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Cloud wird zum Gravitationszentrum der IT

Bisher war die Cloud lediglich ein Element der Informationstechnologie. Künftig wird sie die zentrale Komponente und das dominierende Gestaltungsprinzip sein. Organisationen müssen also ihre Cloud-Strategien und ihre IT-Infrastruktur zügig aufeinander abstimmen, um sich auf eine Zukunft integrierter IT-Landschaften vorzubereiten, in denen eine umfassende Abstrahierung von Hardware, Automatisierung, Vernetzung, Cloud-Native, Colocation und Edge-Computing eine zentrale Rolle spielen.

Die IDC-Studie „Cloud-Infrastrukturen und Cloud-Architekturen in Deutschland 2021“ gibt einen umfassenden Einblick in die Pläne und Herausforderungen deutscher Unternehmen in puncto IT-Infrastrukturmodernisierung und zeigt auf, welchen Stellenwert die Cloud dabei einnimmt. Anhand eines strukturierten Fragebogens wurden im August 2021 branchenübergreifend 200 Organisationen in Deutschland mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt.

Die konkreten Herausforderungen und Pläne der Organisationen:

  • Modernisierung der IT-Infrastruktur hat für ein Drittel der Unternehmen hohe Priorität, Tendenz stark steigend;
  • Cloud ist flächendeckend strategisch gesetzt – 95 Prozent der Unternehmen setzen eine Cloud-Strategie um, der Trend geht in Richtung Hybrid Cloud;
  • Nur ein gutes Drittel der Entscheider plant aktuell die Nutzung von GAIA-X-Services, zögerlicher Projektfortschritt rächt sich offensichtlich.

Quelle: IDC

Die Cloud: Zentrales Bereitstellungsmodell

Cloudzentrierte Infrastrukturen beschränkten sich bislang häufig auf das Rechenzentrum. Parallel dazu werden Public Cloud Services mehr oder minder intensiv in einzelne Workloads integriert. Dieser Architekturansatz greift allerdings zu kurz. Zwar werden Compute- und Storage-Ressourcen immer stärker dynamisiert, aber das reicht nicht aus, um die Digitalisierung unternehmensübergreifend und an allen Standorten zu ermöglichen.

„Die Cloud wird nun immer stärker zum Gravitationszentrum der IT“, sagt Matthias Zacher, Senior Consulting Manager bei IDC und Projektleiter der Studie. „Der Shift von der Nutzung einzelner Cloud Services hin zu einem digitalen Infrastruktur-Framework mit der Cloud als zentrales Bereitstellungsmodell wird sich in den nächsten Jahren durchsetzen, das lassen auch die Ergebnisse unserer Studie vermuten“.

Heute steht dieser Prozess noch am Anfang. 33 Prozent der Unternehmen planen, ihre IT-Infrastruktur umfassend zu modernisieren, da die Business-Abteilungen eine höhere Flexibilität und Agilität benötigen. Das sind keine neuen Anforderungen, ihre Dringlichkeit nimmt aber signifikant zu.

Das gilt auch für eine höhere Automatisierung und Orchestrierung der IT und damit der Geschäftsprozesse. Diese Anforderung lässt sich mit bestehenden Infrastrukturen nur mit großem Aufwand und damit mit hohen Kosten bewältigen. Zugleich stellt sich die Frage nach einer höheren IT-Sicherheit, einer regelmäßigen Anpassung der IT an die Compliance-Anforderungen und nach einem robusten aber zugleich reaktionsschnellen IT-Betrieb.

Wie wichtig letztgenannter Aspekt ist, habe die Corona-Pandemie hinlänglich bewiesen. Zudem lassen sich die digitale Transformation, aber auch Produkt- und Service-Innovationen mit einer immer kürzeren Time-to-Market mit den existierenden, historisch gewachsenen IT-Infrastrukturen nicht in der erforderlichen Zeit und Qualität umsetzen.

Multi Cloud wird neu justiert

80 Prozent der Befragten nutzen verschiedene Cloud-Typen, die Hybrid Cloud ist dabei klar das dominierende Modell. Die Unternehmen konzentrieren sich in der Regel auf einen Hyperscaler bzw. Infrastrukturanbieter, mit dem sie die Zusammenarbeit Schritt für Schritt vertiefen. Ein zweiter Hyperscaler wird in Betracht gezogen bzw. evaluiert, um benchmarken zu können oder um punktuell Services nutzen zu können. Nur sehr große Unternehmen verfolgen eine Strategie, die mehrere Hyperscaler umfasst.

„Eine strategisch positionierte Multi-Cloud-Umgebung kommt lediglich für eine Minderheit der Unternehmen in Frage, das zeigt die neue Studie deutlich auf“, erläutert Zacher. „Damit sehen wir einen eindeutigen Trend hin zur Hybrid Cloud, während die seit einigen Jahren propagierte Multi-Cloud-Strategie offenbar für die breite Masse an Attraktivität verliert“.

Die Mehrheit der Entscheider treibt also aktuell die Hybrid Cloud intensiv voran und nutzt multiple Strukturen eher operativ und taktisch für einen bestimmte Workload. Mehr als 95 Prozent der befragten Unternehmen haben eine Cloud-Strategie entwickelt. Das ist ein weiterer Zuwachs gegenüber der Befragung des Vorjahres und zeigt auf, dass moderne IT-Infrastruktur in hohem Maße auf die Cloud setzt.

Nutzung von Colocation nimmt rasant zu

Colocation Services verzeichnen seit Jahren einen kontinuierlich wachsenden Nutzungsgrad. Waren es im vergangenen Jahr noch knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen, die Colocation nutzen, sind es im Jahr 2021 fast 80 Prozent.

Dieser solide Zuwachs spricht eine eindeutige Sprache: Colocation ist in Deutschland angekommen und ein wichtiger Baustein der unternehmensweiten IT- und Cloud-Strategie geworden. Die genannten Gründe für die Nutzung von Colocation Services – Sicherheit, schnellere Bereitstellung von Ressourcen und Zugriff auf neuste Technologie – zielen klar auf die Betriebsoptimierung und auf Effizienzgewinne, denn Provider sind in der Lage, ihre Ressourcen effizienter und sicherer aufzustellen und kontinuierlich zu optimieren. Ein weiterer wichtiger Punkt pro Colocation ist der Umstand, dass keine Investitionen in den Bau neuer Rechenzentren erforderlich sind. Das spart Zeit und senkt bzw. flexibilisiert Kosten.

Edge Computing beschleunigt digitale Transformation

Die Diskussion zentrale versus dezentrale Computing-Modelle ist in vollem Gange. Ein Ende ist nicht abzusehen. Aus Sicht von IDC werden sich auch hier hybride Modelle, die auf das interne Rechenzentrum, Public Cloud Services und Edge Computing setzen, weiter etablieren. Der Stellenwert von Edge Computing für die digitale Transformation ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

Aus Sicht von 38 Prozent der Befragten ist Edge für die digitale Transformation wichtig und für 24 Prozent sogar von hoher Priorität. Das sind insgesamt 62 Prozent der Unternehmen. In der digitalen Transformation sind Realtime-Prozesse, geringe Latenz, umfassende Automatisierung von Prozessen sowie eine nahtlose Datenbereitstellung und Datenverarbeitung grundlegende Anforderungen. Hier leistet Edge Computing einen immer wichtigeren Beitrag.

GAIA-X am Scheideweg

Das europäische Digitalisierungsprojekt GAIA-X wird von der Mehrzahl der Befragten mit Interesse verfolgt. 90 Prozent haben sich mehr oder minder intensiv damit auseinandergesetzt oder zumindest von diesem Projekt Notiz genommen. Gut ein Drittel der befragten Entscheider gab an, GAIA-X Angebote zu nutzen. 26 Prozent haben sich bereits dagegen entschieden, ein weiteres Drittel ist noch unentschieden. Eine Akzeptanz seitens der Anwenderunternehmen ist also zumindest bedingt vorhanden. Das ist positiv zu bewerten.

GAIA-X stärkt auch die Position lokaler und regionaler Anbieter, den befragten Entscheidern sind DSGVO-konforme Anbieter und europäische Datenräume sehr wichtig. Die schleppende Umsetzung hingegen ist ein ganz klarer Kritikpunkt. Welchen Erfolg GAIA-X aufgrund der hohen Marktdynamik rund um die Cloud und die Digitalisierung erzielt, bleibe offen und erfordere gegebenenfalls Modifizierungen gegenüber den ursprünglichen Planungen sowie ein aktives Einbringen aller am Projekt Beteiligten. Aus Sicht von IDC muss GAIA-X mittelfristig liefern, um ihre Relevanz zu rechtfertigen.

Fazit: Effektivität der Cloud-Strategie wird zum K.-o.-Kriterium

Moderne IT-Infrastruktur mit der Cloud als Basis ist der Enabler der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Die Cloud bleibt nach wie vor der beste Weg und die naheliegende Wahl, um sich als ‚Unternehmen der Zukunft‘ aufzustellen. Das flächendeckende Vorhandensein einer Cloud-Strategie spricht für sich. Die Effektivität der Cloud-Strategie wird ein entscheidender Faktor sein, der die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum in den Märkten, in denen Unternehmen tätig sind, beeinflusst, das unterstreichen die Ergebnisse der IDC Studie eindeutig. Cloud Computing ist heute in den meisten Fällen die Hybrid Cloud. Sie bildet die aktuellen Anforderungen der Organisationen am besten ab. Das Leistungspotenzial der Multi Cloud können heute nur Großunternehmen freisetzen, denn das Beherrschen der Komplexität ist außerordentlich hoch. Mittelfristig verschieben sich die Architekturen hin zu neuen Ansätzen.

Die Unternehmen werden aktuelle und künftige Aufgaben nur mit digitalen Infrastruktur-Frameworks mit der Cloud als Core-Element beherrschen können. Der Shift von der Nutzung einzelner Cloud Services hin zu diesem digitalen Infrastruktur-Framework ist aus Sicht von IDC derzeit der vielversprechendste Lösungsansatz. Dabei sind Offenheit und Integrationsfähigkeit die Hauptanforderungen, um den Anwendern Ressourcen und Funktionalitäten aus internen und externen Quellen nahtlos zur Verfügung stellen zu können. Organisationen sollten daher besser heute als morgen ihre Technologie, Architektur und Prozesse umfassend optimieren und konsolidieren. Das muss das gemeinsame Ziel von Anbietern und Anwendern sein.

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