Bund, Länder und Kommunen dürften insgesamt fast 50.000 IT-Fachkräfte benötigen, um bis Ende 2022 alle Leistungen des Online-Zugangsgesetzes (OZG) flächendeckend in der deutschen Verwaltung umzusetzen und diese regelmäßig zu warten und zu aktualisieren. Die Erfüllung der entsprechenden Aufgaben würde voraussichtlich rund 75 Prozent der gesamten IT-Personalressourcen in der öffentlichen Verwaltung binden.
Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Modellrechnung von KPMG, dem Institut für den öffentlichen Sektor und einer Projektgruppe aus MBA-Studenten der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin. Das OZG sieht vor, dass Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsleistungen über Onlineportale auch digital anbieten.
Zur Realisierung des OZG werden demnach insgesamt 46.600 IT-Fachkräfte benötigt. Von diesen müssten mindestens 33.000 direkt bei der öffentlichen Verwaltung angesiedelt sein, da nicht alle IT-Aufgaben von externen Dienstleistern übernommen werden sollten. Dies entspricht rund 75 Prozent der gesamten IT-Personalressourcen in der öffentlichen Verwaltung. Das Schätzmodell legt für die Phasen der Entwicklung und Implementierung einen Realisierungszeitraum von insgesamt fünf Jahren zugrunde, analog zu der Frist, die der Gesetzgeber für die Umsetzung des OZG eingeräumt hat (2017 bis 2022).
OZG ist eine enorme Herausforderung
„Das OZG stellt für die öffentliche Verwaltung eine enorme Personalherausforderung dar. Es ist von einer fünfstelligen Lücke bei den IT-Fachkräften auszugehen. Nach Aussagen des zuständigen Staatssekretärs fehlen allein im Bundesdienst bis zum Jahr 2023 bis zu 23.000 IT-Fachkräfte. Damit die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gelingt, bedarf es nicht nur neuer Technologien, sondern weit verbreiteter digitaler Kompetenzen im öffentlichen Dienst. Weiterbildungs- und Qualifikationsprogramme müssen den digitalen Wandel begleiten. Denn die Digitalisierung ist in erster Linie ein enormer Transformationsprozess, bei dem der Mensch im Mittelpunkt stehen muss“. sagt Mathias Oberndörfer, Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor bei der KPMG AG.
Um sich als attraktiver Arbeitgeber gegenüber der Privatwirtschaft zu behaupten, müssten noch stärker die positiven Aspekte der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die Vorteile eines Beamtenstatus in den Vordergrund gerückt werden. Auch die Gemeinwohlorientierung und eine damit einhergehende Anerkennung einer Tätigkeit für den öffentlichen Sektor solle stärker betont werden, so die Studienautoren.
Dazu Oberndörfer: „Vor allem aber sollte das Arbeitsumfeld in den Behörden der öffentlichen Verwaltung attraktiver werden. Hierzu zählen die IT-Ausstattung und digitale Infrastruktur oder die räumliche Gestaltung des Arbeitsplatzes genauso wie die Arbeitsweise. Agile Arbeitsformen und Räume für Innovation müssen noch flächendeckender Einzug in Behörden halten. Eine positive Auswirkung infolge der Corona-Pandemie ist auch im öffentlichen Sektor die gestiegene Flexibilität hinsichtlich mobilem bzw. ortsunabhängigem Arbeiten und flexiblere Kern- und Regelarbeitszeiten. Dies gilt es im Hinblick auf die Rekrutierung von IT-Fachkräften zu bewahren und, wo nötig, weiter auszubauen.“