Auch wenn sich die Konjunktur in den beiden für den Beratungsmarkt wichtigsten Kundenbranchen Automobilindustrie und Banken eintrübt, zeigen sich die Managementberatungen in Deutschland optimistisch. Zum fünften Mal in Folge verzeichneten sie 2018 mit einer Umsatzsteigerung von über zehn Prozent ein sehr erfolgreiches Jahr. Und obwohl die Dynamik leicht nachließ, rechnen sie für die kommenden Jahre weiterhin mit zweistelligen Wachstumsraten. Ein Grund dafür ist der enorme Transformationsbedarf in nahezu allen Bereichen der Kundenunternehmen.
Viel häufiger als früher müssen Strategien, Geschäftsmodelle und Prozesse angepasst werden. Externer Rat ist daher gefragt, verfügen die Unternehmen doch einerseits nicht über die internen Kapazitäten für zusätzliche Projekte neben dem Tagesgeschäft. Andererseits fehlen ihnen die Fachkräfte, um den schnellen technologischen Wandel allein bewältigen zu können. So ist und bleibt der deutsche Managementberatungsmarkt hoch attraktiv mit deutlich überdurchschnittlichen Wachstumsperspektiven.
Laut der Studie „Managementberatung in Deutschland“ von Lünendonk sehen die untersuchten Beratungen die Digitalisierung als Investitionsschwerpunkt der Kundenunternehmen wie schon seit 2016 an erster Stelle. 95 Prozent der Befragten geben an, dass es sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich ist, dass Kunden hier investieren. Jedoch sei die sprunghafte Entwicklung der Effizienzsteigerung auf Platz 2 einen genaueren Blick wert. Denn die Bedeutung von Performance-Verbesserungen nehme aufgrund der Eintrübung der wirtschaftlichen Lage gegenüber den Vorjahren wieder deutlich zu.
„Kosten- und Effizienzthemen rücken erneut stärker in den Fokus der Unternehmen. Das wurde an zahlreichen Stellen unserer aktuellen Studie ersichtlich“, erläutert Jonas Lünendonk, Geschäftsführer bei Lünendonk & Hossenfelder. „Damit erhalten das Back Office und Effizienzsteigerungen in diesem Umfeld wieder mehr Aufmerksamkeit. Aber auch die Digitalisierung ist ein Hebel für Effizienzgewinne, z.B. der Einsatz von Technologien wie Robotic Process Automation im Finance-, IT oder HR-Bereich.“
Digitalisierung spielt zentrale Rolle
Mittlerweile spielt die Digitalisierung in jeder einzelnen Unternehmensfunktion – u.a. Produktion, Einkauf, Supply Chain – eine zentrale Rolle. Darum sind die befragten Managementberatungen auch davon überzeugt, dass speziell die IT noch das größte Potenzial für Wert- und Performancesteigerungen besitzt. So schätzen sie Big Data und Analytics bereits zum dritten Mal als die technologischen Entwicklungen ein, die ihr Geschäft am meisten treiben werden. „Daher überrascht es nicht, dass die Consulting-Unternehmen derzeit besonders viele Mitarbeiter für die Themen Big Data, Business Analytics und Data Science suchen“, analysiert Jonas Lünendonk. „Hier müssen sie verstärkt Know-how aufbauen, um die Kundennachfrage adäquat bedienen zu können.“
Als die nächsten drei Technologien, die das Geschäft beim Kunden beflügeln und damit den Beratungsbedarf steigern, sehen die Studienteilnehmer Internet of Things/Industrie 4.0, digitale Plattformen und Künstliche Intelligenz.
Anforderungen an Kompetenzprofil der Consultants steigen
Nun gilt aber auch für die Beratungsbranche, dass der Fachkräftemangel die Unternehmensentwicklung bremst. Es stehen nicht genügend erfahrene Beraterinnen und Berater zur Verfügung. „Die Nachfrage ist hoch, die veränderten Anforderungen aber ebenso“, weiß Jonas Lünendonk. „Nicht nur digitale Kompetenzen sind heute Pflicht, sondern auch quantitative Fähigkeiten im Umgang mit Daten, solides IT-Know-how, agile Projektmanagement-Methoden sowie soziale und kommunikative Skills, um den Transformationsprozess begleiten zu können.“
Gleichzeitig müssen Consulting-Unternehmen selbst in der Lage sein, Strategien unter Berücksichtigung neuer Technologien End-to-End entwickeln und ggf. umsetzen zu können. „In Summe steigen damit die Anforderungen an das Kompetenzprofil eines modernen Management-Consultants und sein Unternehmen“, so Jonas Lünendonk weiter.
Kooperationen und Partnerökosysteme werden immer wichtiger
Deshalb sind die Beratungsunternehmen mehr und mehr davon überzeugt, die umfassenden Anforderungen der Digitalisierung nicht allein, sondern mit Partnern stemmen zu wollen. Digitalprojekte benötigen viele unterschiedliche Kompetenzen, wie z.B. UX-Designer, IT-Security, Data Scients etc. Die Zustimmung zum Thema Partnernetzwerk, Kooperationen und Technologiepartnerschaften hat daher in den letzten Jahren stark zugenommen. 85 Prozent der Befragten sehen darin eine Notwendigkeit.
Zudem verändern sich aufgrund des in unterschiedlichsten Themenbereichen benötigten Know-hows die Team-Zusammensetzungen. Während sich die kleinen und mittleren Unternehmen hier eher auf flexible Teams aus Managementberatern, IT-Beratern, externen und freien Mitarbeitern stützen, gehen die großen Beratungsgesellschaften oftmals den Weg des internen Know-how-Aufbaus über die unterschiedlichen Leistungsfelder hinweg. Aber auch häufig über Akquisitionen, wie die zahlreichen Akquisitionen durch Beratungsunternehmen in den letzten zwölf Monaten gezeigt haben.
Insgesamt können die Managementberatungen in Deutschland positiv in die Zukunft blicken. Allerdings stellen die schnelle Technologieentwicklung und die Gewinnung entsprechender Fachkräfte eine Herausforderung dar. Kooperationen und ein umfassendes Partnerökosystem haben daher zunehmende Bedeutung, um die Lieferfähigkeit und die Attraktivität des Portfolios auch künftig hochhalten zu können.