aufbau von Know-how und Fähigkeiten in Betracht zu ziehen, sondern auch die Nutzung externer Ressourcen zu evaluieren. Durch den Aufbau eines Expertennetzwerks können Zentralbanken Zugang zu spezialisiertem Know-how und Fähigkeiten, als auch neuen Technologien erhalten. Data scientists, digitale Netzwerke, Start-ups, Prototyping-Experten – die Liste der möglichen Partnerschaften ist lang. Gefragt ist ein starkes Ökosystem, das es der Zentralbank in Zukunft ermöglicht, flexibler, effizienter und innovativer zu sein“, fasst Weber zusammen.