In der Produktionstechnologie zeigt sich weiter ein klarer Trend zur Individualisierung. Schon bei einem Fünftel der deutschen Industrieunternehmen wird die Losgröße 1 zu den Kosten einer Serienfertigung realisiert. In spätestens fünf Jahren wollen die nächsten 28 Prozent nachgezogen haben, in zehn Jahren weitere 14 Prozent.
Laut dem deutschen Industrie 4.0 Index der Unternehmensberatung Staufen folgen die Unternehmen ihrer strategischen Einschätzung: Sechs von zehn bewerten die Losgröße 1 als wichtigen Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens und ihrer Branche.
Erstaunliche Abweichungen zeigt dabei eine Industrie, die eigentlich bereits heute große Erfahrungen mit zumindest teilweise individualisierten Produkten hat, die Automobilindustrie. Hier betrachten nur 40 Prozent Losgröße 1 als wichtiges strategisches Thema für das eigene Haus, nur leicht größer ist die Zustimmung auf Branchenebene. Geschuldet sei ist diese Skepsis möglicherweise dem Marken- und Produktverständnis der Branche. Immerhin lebt der Endkundenmarkt stark von einer persönlichen Identifikation mit Automodellen. Damit ist man geneigt, auch sehr stark modifizierte Produkte als Teil einer Serie wahrzunehmen.
Losgröße 1: Keine Branche kann sich verschließen
Entsprechend diesem Selbstverständnis liege auch die Einschätzung der Machbarkeit von Losgröße 1 in der Automobilindustrie deutlich hinter anderen Wirtschaftszweigen zurück. Ein Viertel glaubt nicht daran, je Losgröße 1 zu kostenneutralen Preisen zu realisieren. Auch sagt mehr als ein Drittel der Befragten, dass dies für das eigene Unternehmen gar keine Relevanz habe.
„Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass sich einzelne Branchen völlig der Losgröße 1 verschließen können. Je weiter die Vorreiter die Individualisierung vorantreiben, desto selbstverständlicher werden auch die Kundenerwartungen insgesamt. Außerdem flexibilisiert die digitale Transformation Produktionstechnik in einem bisher nie gekannten Ausmaß – wer hier seine Chancen verpasst, den wird es möglicherweise bald überhaupt nicht mehr am Markt geben“, warnt Automotive-Experte Dr. Thilo Greshake.
Ganz anders sieht die Lage im Maschinen- und Anlagebau aus, wo die Individualisierung nach Kundenanforderungen traditionell eine sehr große Rolle spielt. 22 Prozent haben Losgröße 1 bereits verwirklicht beziehungsweise stehen unmittelbar davor, 40 Prozent legen in den kommenden zwei bis fünf Jahren nach. Weniger als jeder Zehnte glaubt nicht an die Relevanz von Losgröße 1 für das eigene Portfolio.
Nur leicht hinter dem Maschinen- und Anlagebau liegt bei diesem Thema die Elektroindustrie. Einigkeit herrscht in beiden Branchen über die strategische Bedeutung von Losgröße 1: Für 77 Prozent ein wichtiger Faktor im Bereich des eigenen Unternehmens. 70 beziehungsweise 66 Prozent bejahen dies auch für ihre gesamte Branche.
Methodik: Für den Deutschen Industrie 4.0 Index 2017 befragte die Staufen AG zusammen mit der Staufen Digital Neonex GmbH insgesamt 394 Unternehmen in Deutschland. Mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmen entstammen dem Maschinen- und Anlagenbau, der Automobil- und der Elektroindustrie.