Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung spüren einen geringeren digitalen Druck am Arbeitsplatz als Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft. 15 Prozent fühlen sich nach eigener Einschätzung durch den digitalen Wandel überfordert. Zum Vergleich: In der Automobilindustrie sind es 47 Prozent, bei Finanzdienstleistern 21 Prozent. Der Grund: Der Übergang in ein digitales Arbeiten ist in öffentlichen Einrichtungen weniger drastisch als in Unternehmen. Zu den Ergebnissen kommt die Studie „Digitale Überforderung im Arbeitsalltag“ von Sopra Steria Consulting.
Die Arbeitnehmer von öffentlichen Arbeitgebern profitieren derzeit vom geringeren Wettbewerbsdruck im Vergleich zur privaten Wirtschaft. Dort sagen rund 70 Prozent der Führungskräfte, ihr Unternehmen müsse digital nachziehen, weil andere Anbieter bereits weiter sind. Digitalen Wettbewerb gibt es zwischen einzelnen Verwaltungen zwar auch, allerdings deutlich weniger stark ausgeprägt.
Geringerer Digitalisierungsdruck kommt Arbeitnehmern zu Gute
„Bund, Länder und Kommunen sind, wie die Unternehmen, gezwungen, Leistungen und interne Prozesse zu digitalisieren. Der Umbruch passiert allerdings weniger radikal. Während Unternehmen häufig schnell flächendeckende Maßnahmen durchführen müssen, werden 90 Prozent der E-Government-Vorhaben erst in kleinen Projekten erprobt. Das kommt zwangsläufig auch den Mitarbeitern zu Gute, die in neue Technologien und Arbeitsweisen hineinwachsen können“, sagt Thomas Walsch, Experte Digitale Transformation von Sopra Steria Consulting.
Darüber hinaus laufe der Digitalisierungsprozess der öffentlichen Hand häufig gesteuerter ab als in Unternehmen. 71 Prozent der Verwaltungsmitarbeiter geben an, dass sie beispielsweise bei der Einführung digitaler Prozesse einen klaren Rahmen bekommen, welche Tools genutzt werden sollen. In der Privatwirtschaft herrsche dagegen mehr Wahlfreiheit. Im Durchschnitt können mehr als 40 Prozent der Befragten selbst entscheiden, inwieweit sie digitale Technologien in ihre Arbeit integrieren, so die Studie.
„In Zukunft wird es sicher mehr als weniger Entscheidungsfreiheit beim digitalen Arbeiten geben – auch in der öffentlichen Verwaltung“, erklärt Walsch. „Gerade in der Phase des digitalen Umbaus sollten die Mitarbeiter allerdings nicht mit ihrer Freiheit allein gelassen werden, um einer digitalen Überforderung vorzubeugen. Deshalb profitieren Verwaltungsmitarbeiter aktuell von dem gebremsten und stärker gelenkten digitalen Wandel“, so Walsch.
Ein weiteres Rezept gegen digitale Überforderung ist die Vermittlung von Know-how und der Aufbau von Kompetenzen. Bei Thema Schulungen und Change Management befinden sich die Verwaltungen auf dem Niveau der privaten Unternehmen. 90 Prozent werden nach eigenen Angaben bei Einführung neuer digitaler Technologien ausreichend informiert und trainiert. Allerdings ist Qualifizierung im Vergleich zu Privatwirtschaft quasi automatisch Bestandteil jeder Digitalisierungsmaßnahme, darauf deuten die Studienergebnisse hin: Sämtliche befragten Verwaltungsführungskräfte geben an, Mitarbeiter werden in digitalen Technologien aus- oder weitergebildet. In privaten Unternehmen bestätigen das im Durchschnitt nur rund 80 Prozent der Entscheider.
Methodik: Im Juli 2016 ließ Sopra Steria Consulting insgesamt 211 Angestellte und Führungskräfte aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern zu ihrer Haltung gegenüber der digitalen Transformation befragen. Die Erhebung fand über einen Online-Panel statt und bezog Unternehmen unterschiedlicher Branchen ein – darunter Finanzdienstleister, Energieversorger, Industrieunternehmen und Behörden. Explizit ausgeschlossen waren IT-Dienstleister und Beratungsunternehmen.