Auto-Käufer gewöhnen sich daran, den Großteil ihrer Kaufentscheidungen online zu treffen. Doch für den eigentlichen Kauf gehen sie nach wie vor zum Händler. Beim Wechsel vom Internet ins Autohaus werden sie dann oft enttäuscht: Die Verknüpfung von Online- und Offline-Einkaufserlebnis im Autohandel bleibt weiterhin unbefriedigend.
Autokäufer in Deutschland, China und den USA bewerten laut einer Untersuchung von Accenture die Integration von digitalem und realem Einkaufserlebnis als bestenfalls befriedigend; im Gesamt-Durchschnitt vergaben die Befragten nur 2,32 Punkte von vier möglichen (wobei „1 Punkt“ für gar keine und „4 Punkte“ für eine vollständige Integration von Online und Offline standen).
Die Durchschnittsbewertung der deutschen Befragten fiel mit 2,1 Punkten sogar noch schlechter aus.
Digital Natives gehen öfter zum Auto-Händler
Überraschend dabei: Gerade online-begeisterte Autokäufer gehen der Untersuchung zufolge häufiger ins Autohaus als konservativere Kunden. 60 Prozent der „Digital Natives“ – das sind Kunden, die sich selbst als sehr offen gegenüber digitaler Technik beschreiben – gingen bei ihrem letzten Autokauf mehr als zwei Mal zu einem Händler. In der Gruppe der „Digital Laggards“ genannten, konservativeren Kunden taten dies nur 47 Prozent.
Da sie einen Großteil ihrer Kaufentscheidungen bereits online treffen, verbringen die „Natives“ allerdings weniger Zeit beim Händler als die „Laggards“. Das verdeutliche, wie sehr sich die Rolle des Autohauses verändert: War es früher noch der erste Anlaufpunkt bei jedem Autokauf, so ist es heute meist der letzte.
Fast alle befragten Kunden hatten angegeben, persönliche Gespräche und Beratung seien heute nicht mehr bei jedem Schritt des Autokaufs erforderlich.
Herkömmliche Verkaufspräsentationen sind out
„Kunden kaufen anders ein als früher – vor allem wegen der heute verfügbaren digitalen Technik. Sie gehen zum Händler, um dort persönlich Erlebnisse und Informationen zu suchen, die sie online nicht bekommen können, oder um sich von Experten Rat zu holen. Herkömmliche Verkaufspräsentationen braucht dagegen niemand mehr“, erklärt Axel Schmidt, Managing Director in Accentures Automotive-Practice.
„Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto mehr müssen Hersteller und Händler ihre Vermarktungs- und Vertriebsabläufe miteinander verzahnen. Um wirklich nahtlose Multichannel-Erfahrungen bieten zu können, müssen sie enger zusammenarbeiten als je zuvor.“
Verbesserungsbedarf sehen die Befragten nicht nur bei der Integration, sondern auch bezüglich der Ausgestaltung von digitalen Kanälen und Autohäusern. Beinahe die Hälfte (46 % der deutschen, 43 % aller Befragten) würde ein neues Auto online kaufen, wenn die Preise im Webshop niedriger wären als die beim Händler – sogar fast jeder zweite „Digital Laggard“.
Aber Rabatte sind nicht das Einzige, was Käufer gerne im Netz finden würden: Bessere Produkt-Konfiguratoren, Beratung per Online-Chat und Augmented-Reality-Anwendungen stehen ebenfalls auf der Liste der Verbesserungsvorschläge.
Experten-Rat ist gefragt
Bezüglich der Einkaufserfahrung im Autohaus zeigt die Umfrage: Käufer erwarten von Händlern vor allem Experten-Rat und weiterführende Produktinformationen sowie begründete Empfehlungen für ihren Kauf – und zwar während des gesamten Entscheidungsverlaufs.
„Hersteller und Händler haben eigentlich alles zur Verfügung, was sie brauchen, um den Online- und Offline-Autokauf noch ansprechender zu gestalten: von Cloud-basierter Customer-Relationship-Management- und Business-Insights-Software bis hin zu Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen“, ergänzt Axel Schmidt. „Doch um wirklich erfolgreich zu sein, müssen sie alles miteinander verzahnen. Das dürfte nicht ganz einfach werden, aber lohnenswert. Gewinnen wird nämlich, wer Kunden eine gut integrierte Multi-Channel-Erfahrung bieten kann.“
Deutsche Kunden bevorzugen das Autohaus – noch
Die Erwartungen, die Auto-Käufer an digitale Kanäle und Autohäuser haben, unterscheiden sich auf geringfügige, aber doch bedeutsame Weise:
- Deutschland: Hierzulande erfahren Autohäuser nach wie vor eine hohe Wertschätzung: 46 Prozent der befragten Deutschen würden ihr nächstes Auto wieder bei einem herkömmlichen Händler kaufen; 61 Prozent würden es auch am liebsten dort abholen. Dennoch haben viele deutsche Autofahrer Interesse an neuen Kanälen: 20 Prozent würden ihren nächsten Pkw bevorzugt bei einem „Virtual Dealer“ kaufen – also einem Händler, der über Augmented- und Virtual-Reality-Gadgets verfügt; 10 Prozent könnten sich vorstellen, ihr Auto in einem Online-Shop zu erwerben.
- China: Chinesische Kunden zeigen in der Umfrage die größte Präferenz für „Flagship-Stores“ in Innenstadtlage. 37 Prozent der Befragten gaben an, ihr nächstes Auto in einem solchen Geschäft kaufen zu wollen. 28 Prozent wollen ihr Auto in einem herkömmlichen Autohaus entgegennehmen. Und nur 15 Prozent wären bereit, ihr nächstes Auto vollständig online zu erwerben.
- USA: US-Kunden zeigen die stärkste Präferenz für einen reinen Internet-Autokauf: 19 Prozent würden ihr nächstes Fahrzeug online erwerben. 14 Prozent der Befragten bevorzugen einen Flagship-Store, 35 Prozent einen herkömmlichen Händler.
„Unabhängig von diesen Unterschieden gilt: Wenn der Autokauf wirklich zu einer Multi-Channel-Erfahrung werden soll, dann müssen Hersteller und Händler den Vertriebsablauf grundlegend ändern. Nur so können sie alle Wettbewerbsvorteile des Ansatzes nutzen und zugleich die Angriffe von neuen Spielern abwehren, deren Plattform-Geschäftsmodelle bereits den Gebrauchtwagenmarkt durcheinanderwirbeln.“
Über die Studie: Die Resultate der Online-Umfrage „Auto Retail 2025“ wurden im Frühjahr 2016 in China, Deutschland und den USA erhoben. Befragt wurden Privatleute, die während der vergangenen fünf Jahre einen Neuwagen erworben hatten; alle drei Stichproben waren jeweils repräsentativ für den jeweiligen Markt. Der Berichtsband zur Umfrage ist online erhältlich.