Oft werden Online-Händler wegen kleinster Fehler auf der Website abgemahnt. Für rund die Hälfte der Online-Händler (46 Prozent) stellen diese Abmahnungen eine akute Existenzbedrohung dar. Denn die Folgekosten sind hoch.
Das sind Ergebnisse der Studie “Abmahnungen im Online-Handel”, die Trusted Shops durchgeführt hat. Die Studie deckt die größten Problemfelder im Online-Handel auf und informiert, welche konkreten Maßnahmen sich Online-Händler wünschen, um den Abmahn-Wahn einzudämmen. Insgesamt haben 1.007 Händler an der Studie teilgenommen.
Insgesamt 300 Verstöße wurden bei den teilnehmenden Händlern in 2015 abgemahnt. Der finanzielle Schaden für den Online-Handel wird bei den Kosten pro Abmahnung deutlich: So verzeichneten 40 Prozent der Händler Kosten in Höhe von mehr als 1.500 Euro. Das Problem: Häufig bleibt es nicht nur bei einer einzigen Abmahnung im Jahr und die Kosten summieren sich. So empfindet rund jeder zweite Online-Händler (46 Prozent) Abmahnungen als eine akute Existenzbedrohung für sein Unternehmen. Nur 16 Prozent sind der Meinung, dass Abmahnungen ihre Existenz nicht gefährden.
Die drei größten Problemfelder: Widerrufsrecht, Markenrecht und Preisangaben sind die
- Häufigster Grund für eine Abmahnung sind Fehler in Bezug auf das Widerrufsrecht. Dies ist bei 20 Prozent der Händler der Fall. So stellt die korrekte Belehrung über das Widerrufsrrecht trotz eines gesetzlichen Musters noch immer die größte Herausforderung für Online-Händler dar.
- Auf Platz 2 der Abmahngründe rangiert die Missachtung von Markenrechten (18 Prozent). Verwendet ein Händler beispielsweise einen geschützten Begriff zur Beschreibung seiner Produkte ohne Zustimmung des Rechteinhabers, verletzt er Markenrechte.
- Am dritthäufigsten (15 Prozent) wurden falsche bzw. irreführende Preisangaben abgemahnt. Hier haben Online-Händler die größten Schwierigkeiten bei der Angabe von Grundpreisen (z. B. der Preis pro Liter bei Flüssigkeiten).
Sich gegen Abmahnungen wehren lohnt sich
Die Studie belegt aber: Rund zwei Drittel der deutschen Online-Händler setzt sich gegen Abmahnungen zur Wehr – mit Erfolg. In einem Viertel der Fälle waren die Abmahnungen ganz vom Tisch. Bei einem weiteren Viertel wurden zumindest die Kosten gesenkt. Darüber hinaus wurden in jedem dritten Fall inhaltliche Veränderungen der Unterlassungserklärungen akzeptiert.
Online-Händler fordern limitierte Anwaltskosten und einfachere Gesetze
Die Studie beleuchtet nicht nur die aktuelle Situation. Die Teilnehmer konnten darüber hinaus Vorschläge machen, mit welchen Maßnahmen der Abmahn-Wahn eingedämmt werden kann. An erster Stelle der Vorschläge:
- 16 Prozent der Teilnehmer sprechen sich für limitierte Anwaltskosten aus.
- Platz 2 verdeutlicht, dass viele Händler überfordert sind mit den komplizierten Regelungen im Online-Handel. 14 Prozent fordern einfachere Gesetze, damit Händler überhaupt erkennen können, welche Pflichten sie einzuhalten haben.
- An dritter Stelle steht die Forderung, dass Mitbewerber nicht mehr abmahnen dürfen, sondern nur noch staatliche Behörden oder zugelassene Verbände.
Wachstumsbranche wird gebremst
„Die Angst und auch die reale Gefahr, eine Abmahnung zu bekommen, halten viele stationäre Händler davon ab, ihre Produkte und Dienstleistungen auch online anzubieten. Es muss etwas getan werden, um den Abmahn-Wahn weiter einzudämmen. Hier ist die Politik gefordert. Weniger und einfacher zu erfüllende Pflichten wären dabei sehr hilfreich“, so Dr. Carsten Föhlisch, Justiziar von Trusted Shops.
Auch der Kölner E-Commerce Anwalt Christian Solmecke bestätigt die Ergebnisse der Studie: „Noch immer wird massiv wegen kleinster Fehler auf der Webseite abgemahnt. Oft sollen damit Wettbewerber vom Markt verdrängt werden. Vereinzelt finden sich um Abmahnwellen Betroffene in Internetforen zusammen. In solchen Fällen ist es dann möglich, die Vielzahl der Abmahnungen nachzuweisen und daraus eine Rechtsmissbräuchlichkeit herzuleiten.
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