Wo, wann und wie eingekauft wird, bestimmen im digitalen Zeitalter zunehmend die Kunden, weshalb der Einzelhandel immer stärker auf Omnichannel-Vertrieb setzt und Online- mit Offline-Kanälen verknüpft. Der deutsche Einzelhandel läuft allerdings Gefahr, beim Einsatz verknüpfter Kommunikations- und Verkaufskanäle den Anschluss zu verlieren: Deutschland belegt im internationalen Vergleich nur Platz 17 von 28.
Die führenden Omnichannel-Nationen sind laut „2017 Global Omnichannel Index“ von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, größtenteils englischsprachige Länder: Die USA führen das Ranking vor Großbritannien und Australien an, danach folgen China und Kanada. Im internationalen Branchenvergleich weisen vor allem der Mediensektor, Consumer Electronics und Spielwaren bzw. Spiele die höchste Omnichannel-Reife auf.
Die Studie analysiert Fortschritte im kanalübergreifenden Vertrieb in verschiedenen Einzelhandelssegmenten in 28 Ländern weltweit und untersucht dabei vier grundlegende Kriterien:
- den Digitalisierungsgrad von Verkaufsaktivitäten,
- das Omnichannel-Potential (erwartete Steigerung des digitalen und insbesondere des mobilen Verkaufs),
- die Kundenerwartung nach Einkäufen über Kanalgrenzen hinweg sowie
- die technologische Infrastruktur im Sinne der Verbreitung von mobilen Endgeräten und Breitband-Internet.
Deutscher Lebensmittelhandel ist Schlusslicht
Im Vergleich zum Omnichannel-Index 2015 habe sich der deutsche Wert nur um zwei Punkte verbessert. Mit einem Wert von 42 Punkten ist die deutsche Medienbranche im Omnichannel-Bereich noch am besten aufgestellt, was vor allem auf ein stark verändertes und zunehmend digitales Mediennutzungsverhalten zurückzuführen sei.
Das Schlusslicht bildet weiterhin der deutsche Lebensmittelhandel mit einem Wert von 25 Punkten. Ein Grund für die schleppende Entwicklung ist auch das Konsumverhalten der Deutschen, wie Benedikt Schmaus, Retail-Experte und Partner bei Strategy& Deutschland, erklärt: „Verbraucher hierzulande sind mit Online-Rabattaktionen nicht so stark zu locken wie andere Nationen. Anstatt auf allen Wegen zu versuchen, den besten Preis zu bekommen, bevorzugen die Deutschen häufig noch den Einkauf im stationären Handel. Daneben bremst auch die Struktur aus kleinen und mittleren Betrieben in einigen Branchen die Omnichannel-Entwicklung, da diese Betriebe häufig nicht über finanzielle Ressourcen für eine umfassende Digitalisierungsstrategie verfügen. Nachdem nun aber branchenfremde Player mit flexiblen Vertriebswegen auch in weniger digitalisierte Segmente wie den Lebensmittelhandel einsteigen, ist es für Traditionsunternehmen überfällig, ihre Omnichannel-Aktivitäten strategisch auszubauen.“
Investitionen in IT sind gefragt
Die Analyse zeigt auch positive Entwicklungen auf: Während 2015 noch kaum „Click and Collect“-Angebote existierten, bietet heute die Mehrheit der großen deutschen Einzelhändler die Möglichkeit, online bestellte Waren im Laden abzuholen. Kunden nutzen mittlerweile auch verstärkt die Möglichkeit, Online-Käufe im Geschäft zurückzugeben.
Um im internationalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren, müssen Manager im deutschen Einzelhandel gezielte Investments in die IT sowie in die Lieferkette tätigen und gleichzeitig ihr Geschäftsmodell entsprechend der vollständigen Verzahnung von Online- und Offline-Aktivitäten anpassen.
„Dazu gehören auch die Verbesserung und der Ausbau der mobilen Angebote im Einzelhandel. Diese nehmen eine Mittlerrolle zwischen der Online- und der Offline-Welt ein, nachdem das Smartphone den Verbraucher auch in den Laden begleitet. Der stationäre Handel wird auch in Zukunft seine Daseinsberechtigung haben, sofern Einzelhändler den Verbrauchern vor Ort einen echten Mehrwert bieten, wie etwa umfassende Beratungsleistungen oder das Testen von Produkten“, schließt Schmaus.