Scheinprivate Online-Händler stellen eine Bedrohung für den fairen Handel dar. Anfängliche Privatverkäufe können sich – teilweise unwissentlich – zu einem gewerblichen Handeln entwickeln. Gewerbliche Händler, die scheinbar als Privatanbieter verkaufen, sind der ehrlichen Konkurrenz ein Dorn im Auge, so eine Studie des Händlerbundes mit rund 1200 Teilnehmern aus der E-Commerce-Branche.
Online-Händler, die nur scheinbar als private Anbieter auftreten, verschaffen sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz – eine Erkenntnis, die 96 Prozent der Befragten bestätigen. Wer als scheinprivater Händler im Internet verkauft, umgeht Gewährleistungspflichten, das Widerrufsrecht und verzichtet auf Impressum und Steuernummer. Bei Produkten im höheren Preissegment wie Fahrzeugen schlage sich die nicht abgeführte Mehr- und Umsatzsteuer deutlich im Preis nieder.
Bemerkt der Käufer nach dem Kauf einen Mangel, hat er beim Privatkauf keinerlei Rechte das erworbene Produkt oder die Dienstleistung zu reklamieren oder vom Kauf zurückzutreten. Die Missachtung der Käuferrechte bemängeln 85 Prozent der Befragten. Der Großteil der Teilnehmer stimmt der Aussage zu, dass scheinprivate Händler den fairen Wettbewerb gefährden (80 %) und ein schlechtes Licht auf den Online-Handel werfen (65 %).
Private und gewerbliche Händler unterscheiden
Die eindeutige Identifikation von scheinprivaten Händlern ist schwierig und die Übergänge zum privaten Gewerbe verschwimmen oft. Die Gerichte haben Kriterien herausgearbeitet, die die Unterscheidung von privatem und gewerblichem Handeln erleichtert:
- übermäßig viele Verkäuferbewertungen in einem kurzen Zeitraum
- große verfügbare Stückzahlen
- Varianten des Produktes, wie unterschiedliche Größen und Farben
Der Bundesgerichtshof formulierte 2008: „Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internet-Plattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist auf Grund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen. Dazu können wiederholte, gleichartige Angebote, ggf. auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige sogenannte Feedbacks und Verkaufsaktivitäten für Dritte rechnen.“
Schwarze Schafe bei Ebay, Amazon und Co
Rund 86 Prozent der Befragten stießen bereits einmal auf schwarze Schafe, die ihr Geschäft nur scheinbar als private Anbieter betreiben. Zu finden sind diese nicht nur auf Online-Marktplätzen wie Ebay (83 %), DaWanda (15 %) oder Amazon (13 %), sondern auch in Verkaufsgruppen des sozialen Netzwerks Facebook (3 %).
Der beste Weg sei, den Händler mit einem formlosen Schreiben zunächst auf sein rechtswidriges Verhalten hinzuweisen. Die Studie des Händlerbundes allerdings zeige, dass mehr als ein Drittel selbst nach mehrmaligem Kontakt nicht reagiert und sein Geschäft unbeirrt weiterführt. Nur ein geringer Teil der Befragten gehe härter gegen scheinprivate Händler vor und nutzt das Mittel der Abmahnung (4 %) oder eine Information an die Steuerbehörde (8 %) oder das Ordnungsamt (2 %), um Abhilfe zu schaffen.
Aufgrund der Studienergebnisse wird der Händlerbund in Kürze ein Angebot bereitstellen, das Betroffenen konkrete Beratung und Hilfestellung zum Thema bietet. Das entsprechende Kontaktformular wird unter www.fair-commerce.de eingerichtet.
Der Händlerbund hat im vergangenen Jahr die Initiative FairCommerce ins Leben gerufen. Ziel ist es, den fairen Wettbewerb im Online-Handel zu stärken. Bereits über 30.000 Befürworter haben sich im letzten Jahr der Initiative angeschlossen. Die Mitgliedschaft in der Initiative FairCommerce ist kostenfrei.