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Höchste Digitalkompetenz: Chinesische Online-Giganten erobern deutschen Handel

Chinesische Onlinegiganten werden die deutsche Handelslandschaft aufmischen. 2025 werden die Angreifer aus dem Osten bereits mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz in Europa erzielen. Spielen deutsche Namen heute noch eine zentrale Rolle in der globalen Handelslandschaft, werden JD.com und Alibaba dann bereits mehr Umsatz erwirtschaften als die zehn größten deutschen Handelsgruppen zusammen. Damit rollt auch auf Deutschland eine Handelskraft zu, welche die gesamte Branche umwälzen wird. Nur wenn sich deutsche Händler frühzeitig der neuen Konkurrenz zuwenden, werden sie im Wettbewerb langfristig bestehen können. Diese und weitere Trends im globalen Handel beleuchtet das neue Retail Journal von Oliver Wyman.

Kassenloses Einkaufen, Bezahlen per Handy und Bestellung im Laden per App mit umgehender Lieferung nach Hause? Was Amazon medienwirksam in den USA pilotiert, gehört in Asien bereits zum Standardrepertoire der Online-Giganten. Viele deutsche Händler verfolgen jeden Schritt von Amazon im Westen, doch die große Innovationswelle soll aus dem Osten kommen. JD.com und Alibaba erobern mit knapp 50 Prozent Wachstum im Jahr nicht nur den chinesischen Markt, sondern investieren nun auch Milliarden in die Expansion nach Europa. Bereits 2025 könnten sie mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz in Europa erwirtschaften.

Rainer Münch, Partner bei Oliver Wyman und einer der Autoren des Retail Journals, sagt: „Die wahre Handelsrevolution findet in Zukunft im Osten statt. Die Expansion der chinesischen Online-Giganten wird auch für die deutsche Handelslandschaft nicht ohne Folgen bleiben. Etablierte Handelsgrößen müssen sich auf die neuen Wettbewerber einstellen.“

Starke Ausgangslage

Global sei der deutsche Handel derzeit in einer starken Position. 2017 betrug der Umsatz der zehn größten deutschen Handelsgruppen insgesamt 380 Milliarden Euro. Damit liegen die zehn Konzerne deutlich vor den zehn größten Händlern aus Großbritannien (179 Milliarden Euro) und China (137 Milliarden Euro). Doch der E-Commerce-Tsunami setze etablierte Marktstrukturen unter Druck. Gebannt blicke der deutsche Handel auf die Offensive von Amazon, die zuletzt mit dem Aufkauf der US-Supermarktkette Whole Foods für Aufsehen sorgte.

Weit weniger beachtet bleibe hingegen der Vormarsch der chinesischen Online-Giganten. Habe der Umsatz von JD.com und Alibaba 2012 mit sieben Milliarden Euro nur einen Bruchteil des globalen Marktvolumens der zehn größten deutschen Händler (303 Milliarden Euro) betragen, sei er bis 2017 bereits auf 68 Milliarden Euro geschossen. Selbst bei einer Abschwächung des Wachstums auf das langjährige Amazon-Niveau von etwa 30 Prozent würden die beiden Online-Ggiganten bereits 2025 mit rund 553 Milliarden Euro mehr Umsatz machen als die zehn größten deutschen Handelsgruppen bei stabilem Wachstum.

Angriff mit höchster Digitalkompetenz

Lag der Fokus der chinesischen Giganten bislang noch auf dem Binnenmarkt, streben sie nun wie Vorreiter Amazon eine internationale Marktabdeckung an. So hat JD.com erst kürzlich angekündigt, Amazon in Europa die Stirn bieten zu wollen und zunächst eine Milliarde Euro in den Aufbau eines Logistiknetzes in Frankreich zur Expansion ihrer Plattform zu investieren.

Auch Alibaba will in den nächsten fünf Jahren mehr als 13 Milliarden Euro in die globale Expansion anlegen und unter anderem in Bulgarien ein zentrales Versandzentrum einrichten, das den gesamten europäischen Markt bedienen kann. Angesichts der enormen Finanzkraft sei in den nächsten Jahren auch mit gezielten Akquisitionen etablierter Anbieter in Europa zu rechnen.

Das Erstarken der chinesischen Spieler sei nicht zuletzt auf ihre weit fortgeschrittene Digitalkompetenz zurückzuführen. Mehr als die Hälfte des E-Commerce-Umsatzes werde in China bereits mit Smartphones erzielt; Innovationen werden wie in kaum einem anderen Land in kürzester Zeit vom Pilot zur Serienreife entwickelt.

Und nirgendwo werden mehr Ansätze verfolgt, das Online- mit dem Offline-Einkaufserlebnis nahtlos zu verknüpfen. So plant Alibaba bereits den landesweiten Roll-Out von „Hema“-Supermärkten – Supermärkte mit einem ausgezeichneten Frischeangebot, in denen Produkte über Barcodes per App bestellt und binnen 30 Minuten nach Hause geliefert werden können.

„China entwickelt sich zum Silicon Valley der Handelsszene. Die Giganten leisten sich dort einen Innovationswettlauf. Ob kassenlose Supermärkte, Pop-up-Showrooms oder Mobile Commerce – die Chinesen treiben die Zukunft im globalen Handel voran“, beobachtet Münch.

Neuer Wettbewerb

Mit den neuen Geschäftsmodellen und der Innovationskraft der Online-Giganten aus dem Osten stehe der Handel hierzulande vor neuen Herausforderungen – international etablierte deutsche Händler werden an Bedeutung verlieren.

„Händler müssen den chinesischen Onlinegiganten dicht auf den Fersen bleiben und Kooperationen frühzeitig in Erwägung ziehen“, erklärt Münch. Um den Innovationswettlauf nicht zu verlieren, reiche es nicht, den Blick nach Westen zu richten: „Der deutsche Handel muss sich auf neue Wettbewerber einstellen und auch die chinesischen Spieler in den Blick nehmen, um von der neuen Handelskraft nicht gänzlich überrollt zu werden.“

Das Retail Journal 2018 steht hier zum Download zur Verfügung.

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