Mobile Payment ist auf dem Vormarsch, es ist einiges in Bewegung im Markt des mobilen Bezahlens. In den vergangenen 12 Monaten sind in Deutschland etliche Player von der Bildfläche verschwunden und einige Neue versuchen sich zu positionieren, um einen Teil des Kuchens abzugreifen.
Die beiden unabhängigen Consulting-Unternehmen Mücke, Sturm & Company und How2Pay haben erneut gemeinsam den Mobile-Payment-Markt in Deutschland analysiert und die aktuellsten Entwicklungen beim „Bezahlen per Handy“ bewertet. Die Studie beantwortet die Frage: Wie gut sind die in Deutschland aktiven Lösungen für mobiles Bezahlen aufgestellt, und wie gut sind diese Lösungen im Markt etabliert?
Die Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge: Deutsche Bahn, Edeka, Flixbus, Handyticket, kesh, mytaxi, myWallet (Telekom), Netto, opentabs, PayCash, PayPal, Starbucks, Touch&Travel, Vodafone Wallet und Yapital. Die Mobile Payment-Anbieter wurden in fünf Dimensionen nach insgesamt 60 Kriterien bewertet. Die Services wurden in den Bereichen Usability, Mehrwertservices, Pricing, Sicherheit und Verbreitungspotential untersucht. Zusätzliche Informationen wurden aus Interviews, Labortests und insbesondere Praxistests in drei Monaten zusammengetragen.
Zwei Lösungsansätze buhlen um die Gunst der Kunden:
Reine Zahlungs-Apps und Anbieter-Apps mit integrierter Zahlungsfunktion. Der Mobile Payment-Markt habe sich in den letzten zwölf Monaten deutlich gewandelt. Anbieter-Apps mit integrierter Zahlungsfunktion wie Handyticket oder myTaxi würden immer zahlreicher, während im Segment der reinen Zahlungs-Apps wie z.B. PayPal oder Yapital eine deutliche Konsolidierung stattgefunden hane. Waren in der Studie 2014 noch die reinen Zahlungs-Apps deutlich in der Überzahl, so hat sich das Bild binnen eines Jahres umgekehrt. Anbieter, die in ihre App eine Zahlungsfunktion integrieren, haben die Zahlungs-Apps in der Anzahl und vor allem in der Akzeptanz der User deutlich abgehängt.
Die Anzahl der Akzeptanzstellen für reine Zahlungs-Apps sei seit vergangenem Jahr deutlich gestiegen. Vodafone mit seiner Wallet und die Deutsche Telekom mit myWallet bieten ihren Kunden bereits ein flächendeckendes Netz an Akzeptanzstellen der unterschiedlichsten Produktbereiche (vom Baumarkt bis zum Supermarkt) – Kooperationen mit MasterCard/VISA und mehreren Handelsketten machen es möglich.
Das Interesse an reinen Zahlungs-Apps ist gering
Die Akzeptanz seitens der Kunden sei bisher jedoch noch gering – wie bereits in der Studie aus 2014 festgestellt. Dabei sei insbesondere die fehlende Erkennbarkeit des klaren Zusatznutzens relevant. Inzwischen haben einige Anbieter dieses Problem erkannt und legen fleißig mit der Integration von Mehrwert-Services wie Bonuskarten, Rabatt- und Coupon-Systemen nach. Auf diesem Weg soll das Handy nicht nur Bargeld oder die EC/Kreditkarte ersetzen, sondern gleichzeitig auch zahlreiche Bonuskarten, Gutscheine und Rabatt-Coupons entbehrlich machen.
Anbieter-Apps haben es hinsichtlich der Akzeptanz durch die Kunden wesentlich leichter als reine Zahlungs-Apps. Die Nutzung des Smartphones für Fahrplanauskünfte sei mittlerweile Standard: Der Schritt zur Bezahlung der Fahrkarte mit dem Smartphone ist da nicht mehr weit. Aus diesem Grund erfreuten sich Anbieter-Apps mit integrierter Zahlungsfunktion steigender Beliebtheit. Bisher liege der Schwerpunkt von Anbieter-Apps mit integrierter Zahlungsfunktion auf dem Transport-Sektor – aber auch in den Bereichen Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel steige die Zahl der Anbieter.
Ob die reinen Zahlungs-Apps oder die Anbieter-Apps mit integrierter Zahlungsfunktion in Zukunft den größeren Teil des elektronischen Zahlungsverkehrs bedienen werden, sei noch nicht raus. Auch in Zukunft sollen Lösungen beider Gattungen im Markt präsent sein, denn einzelne Händler würden sich in der Regel nur einer anbieterneutralen Zahlungs-App bedienen können, während für ganze Branchen oder große Unternehmen auch eine Anbieter-App mit integrierter Bezahlfunktion als Option in Frage komme.
„Die Anbieter mobiler Zahlungslösungen haben im letzten Jahr eine gute Aufbauarbeit geleistet, was sich vor allem an einem deutlich dichteren Akzeptanzstellen-Netz bemerkbar macht. Dennoch bedarf es größerer Nutzenvorteile, um die Nutzer von ihren vertrauten Zahlungsmethoden wegzulocken“, interpretiert Ralf Ockenfelds, Geschäftsführer bei How2Pay das anhaltend geringe Interesse der Kunden an mobilen Zahlungslösungen.
Technik und Prozesse wurden weiterentwickelt, im Einsatz am PoS hakt es dennoch.
Die Apps und Systeme werden immer ausgereifter, beim praktischen Einsatz haben die Anbieter-Apps mit integrierter Bezahlfunktion gegenüber den reinen Zahlungs-Apps aber deutlich die Nase vorn (z.B. DB Navigator der Deutsche Bahn, Handyticket oder myTaxi).
Bei diesen Anbieter-Apps wüßten sowohl Kunden als auch Mitarbeiter des Anbieters hinlänglich, wie es funktioniere. Bei den Zahlungs-Apps hingegen sei die Situation eine andere: In vielen Akzeptanzstellen werde Mobile Payment bisher sehr selten eingesetzt und nicht jeder Mitarbeiter sei mit den Systemen und dem Prozess vertraut. Bezahlvorgänge scheiterten demzufolge nicht selten an der Technik oder am fehlenden Know-How der Mitarbeiter.
„Auch wenn wir beim Thema Mobile Payment schon einige Evolutionsstufen hinter uns gebracht haben, sind mobiles Zahlen und die damit verbundenen Prozesse immer noch für viele Kunden aber auch für viele Händler und deren Personal Neuland. Dazu tragen die zum Teil doch recht unterschiedlichen Bedienkonzepte der verschiedenen Anbieter bei.“ weiß Frank Rother, Manager Digital bei Mücke, Sturm & Company.
And the winner is: PayPal
Als Testsieger geht PayPal aus der Mobile Payment-Studie 2015 hervor, dicht gefolgt von der Netto-App auf Platz zwei und Yapital auf Platz 3. Die Spitzengruppe rangiert dabei auf nahezu gleichem Niveau, die drei Protagonisten setzen in den Einzeldisziplinen jedoch unterschiedliche Akzente.
PayPal zeige sich sehr ausgewogen in allen untersuchten Kategorien auf einem der vorderen Plätze. Am meisten Nachholbedarf gebe es noch bei den Mehrwertdiensten. Die Netto-App sei bei den Mehrwertdiensten von allen Testkandidaten am besten aufgestellt, bleibe jedoch in der Kategorie Pricing deutlich hinter den beiden Mitbewerbern auf dem Siegertreppchen zurück. Yapital liege in vier der fünf getesteten Kategorien auf hohem Niveau, zeigt aber deutliche Schwächen bei den Mehrwertdiensten.
Über die Studie
Über einen Zeitraum von drei Monaten wurden bundesweit insgesamt 15 Anbieter für Mobile Payment systematisch in der Praxis am Point of Sale getestet und bewertet. Ergebnis ist ein Update der Mobile Payment-Studie für den deutschen Markt aus dem Vorjahr.
Der Fokus, der in 2015 einbezogenen Services liegt in rein Handy-basierten Bezahlsystemen: Ohne jegliche Zusätze wie NFC-Sticker, Dongles oder klassische Karten soll der Nutzer bezahlen können. Lediglich ein Smartphone soll für die Zahlung zwingend erforderlich sein. Dem angenommenen Erfolgsfaktor von Mobile Payment, dass Autorisierung, Authentifizierung und Geldtransfer mit nur einem Device abgewickelt werden muss, wurde demzufolge Rechnung getragen.
Kriterien für die Teilnahme an der Studie waren darüber hinaus:
- Der jeweilige Service muss in Deutschland in mehr als einer Region verbreitet und akzeptiert sein, idealerweise landesweit.
- Die Zahlung erfolgt am Point-of-Sale – der auch das Taxi oder ein öffentliches Verkehrsmittel sein kann: Auf diese Weise sollen die Einkäufe abgegrenzt werden, die zwar über das Smartphone getätigt werden, jedoch nur über den mobilen Browser auf den Online-Shop zugreifen.
Die vollständige Mobile Payment-Studie kann für 399 € bei Mücke, Sturm & Company und How2Pay bezogen werden.
Das Interesse an mobile Payment steigt definitiv an, dennoch stehen viele dem ganzen skeptisch gegenüber, wenn es um die Sicherheit der eigenen Daten geht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass trotz des Interesses viele davon Abstand nehmen.