Dachdecker lassen Drohnen fliegen, Optiker fertigen Brillengestelle mit dem 3D-Drucker, große Werkstätten behalten den Überblick über Ausrüstung und Maschinen mit Hilfe von Trackingsystemen: Die Digitalisierung durchdringt zunehmend das Handwerk – schon jeder zweite Betrieb in Deutschland (53 %) setzt digitale Technologien oder Anwendungen ein. Das sind 8 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2017, wo 45 Prozent der Betriebe digitale Technologien und Anwendungen im Einsatz hatten.
Am weitesten verbreitet ist laut einer Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Cloud Computing, das 27 Prozent der Betriebe nutzen. Jeder achte Handwerksbetrieb (13 %) verwendet smarte Software, die zum Beispiel Arbeitszeiten automatisch nach Projektstatus einteilt, 12 Prozent nutzen Trackingsysteme, mit denen sich Maschinen oder Betriebsmittel nachverfolgen lassen. Vorrausschauende Wartung, bei der mit Sensoren und Datenanalyse drohende Ausfälle von Anlagen frühzeitig erkannt werden, hat jeder zehnte Betrieb (10 %) im Einsatz. 3D-Technologien (7 %), Drohnen (5 %) und Roboter (5 %) liegen hingegen auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau.
„Es gibt inzwischen viele positive Beispiele dafür, wie die Digitalisierung erfolgreich im Handwerk umgesetzt wird“, sagt ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte. Bitkom-Geschäftsleiter Niklas Veltkamp erklärt: „Digitale Technologien können den Arbeitsalltag erleichtern, Zeit sparen und Abläufe in den Betrieben enorm vereinfachen. Die Chancen sind riesig – jeder sollte sie ergreifen und die Potenziale der Digitalisierung für sein Unternehmen heben.“
Digitalisierung: Chance und Herausforderung
Insgesamt zwei Drittel (66 %) der Handwerksbetriebe sehen in der Digitalisierung grundsätzlich eine Chance. Mehr als die Hälfte der Betriebe (54 %) gibt an, dass die Digitalisierung zur Existenzsicherung des eigenen Unternehmens beiträgt. Gleichwohl ist die Digitalisierung für jeden zweiten Handwerksbetrieb in Deutschland (56 %) eine Herausforderung. 36 Prozent geben an, Probleme dabei zu haben, die Digitalisierung im eigenen Unternehmen zu bewältigen, 13 Prozent betrachten sie gar als Risiko.
„Wichtig ist, dass sich alle Betriebe mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen, um auch künftig am Markt bestehen zu können. Wir müssen und werden unsere Handwerksbetriebe noch stärker bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen unterstützen“, sagt Schulte. Nur jeder fünfte Handwerksbetrieb (19 %) sagt bislang, die Digitalisierung habe Einfluss auf das eigene Geschäftsmodell. Und lediglich 21 Prozent bieten neue Produkte und Dienstleistungen an.
„Hier liegt noch großes Potential. Die Unternehmen können ihre Produkte und Dienstleistungen durch die Digitalisierung auf ganz neue Weise anbieten. Dadurch werden sie nicht nur serviceorientierter, sie bleiben vor allem wettbewerbsfähig“, betont Schulte. „Darüber muss sich jeder Handwerksbetrieb heute im Klaren sein.“
Fast alle kommunizieren online
Bei der Kommunikation jedoch sind die meisten inzwischen konsequent digital: So gut wie alle Handwerksbetriebe haben eine eigene Homepage (97 %). 84 Prozent haben sich in Online-Verzeichnisse wie Google Maps oder werliefertwas.de eingetragen. 3 von 10 Betrieben (30 %) sind in sozialen Netzwerken wie Pinterest, Facebook, Instagram oder YouTube aktiv, wobei dies vor allem für größere Unternehmen gilt: Bei Betrieben bis zu 9 Mitarbeitern sind 25 Prozent in sozialen Netzwerken präsent, bei Unternehmen ab 10 Angestellten sind es mit 49 Prozent fast doppelt so viele. Jeder vierte Betrieb (23 %) ist bei Bewertungsplattformen gelistet, rund jeder Sechste (14 %) ist auf Online-Plattformen wie MyHammer oder Treatwell aktiv.
„Die Digitalisierung verändert nicht nur das Handwerk, sie verändert auch die Anforderungen und Wünsche der Kunden, die mit ihrem Smartphone immer und überall online sind“, sagt Veltkamp. „Darauf müssen sich die Betriebe einstellen, indem sie auf allen relevanten Kanälen erreichbar sind.“ Bei jedem dritten Betrieb (34 %), der angibt, online aktiv zu sein, kümmert sich der Chef persönlich um die Online-Aktivitäten. 43 Prozent setzen einen externen Dienstleister ein.
Knapp zwei Drittel setzen auf ein digitales Büro
Bei ihrer Organisations- und Verwaltungsarbeit haben fast zwei Drittel der Handwerksunternehmen (64 %) digitale Anwendungen im Einsatz – das sind 7 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2017 (57 %): So erfassen und archivieren bereits 52 Prozent zum Beispiel Aufträge mit Hilfe einer Software für das Management von Kundenbeziehungen (CRM) – 2017 waren es noch 46 Prozent. Knapp jeder dritte Handwerksbetrieb (31 %) nutzt eine ECM-Software zur digitalen Organisation von Dokumenten (2017: 22 %). Bei jedem fünften Unternehmen (20 %) erfolgt die Personalplanung mit einer HR-Anwendung (2017: 15 %).
„Büro-, Verwaltungs- und Planungsarbeiten können enorm vereinfacht werden, so dass die Betriebe wieder Zeit für ihre eigentliche Arbeit und damit ihr Handwerk an sich gewinnen“, sagt Schulte.
Investitionen in IT steigen an
Die gestiegene Bedeutung der Digitalisierung schlägt sich auch in den Investitionen nieder: 2020 wollen die Handwerksbetriebe in Deutschland im Durchschnitt je 2.110 Euro für die Anschaffung von Computern, Smartphones, Software oder anderen digitalen Gütern und Leistungen ausgeben – im Jahr 2016 waren es noch 1.460 Euro. Allerdings zählen die aus Sicht von drei Vierteln aller Handwerksbetriebe (76 %) als zu hoch angesehenen Investitionskosten auch zu den größten Hemmnissen der Digitalisierung. 47 Prozent sagen, sie könnten sich viele digitale Anwendungen nicht leisten.
„Digitalisierung erfordert finanzielle und auch personelle Anstrengungen“, sagt Bitkom-Geschäftsleiter Veltkamp. „Aber die Investitionen lohnen sich in jedem Fall.“ Zu weiteren Hemmnissen, die die Digitalisierung des Handwerks ausbremsen, zählen die Sorge um IT- und Datensicherheit (74 %), eine mangelnde Digitalkompetenz der Mitarbeiter (65 %) sowie eine unzureichende Internetversorgung (53 %).
Gute Berufsperspektiven für Handwerker mit Digitalkompetenz
Die Fachkräftesicherung stellt für viele Handwerksbetriebe eine große Herausforderung dar. So berichten 72 Prozent von großen Problemen, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Digitalkompetenz ist dabei eine dringend benötigte Qualifikation – 2020 noch stärker als im Jahr 2017: Fast jeder Zweite (45 %) sagt, die derzeitigen eigenen Mitarbeiter bräuchten mehr Digitalkompetenz (2017: 40 %), 34 Prozent benötigen mehr Mitarbeiter mit Digitalkompetenz (2017: 21 %). 37 Prozent investieren gezielt in die digitale Fortbildung ihrer Angestellten (2017: 30 %).
„Die Digitalisierung verändert auch das Arbeitsumfeld im Handwerk. Neue Berufszweige entstehen, bestehende Berufe verändern sich. Dem müssen wir Rechnung tragen und digitale Aspekte in der Ausbildung stärker in den Fokus rücken“, sagtSchulte. Jeder vierte Handwerksbetrieb sieht hier die Politik am Zug: 23 Prozent finden, digitale Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung sollten staatlich stärker gefördert werden.