Automobilhersteller müssen sich zunehmend mit strukturellen Veränderungen auseinander setzen: Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen sie digitale Geschäftsmodelle kreieren und implementieren. Die Kompetenz, das auf Basis von Daten umzusetzen, wird entscheidend. Auch die Einstellung der Kunden hat sich gewandelt. Das geht aus einer Studie der Fokusgruppe Connected Mobility im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hervor.
Sie haben starke Marken, bedienen das Premiumsegment ebenso wie den Massenmarkt und der Erfolg scheint seit Jahrzehnten schon obligatorisch: Deutsche Automobilhersteller setzten lange Zeit Maßstäbe in ihrer Branche. Durch die Digitale Transformation und den Vormarsch datenbasierter Geschäftsmodelle konkurrieren sie plötzlich mit Unternehmen, die über keinerlei Kompetenz im Bereich Automobil verfügen oder diese gerade erst aufbauen. Die Gemeinschaftsstudie von BVDW und Accenture Digital widmet sich dieser Konkurrenzsituation – für die Untersuchung wurden Interviews mit allen am Ökosystem beteiligten Playern geführt. Berücksichtigt wurden BMW, door2door, Flixbus, MAN, Mercedes, Telefonica, Telekom, VW, Uber und acht unabhängige Experten.
Apple macht es vor
Welche Rolle neben den Produkten selbst die Geschäftsmodelle und digitale Services spielen können, zeige der Smartphone-Markt. Samsung verkauft mit Abstand die meisten Smartphones weltweit, dennoch schöpft Apple fast 80 Prozent des globalen Anteils am Gesamtgewinn des Smartphone-Marktes ab, Samsung knapp 15 Prozent. Apple liefert über den eigenen Appstore digitale Services mit, Samsung hat das an Googles Android ausgelagert.
„Apple zeigt das Potential, das die Verbindung eines überragenden Produkts mit einem kontrollierten digitalen Ökosystem bietet“, erklärt Dr. Gabriel Seiberth (Accenture Digital), in der BVDW-Fokusgruppe Connected Mobility Experte für das Thema datenbasierte Geschäftsmodelle. Daraus könne die Automobilindustrie einiges lernen, so Seiberth.
„Die deutschen Automobilhersteller haben über Jahrzehnte sehr starke und emotionalisierte Marken aufgebaut, die sie jetzt in die digitale Welt überführen müssen. Gelingt das, haben sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Internetanbietern, die weniger über die Marke als über den Nutzwert wahrgenommen werden und damit eine geringere Markenbindung aufweisen.“
Aus Sicht der OEM sei das der positive Aspekt der Studie. Der negative ist, dass die Hersteller hier zwar vieles tun, wesentliches Potential aber noch ungenutzt lassen. So seien sie etwa noch sehr stark auf ihr heutiges Kerngeschäft fokussiert und haben es bislang nicht geschafft, eigene starke digitale Ökosysteme aufzubauen und mit einem digitalen Markenversprechen zu verbinden.
„Datenkompetenz wird entscheidend sein“
Der Anteil datenbasierter Services am Gesamtumsatz soll massiv zunehmen: Bis 2030 werden beispielsweise Connected-Cars-Services wie etwa Parkplatzsuche Verkehrsinformationen in Echtzeit ein fast zehn Mal höheres Umsatzpotenzial haben als heute. Das Umsatzvolumen von Mobilitätsservices (z.B. Car Sharing) soll bis dahin im Vergleich zu 2017 beinahe 30 Mal höher sein. In 2050 werden digitale Dienste für die Hälfte der automobilen Wertschöpfung stehen.
„Hier entstehen enorme Geschäftspotenziale – und Datenkompetenz wird entscheidend sein, welche Player im Markt davon am stärksten profitieren“, prognostiziert Seiberth. Im Einklang dazu steige auch die Akzeptanz seitens der Zielgruppe: Die für die Studie befragten Experten gehen davon aus, dass 92 Prozent der Nutzer bereit sind, ihre Daten zu teilen, wenn sie im Gegenzug von digitalen Services profitieren. 84 Prozent erwarten, dass Nutzer mittlerweile eine direkte Zahlungsbereitschaft für solche Dienste haben.
„Das hat sich im Laufe der letzten Jahre stark gewandelt“, weiß Seiberth. „Der Grund liegt in den Daten: Da diese über Personalisierung und Kontextbezug jetzt eine echte Kundenrelevanz bieten, zahlen Nutzer auch dafür – sei es mit Daten oder mit Geld.“