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Automobilindustrie: Zwischen Blechbiegern und Pixelmeistern

blechbieger

Quelle: KPMG

Mit dem Auto alleine ist in Zukunft kein Geld mehr zu verdienen. Das zeigen die Ergebnisse des Global Automotive Executive Survey 2017, der anlässlich der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas vorgestellt wird. Doch was wird in Zukunft die Profitquelle für Automobilhersteller sein? Der Kunde, seine Daten, das digitale Ökosystem?

Die Zahl sagt viel: Bereits heute gehen 85 Prozent der fast 1.000 befragten Führungskräfte aus 42 Ländern davon aus, dass ihr Unternehmen mit dem digitalen Ökosystem künftig mehr Umsatz generieren wird als mit dem Auto, das sie bauen.

Eine komplette Verschmelzung zwischen der automobilen und der digitalen Welt wird es so nicht geben, dafür aber eine Co-Integration auf einer nächst höheren Dimension. Dieter Becker, Global Chair of Automotive bei KPMG: „Die diesjährigen Ergebnisse der Umfrage zeigen eines sehr deutlich: Die Autoindustrie steht zwischen zwei Welten, der offline- und online-Welt, die sich auch auf lange Sicht nicht komplett vereinen lassen. Wir brauchen eine zusätzliche Dimension. Eine, auf der beide Welten vertreten sind und ineinander greifen. Wer dort welche Rolle in der Wertschöpfungskette einnimmt, ist jedoch noch nicht entschieden. Dass der Kunde dort im Mittelpunkt stehen muss, steht aber außer Frage.“

Antrieb schlägt Auftrieb – wieder

Eigentlich wollten sich die Autobauer zukunftsfest machen und einzig auf das digitale Zeitalter samt Konnektivität fokussieren, das ergaben die Ergebnisse der letztjährigen Umfrage, in der Digitalisierung und Vernetzung als Top Trend gesehen wurden. Doch plötzlich steht mit knapp 50 Prozent die Antriebsform (Batterietechnologie) wieder ganz oben auf der Agenda – noch vor Digitalisierung und Vernetzung.

Becker: „Es ist klar ersichtlich, dass sich die Autobauer in einem Dilemma befinden zwischen Investitionsentscheidungen, Erreichung der CO2-Ziele und unterschiedlichen Produktentwicklungszyklen. Die klassischen Verbrennungsmotoren bleiben technologisch zwar relevant – das sehen auch 76 Prozent der Executives so – diese werden aber wie der Diesel derzeit kritisch betrachtet. Knapp die Hälfte der Führungskräfte ist daher überzeugt, dass der Diesel als erste Antriebstechnologie auf kurz oder lang aus dem Portfolio der Hersteller verschwinden wird.“

Der Einbau von umweltfreundlicheren Antrieben in Fahrzeuge alleine wird jedoch nicht zum Durchbruch der Elektromobilität führen können. So zeigen die Ergebnissen, dass die Führungskräfte zwar heftig für Elektromobilität votieren, aber viele Fragen bezüglich Standards, Infrastruktur, Einfachheit der Nutzung, Energiebereitstellung und tatsächlich sinnvollen Anwendungsbereichen reiner Batteriefahrzeuge dringender Klärung bedürfen.

Das Maß aller Dinge ist nicht mehr die Anzahl an verkauften Fahrzeugen

„Für die Autoindustrie heißt das, dass sich die reine Produktprofitabilität überholt hat. Der Erfolg der Autobauer wird in Zukunft womöglich nicht mehr nur ausschließlich anhand verkaufter Fahrzeuge gemessen, sondern vielmehr an der Profitabilität pro Kunde – besonders dann, wenn das digitale Ökosystem marktreif geworden ist“, so Becker.

Für OEMs bedeutet dies, das sie umdenken müssen: Langfristig werden sich die Marktteilnehmer durchsetzen, die den Kunden und dessen Datenspur für sich gewinnen. Denn nur so kann im digitalen Ökosystem mit ihm Umsatz gemacht werden. Drei von vier Autoexperten gehen sogar davon aus, dass ein vernetztes Auto über den gesamten Lebenszyklus mehr Umsätze generieren wird als zehn traditionelle, nicht vernetzte Fahrzeuge.

Für den Erfolg maßgebend wird ein eigenes Ökosystem sein

Die Lösung für das Dilemma zwischen automobiler und digitaler Welt kann nur eine Integration aller Up- & Downstream-Elemente in einem virtuellem Cloud-Ökosystem sein, worin alle Marktteilnehmer, vom Endkonsumenten über IKT-Unternehmen bis hin zu traditionellen Hardware- Anbietern, vereint werden. Interessant dabei ist jedoch auch, dass in solch einem digitalen Ökosystem für den Kunden Datensicherheit eine zentrale Rolle spielen wird – ein Gedanke, der danach verlangt, den Sicherheitsbegriff neu zu definieren und der damit die traditionellen Kaufkriterien über Bord werfen kann.

Weitere Fragen denen in der Studie nachgegangen wird:

  • Wem gehören eigentlich die wertvollen im Fahrzeug generierten Fahrzeug- und Kundendaten? Wem vertrauen Kunden ihre Daten überhaupt an und was ist es, was sie dafür als Gegenwert erhalten möchten?
  • Wie verändern die neuen Marktteilnehmer aus dem Silicon Valley die Automobilindustrie? Hält das über Jahrzehnte aufgebaute Band zwischen Kunde und klassischem Autobauer?
  • Wird Europa tatsächlich massiv an Boden verlieren, wenn 65 Prozent der Executives der Meinung sind, dass in 2030 weniger als 5 Prozent des Produktionsvolumens aus Westeuropa kommen werden? Wird China seinen Siegeszug ungehindert fortsetzen und vielleicht sogar zum Innovationsführer werden? Indien schickt sich an, China auf der Pole-Position abzulösen – wie realistisch ist das?

So ist der neue Global Automotive Executive Survey 2017 in seinem 18. Jahr entstanden: Nahezu 1.000 Vorstände und Geschäftsführer von Herstellern, Zulieferern, Händlern, Finanz- und Mobilitätsdienstleistern sowie Unternehmen der IKT-Industrie haben für die 18. Ausgabe einen umfassenden Einblick darüber gegeben, welche Themen und Trends die Branche heute beschäftigen und in Zukunft noch viel öfter bewegen werden.

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