In keiner anderen Industrie wird der Vorstandschef auch nur annähernd so häufig gewechselt wie in der Telekommunikationsbranche. Zu diesem Ergebnis kommt die „CEO Succession Studie“ von Strategy&, PwCs Strategieberatungsteam. Demnach tauschen knapp 25 Prozent aller Telcos ihren CEO jährlich aus – in den letzten fünf Jahren ist dieser Wert von 22 auf 25 Prozent sogar noch weiter angestiegen. In den meisten anderen Branchen lag die jährliche Wechselrate im gleichen Zeitraum dagegen meist nur zwischen 10 und 15 Prozent.
„Wie häufig die Telekommunikationskonzerne mittlerweile ihre Vorstandschefs wechseln, ist frappierend“, sagt Christine Rupp, Leiterin des Bereichs Technologie, IT, Medien und Telekommunikation Consulting bei Strategy& in Deutschland und Autorin der Studie.
„Eine Branche im Zustand dauerhafter Disruption“
Ihrer Ansicht nach spiegeln diese Zahlen „die einzigartigen Herausforderungen, denen die Branche ausgesetzt ist. So befindet sich die Telekommunikationsindustrie durch den digitalen Wandel inzwischen in einem Zustand dauerhafter Disruption. Die Kunden werden immer anspruchsvoller, der regulatorische Rahmen immer schwieriger – und die Konkurrenz durch neue Player wie Netflix tut ein Übriges. Offensichtlich wissen sich die Telcos in vielen Situationen nicht mehr anders zu helfen, als den CEO auszutauschen.“
Jeder vierte Telco-Chef wird entlassen – in anderen Branchen ist es nur jeder siebte
Eine weitere Besonderheit: 25 Prozent der Chefwechsel seit 2011 waren ungeplant – die Telco-CEOs wurden also entlassen. Auch das ist über alle Industrien hinweg ein Höchstwert. Zum Vergleich: Im Gesundheitssektor oder in der Konsumgüterbranche erfolgte im gleichen Zeitraum nur jeder siebte Abgang unfreiwillig. Auch eine weitere Zahl aus der Untersuchung reflektiert die Umwälzungen, die die Telekommunikationsbranche derzeit durchläuft. So wurde mehr als ein Drittel aller neuen Vorstandschefs von außen rekrutiert, während es beispielsweise in der IT-Industrie nur 15 Prozent waren.
„Dass viele Telcos auf einen externen CEO setzen, reflektiert die Tatsache, dass die Industriegrenzen zunehmend verschwimmen. Daher sind Impulse von außen – auch aus anderen Industrien – zunehmend relevant“, erklärt Rupp.
Die Kennzahlen zeigen: Eine „Hire and Fire“-Mentalität zahlt sich nicht aus
Positive Effekte jedenfalls ergeben sich durch die „Hire and Fire“-Mentalität nachweislich nicht. So haben die Spezialisten von Strategy& branchenübergreifend errechnet, dass Unternehmen, die ihren CEO plangemäß austauschen, in den zwölf Monaten vor und den zwölf Monaten nach dem Chefwechsel eine mittlere Aktionärsrendite („median Total Shareholder Value“) von minus 4,0 Prozent erzielten. Dagegen war der Wert bei ungeplanten CEO-Wechseln deutlich schlechter, nämlich minus 13,5 Prozent.
„Natürlich kann es immer Situationen geben, in denen es geboten ist, den Vorstandschef vorzeitig zu ersetzen. Allerdings sprechen die Kennzahlen dafür, dass die Unternehmen am besten fahren, die klar strukturierte Nachfolgeprozesse aufgesetzt haben. Leider mangelt es daran bei vielen Firmen immer noch – auch in Deutschland“, so Rupp.