Neun von 68 deutschen Universitäten im aktuellen Ranking des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), an denen Informatik gelehrt und erforscht wird, bieten einen Studienabschluss in IT- und Cybersicherheit an. Das beinhaltet neun Master- und vier Bachelor-Studiengänge. Insgesamt gibt es an den Universitäten heute 38 Professuren für IT-Sicherheit – ihre Anzahl hat sich in den letzten vier Jahren nahezu verdoppelt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.
„Die deutschen Universitäten und ihre Informatik-Fakultäten haben die steigende Relevanz von Cybersicherheit endlich erkannt, sowohl in der Forschung als auch in der Lehre“, sagt Jörg Asma, Partner und Leiter des Bereichs Cyber Security von PwC. Im Jahr 2015 haben fünf Universitäten einen Studiengang in IT-Sicherheit angeboten.
„Mehr als die Hälfte (56 %) der Universitäten mit Informatik-Fakultät verfügt heute über mindestens eine Professur. Ich appelliere daran, dass formelle Studiengänge möglichst bald folgen oder aber eindeutige Sicherheitsschwerpunkte im Informatik-Studium belegbar sind, wie es zum Beispiel die Universität Passau anbietet. Denn der Bedarf an Fachkräften steigt sowohl seitens öffentlicher Institutionen als auch der Privatwirtschaft stetig weiter an. Ich kenne so gut wie kein Unternehmen, das seinen Bedarf an Expertinnen und Experten für Cybersicherheit heute decken kann.“
Es bilden sich akademische Zentren für IT-Sicherheit
Sechs der neun Universitäten, die heute einen Abschluss im Bereich Cybersicherheit anbieten, haben mittlerweile mindestens zwei Professuren eingerichtet. Angeführt von der Ruhr-Universität Bochum (5 Professuren), der TU Darmstadt (4 Professuren) und der BTU Cottbus-Senftenberg (3 Professuren).
Dazu Asma: „Bochum ist seit Jahren als Zentrum für Forschung und Lehre in der IT-Sicherheit bekannt. Darmstadt und Cottbus dagegen haben sich deutlich verstärkt und schwingen sich auf, ebenfalls künftige relevante Zentren zu bilden.“ Auch an den Universitäten in Saarbrücken, Passau und der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in München gibt es zwei Professuren.
„An den weiteren Universitäten, die eine Professur eingerichtet haben, werden heute vielfach im Informatik-Studium Kurse angeboten und Forschungsangebote gemacht – auch wenn es dort noch keinen Abschluss zu erwerben gibt. Das halte ich für den richtigen Weg: IT-Sicherheit ist die Kehrseite der Medaille der Digitalisierung. Ich halte es für essentiell wichtig, dass in jeder akademischen Informatikausbildung auch Lehrinhalte vorkommen, die dieses, an Relevanz immer stärker zunehmende Thema, behandeln.“
Auch (Fach-)Hochschulen haben Cybersicherheit als Thema erkannt
Haben im Jahr 2015 noch sieben Hochschulen Studiengänge in IT-Sicherheit angeboten, sind es heute bereits mehr als doppelt so viele: 16 von 121 Hochschulen aus dem aktuellen CHE-Ranking (inklusive Österreich) bieten insgesamt neun Bachelor- und zwölf Masterstudiengänge für zukünftige Cyber-Experten an. 26 Professuren sind heute ersichtlich, die sich auf 17 Hochschulen verteilen. Es sticht insbesondere die Hochschule Albstadt-Sigmaringen inmitten der industriell und mittelständisch geprägten Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg mit vier Professuren heraus.
„Die Betätigungsfelder von Expertinnen und Experten in der Cybersicherheit sind heute sehr breit: von sehr technisch orientierten Tätigkeiten, beispielsweise in der Malware-Analyse und der Cyber-Forensik über organisatorische Aufgaben bei der Entwicklung und Erweiterung der Sicherheits-Architektur, bis hin zu didaktischen Arbeitsfeldern im Training von Führungskräften und Mitarbeitern“, sagt Jörg Asma. „Nicht in allen Fällen bedarf es eines tiefgehenden universitären Informatikstudiums, im Gegenteil: Angewandte Cybersicherheit ist heute für Organisationen mindestens genauso wichtig wie die Beherrschung von Technologien. Diesen Bedarf können vor allem exzellente Absolventinnen und Absolventen decken, die ihren Abschluss an einer eher praktisch orientierten Hochschule machen.“
Bedarf an Arbeitskräften kann nach wie vor nicht gedeckt werden
Trotz der positiven Entwicklung gibt Jörg Asma zu bedenken: „Es werden bereits jetzt mehr Expertinnen und Experten benötigt, als dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern und gilt sowohl für Einstiegspositionen als auch für die oberen Hierarchiestufen. Unternehmen werden darum nicht auf das Angebot deutscher Universitäten und Hochschulen warten können und weiterhin auch im Ausland, insbesondere in den USA und Israel, rekrutieren müssen. Ebenso ist ein „Training on the Job“ nach wie vor unumgänglich. Ein Informatikstudium ist hier kein Muss, selbst wenn es sicherlich helfen würde. Unverzichtbar ist neben einem technischen Grundverständnis ein großes Interesse daran, unseren Behörden und Unternehmen, allen Bürgerinnen und Bürgern dabei zu helfen, ihre Sicherheit nicht einbüßen zu müssen.“
Methodik: PwC hat im April 2019 68 Universitäten sowie 121 (Fach-)Hochschulen mit dem Lehrangebot Informatik untersucht, die im CHE Hochschulranking 2019 verzeichnet sind – unabhängig von ihrer Bewertung in unterschiedlichen Disziplinen wie Forschungs- und Studienqualität.